Krankenhausgesetz – Zschocke: Eine Zukunftswerkstatt, die sich nicht mit der Personalentwicklung im medizinischen und pflegerischen Bereich befasst, sollte sich nicht Zukunftswerkstatt nennen

Rede des Abgeordneten Volkmar Zschocke zum Antrag der Fraktionen CDU und SPD "Zukunftswerkstatt für ein neues Krankenhausgesetz" (Drs 6/17123)
91. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 11. April, TOP 10
– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist richtig, dass das Krankenhauswesen in Sachsen weiterentwickelt werden muss. Bereits 2014 haben CDU und SPD im Koalitionsvertrag angekündigt, das Sächsische Krankenhausgesetz zu „modernisieren“ und „Qualitätskriterien für die Krankenhausplanung“ zu berücksichtigen. Passiert ist bisher nichts. Jetzt – ein paar Monate vor der Landtagswahl – soll eine Zukunftswerkstatt ins Leben gerufen werden, die dann wiederum drei Jahre Vorschläge erarbeiten soll.
Die Methode „Zukunftswerkstatt“ als Verfahren für die Vorbereitung einer Gesetzesnovelle zu nutzen, klingt zunächst spannend. Transparenz und Beteiligungsverfahren unterstützen wir GRÜNE natürlich. Aber es gab keine Beratung im Ausschuss. Und beim Lesen ergeben sich für mich mehr Fragen als Antworten: Kann die Methode der Zukunftswerkstatt einem so weitreichenden Vorhaben gerecht werden? Der Antrag gibt keinerlei Auskunft darüber, wie eine Planungsmethode verankert wird, die ausgehend von einer Statuserhebung des bestehenden Versorgungssystems zu eindeutigen Zielformulierungen sowie die dafür notwendigen Maßnahmen führt.
Warum diese starke Fokussierung auf den Reformbedarf des Krankenhausgesetzes? Bei dem in Antrag genannten Punkten zur sektorübergreifenden Versorgung sowie zur Versorgung im städtischen und ländlichen Raum greift doch die Beschränkung auf das Krankenhausgesetz zu kurz, um den zu diskutierenden Reformbedarf zu fassen? Und warum haben Sie die für die Zukunft der medizinischen Versorgung so essentielle Frage wie die der Entwicklung des medizinischen und pflegerischen Personals nicht benannt?
Weiterhin sind die im Antrag genannten Akteure viel zu unbestimmt. Hier ist die Rede von Mitgliedern des Sächsischen Krankenhausplanungsausschusses, weiteren „wesentlichen Akteuren“ sowie „neutralen externen Sachverständigen“. Damit kann die Staatsregierung nach Belieben Personen einbinden oder ausschließen. Sollen Experten ausschließlich nach inhaltlichen Gesichtspunkten eingeladen werden? Oder geht es um eine paritätische Besetzung der Interessenvertreter? Oder wollen Sie eine beruflich-fachliche Zusammensetzung der Gruppe? Also medizinische Berufe, Juristen, Ökonomen, Informatiker, Architekten? Außerdem frage ich mich, aus welchen Gründen ein so langer Zeitraum für ein Werkstattverfahren gewählt wird? Wenn bis zum 30. Juni 2021 lediglich Grundlagen für die Weiterentwicklung erarbeitet werden, wie lange dauert es dann noch, bis das Gesetz vorliegt? Der vorliegende Antrag scheint vor allem ein Ziel zu verfolgen: Die Koalition möchte irgendwie einen Haken an das aus dem Koalitionsvertrag resultierende Versprechen machen und die überfällige Reform in die nächste Legislatur verschleppen.
Ich weiß um die Komplexität der Aufgabe, ich weiß aber auch, dass andere Länder hier schon viel weiter sind. In Sachsen-Anhalt haben CDU und SPD 2018 ein neues Krankenhausgesetz auf den Weg gebracht. Kleinere Krankenhäuser im ländlichen Raum werden zu Gesundheitszentren ausgebaut. Für alle Krankenhäuser gelten klare Qualitätskriterien; werden die nicht eingehalten, kann der Versorgungsauftrag eingeschränkt oder entzogen werden. In Thüringen wird ein Entwurf für ein neues Krankenhausgesetz derzeit im Landtag diskutiert. Berlin und Brandenburg haben letzte Woche angekündigt, die Krankenhausplanung zukünftig aufeinander abzustimmen zu wollen und auch die jeweiligen Krankenhausgesetze zu überarbeiten.
Auch in Sachsen muss der Veränderungsprozess schnell vorangebracht werden. Besser spät als nie, könnte man nun im Hinblick auf Ihren Antrag sagen. Und sicher wird zu Methode, Verfahren und Zusammensetzung der Zukunftswerkstatt noch einiges im Nachgang zu konkretisieren sein. Aber zumindest einen systematischen Fehler müssen Sie heute noch beseitigen. Das werde ich dann bei der Einbringung unseres Änderungsantrages erläutern.
Die GRÜNE-Fraktion bringt zum Koalitionsantrag einen Änderungsantrag ein.
Bei aller gebotenen Zielorientierung eines solch offenen Prozesses einer Zukunftswerkstatt, muss der Titel geändert werden. Denn es geht um die Krankenhausversorgung in Sachsen, nicht allein um Formulierungen in einem Gesetz. Und eine Zukunftswerkstatt, die sich nicht mit einer so zentralen Frage wie der Personalentwicklung im medizinischen und pflegerischen Bereich befasst, sollte sich nicht Zukunftswerkstatt nennen. Wir bitten mit unserem Änderungsantrag, diese Punkte in Ihren Antrag aufzunehmen und dann können wir auch zustimmen.
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