Haushaltsjahresbericht – Schubert: Wir werden uns auch in der neuen Legislatur dafür einsetzen, dass die kommunalen Finanzen zeitgemäß und entsprechend den heutigen Herausforderungen ausgestaltet werden

Redebeitrag der Abgeordneten Franzsika Schubert zum Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses:
"Jahresbericht 2018, Band I Haushaltsplan, Haushaltsvollzug und Haushaltsrechnung, Staatsverwaltung", Drs 6/18092, 3. Juli TOP 27
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich danke dem Sächsischen Rechnungshof und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre Arbeit und für die stets gut zu lesende und nachvollziehbare Ergebnisaufbereitung. Auch in diesem Bericht werden bekannte Themen angesprochen, die an Brisanz nichts verloren haben. Das sagt auch etwas über die vergangenen fünf Jahre und die Arbeit der Staatsregierung aus. Eine gewisse Beratungsresistenz schimmert immer wieder mal bei den Stellungnahmen der Ressorts durch.
Die Jahresberichte des Sächsischen Rechnungshofs benennen Bereiche im Landeshaushalt, die mehr Aufmerksamkeit erfordern. Wir Bündnisgrünen fordern seit Jahren, dass die Staatsregierung mehr Bodenkontakt zeigt. Sie ist verantwortlich für eine funktionierende Verwaltung und es sind öffentliche Gelder. Es gehört sich so, dass Sie als Staatsregierung darüber berichten, was Sie planen, was Sie machen und wohin Sie wollen. Und damit meine ich nicht kiloweise Papier und diverse Kommissionen der Selbstbefassung. Wenn wir uns den aktuellen Jahresbericht anschauen, ist zu konstatieren, dass in den meisten – vom Rechnungshof seit Jahren vorgetragenen Kritikpunkten – bis jetzt keine Abhilfe geschaffen wurde.
Der Rechnungshof hat in bekannter Breite geprüft. Ich werde auf die Nebenhaushalte eingehen:
Die Staatsregierung hat einen Kernhaushalt und parallel dazu unterhält sie mehrere Nebenhaushalte. Diese reichen von Hochschulen über Sondervermögen bis hin zu den unternehmerischen Aktivitäten des Freistaates.
Der Rechnungshof sieht das Gesamtvolumen dieser Haushalte kritisch, wie diese im Haushaltsplan untergebracht sind und was das für den Vollzug und die Prüfung – zum Beispiel durch den Landtag – bedeutet.
Wir schließen uns diesen Bedenken und der Kritik des Rechnungshofes vollumfänglich an. Zitat SRH: >>Die Zuschüsse und Zuführungen an Nebenhaushalte betrugen im Hj. 2016 rd. 2,59 Mrd. €. Dadurch werden rd. 14,4 % der Gesamtausgaben des Staatshaushalts im Regelfall nur noch über je einen Zuschusstitel für laufende Zwecke und für Investitionen dargestellt. (…) Die umfangreichen Ausgliederungen schränken die Transparenz des Haushalts ein.<<
Beispiel:  Kapitel 15 21 berechtigt die Staatsregierung zu Ausgaben für ihre Staatsbetriebe und Beteiligungen – ein durchaus sensibles und öffentlichkeitswirksames Thema, da hierzu z.B. die Porzellanmanufaktur, die Leipziger Messe, Sachsens Flughäfen, die Sachsen Lotto GmbH gehören.
Als Regierungskoalition haben Sie mit Ihrer Stimmenmehrheit entschieden, dass Ihnen der Anspruch an Haushaltsklarheit, an Verbindlichkeit und vor allem an die Budgethoheit des Landtages ziemlich egal ist.
Mit der Einleitung in das Kapitel ‚Alle Haushaltstitel sind gegenseitig deckungsfähig‘ hat sie der Staatsregierung ein Budget zur freien Verfügung ausgestellt. Ich hatte darauf hingewiesen, indes, es war umsonst. Dank CDU und SPD hat der Finanzminister nun für seine Betriebe und  Beteiligungen ein Budget, dass er beliebig und unter Ausschluss der Öffentlichkeit für die Porzellanmanufaktur, die Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH, die Flughäfen oder die Leipziger Messe verwenden und untereinander verschieben kann. Flexibilität sagen die Einen – geht so nicht, sage ich.
Wir fordern, dass im Haushaltsplan die Mittelausstattung für unternehmerische Aktivitäten angemessen und nachvollziehbar ist. In anderen Ländern ist das gang und gäbe. Bis jetzt gab es aus diesem Grund noch keine Konkursmeldung.
Ein Beispiel aus dem Bericht: Die Gesellschaft für Verkehrswesen und ingenieurtechnische Dienstleistungen mbH (LISt) agiert neben dem LASuV als Instrument der Sächsischen Straßenbauverwaltung auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages (GBV) aus dem Jahr 2001, der lediglich für einen Übergangszeitraum gelten sollte.
Das Aufgabenspektrum und die Anzahl der Beschäftigten der Gesellschaft für die Sächsische Straßenbauverwaltung wurden kontinuierlich erweitert. Da heißt es im GBV: >>Der Freistaat bediene sich der LISt, um Belastungsspitzen aufzufangen und die Gesellschaft in Stoßzeiten als Puffer einzusetzen.<<
Der Rechnungshof hat ausgeführt, dass in den vergangenen 10 Jahren die Beschäftigtenzahl verdoppelt wurde und dass die LISt mittelfristig nochmal so viele Leute beschäftigen möchte. Da ist von 250 Leuten die Rede. 10 Jahre Stoßzeit und Puffer für jeglichen Personalabbau im Landesamt für Straßenbau?
Hinzu kommt, dass das Unternehmen und damit auch der Personalaufwuchs aus über 30 verschiedenen Haushaltstiteln finanziert wird. Warum ist der Personalbedarf bei der LISt GmbH gerechtfertigt? Arbeitet die LISt GmbH tatsächlich effizienter als das Landesamt? In welchen Bereichen hat die Staatsregierung noch solche Nebenhaushalte aufgebaut? Darüber will ich reden, damit ich es verstehe und den Menschen auch erklären kann.
Noch kurz zu den zahlreichen Sondervermögen des Freistaates. Das sind die finanziell zweitgrößte Gruppe der Zuschussempfänger. Es gibt keine plausible Erklärung, warum Sachsen mehr Sondervermögen braucht als andere Länder. Es macht einen Haushalt nicht besser, wenn Strukturen überdehnt und zerfahren werden. Und das passiert, wenn für alle Eventualitäten ein Sondervermögen eingerichtet wird. Die Staatsregierung und ihre Regierungsfraktionen haben eine Menge Geld in diverse Fonds geschoben und damit aus dem Haushalt ausgelagert. Gleichzeitig haben sie Förderentscheidungen in den Haushalts- und Finanzausschuss reingeholt, ja, aber: diese Gelder gehören mit wirklich ganz wenigen Ausnahmen in den Haushaltsplan. Die Bearbeitung von Förderverfahren gehört in die Verwaltung. Wenn Abgeordnete wissen wollen, was in ihren Wahlkreisen vorgeht, können sie sich mit den Leuten vor Ort unterhalten. Da der Ausschuss nichtöffentlich tagt, sorgt er nicht für mehr Transparenz; das Argument lasse ich nicht gelten.
Dank also an den Rechnungshof für den Jahresbericht; zu den Kommunalfinanzen dann in Runde zwei.

Kommen wir zu Band II.
Auch der aktuelle Jahresbericht des Sächsischen Rechnungshofs über die Kommunalfinanzen zeigt deutlich, dass die großen Kritik- und Handlungsfelder unverändert sind.
Auf der kommunalen Tagesordnung steht noch immer die Umsetzung der doppischen Buchführung. Der Rechnungshof weist seit Jahren auf die fehlenden Eröffnungsbilanzen hin. Hinzu kommt, dass zum Zeitpunkt der Berichterstellung nach wie vor viele Jahresabschlüsse fehlten. Beides ist wichtig, denn sie liefern grundlegende Informationen zur Beurteilung der kommunalen Finanzlage. Zitat SRH: >>Auch im sechsten Jahr nach der Umstellung auf die kommunale Doppik ist ein erheblicher Zeitverzug bei der Auf- und Feststellung der Eröffnungsbilanzen und Jahresabschlüsse festzustellen. Es fehlen noch rd. 22 Prozent der Eröffnungsbilanzen. Für das Jahr 2016 sind lediglich rd. 10 Prozent der Jahresabschlüsse fristgerecht festgestellt. Wichtige Elemente der kommunalen Doppik entfalten keine Wirkung. Steuerungsmöglichkeiten und eine sachgerechte Erstellung der Haushaltspläne sind weiterhin beeinträchtigt. Wesentliche Finanzentscheidungen der Kommunen basieren lediglich auf fortgeschriebenen Plandaten. Fehlende Jahresabschlüsse gefährden erheblich eine geordnete Haushaltswirtschaft.<<
Das ist riskant, denn erst, wenn ich weiß, wie groß kommunales Vermögen ist und was es kostet, dieses zu erhalten; erst dann kann ich richtig beurteilen, was finanzielle Entscheidungen in der Kommune bedeuten. Nach wie vor werden die Folgekosten von Investitionen zu wenig berücksichtigt im Sinne von Generationen-gerechtigkeit oder auch Enkeltauglichkeit. Da momentan aufgrund der Datenlage nicht gesagt werden kann, was eine Kommune tatsächlich zum Werterhalt braucht, wird auch die Frage nach einer sinnvollen Investitionsquote in Sachsen seit Jahren nicht gestellt.
Aber für eine gute und solide Finanzausstattung der Kommunen ist es für eine Staatsregierung notwendig zu wissen, wie es wirklich um ihre Kommunen bestellt ist.
Wir haben ein Spannungsfeld: einerseits gibt es Investitionsstau in den Kommunen, andererseits bedeutet Investieren Abschreibungen im Ergebnishaushalt. Haben wir also keine valide Ist-Basis, dann wissen wir kaum, wohin sich der Haushalt entwickelt. Darum geht es mir. Da kommt ja noch was anderes dazu: und zwar die fehlende Analyse zu Investitionsbedarfen auf der kommunalen Ebene. Auch das habe ich mal abgefragt exemplarisch für meinen Heimatlandkreis Görlitz und auch in Sachverständigenanhörungen. >>Nein, machen wir nicht<<, war stets die Antwort. Es werden also Gelder für Kommunen im Doppelhaushalt eingestellt, ohne dass eine Bedarfsermittlungen vorliegt – und damit wird landesseitig auf Sicht gefahren.
Wir stimmen dem Rechnungshof zu, wenn er feststellt, dass so die Haushaltswirtschaft nicht nachhaltig gesteuert werden kann. Das ist nicht transparent und qualifizierte Informationen können so auch nicht bereitgestellt werden.
Bei den Entscheidungen der Staatsregierung vermisse ich ein Verständnis für die kommunale Situation und den notwendigen verantwortungsvollen Weitblick. Mein Herzensanliegen ist die systematische Veränderung des kommunalen Finanzausgleichs.
Wenn ich die gesamte Legislatur betrachte, dann waren es fünf Jahre, in denen eine umfassende Befassung mit den kommunalen Finanzen gut möglich gewesen wäre. Meine Fraktion hat hierzu gute und qualifizierte Vorschläge eingebracht, die ignoriert und abgelehnt wurden durch die regierungstragenden Fraktionen CDU und SPD. Wir werden uns auch in der neuen Legislatur dafür einsetzen, dass die kommunalen Finanzen zeitgemäß und entsprechend den heutigen Herausforderungen ausgestaltet werden.
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