Lippold: AfD-Antrag zur Unterstützung von Wirtschaftsbetrieben in kriminalitätsbelasteten Gebieten dient nicht Betrieben sondern Beschallung der eigenen Echokammer
Rede des Abgeordneten Gerd Lippold zum Antrag der AfD-Fraktion zum Thema:
"Unterstützung für Wirtschaftsbetriebe in besonders kriminalitätsbelasteten Regionen"
66. Sitzung des Sächsischen Landtags, 31. Januar, TOP 10
– Es gilt das gesprochene Wort –
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
im Jahr 2015 hatte der Bundestag beschlossen, den Einbruchschutz in Wohnungen und Häusern finanziell über die staatliche KfW Bank zu unterstützen. Das Instrument wird gut angenommen. Die Fördermittel wurden inzwischen für das Jahr 2017 auf 50 Millionen Euro aufgestockt.
So etwas Ähnliches wie das, was Ihnen in Ihrem Antrag vorschwebt, gibt es also im Bereich privater Häuser und Wohnungen bundesweit. Ich wiederhole: bundesweit, also flächendeckend.
Darüber, ob auch eine Förderfähigkeit von kleinen Handwerks- und Gewerbebetrieben zur Vorbeugung gegen Kriminalitätsfolgen in Frage kommt, könnte und sollte man zumindest genauer nachdenken. Es könnte durchaus kosteneffizient sein, wenn man mehrere Maßnahmen – hier mehr Polizeipräsenz mit geförderter Hilfe zu geeigneter Selbsthilfe – kombiniert.
Doch das wäre ja kein AfD-Antrag, wenn Sie nicht wieder versuchen würden, einen noch so ernsthaften Ansatz irgendwie in den Kasten ihres abgeschlossenen Weltbildes zu pressen. Und regelmäßig wird es genau dann übel, weil die reale Welt mit ihrer ganzen Komplexität nun mal nicht in diesen ihren Kasten passt.
Laut Titel Ihres Antrags wollen Sie Betriebe in besonders kriminalitätsbelasteten Regionen unterstützen. Dann hätte ich erwartet, dass sie Unterstützung für Betriebe in Leipzig, Dresden und Chemnitz fordern.
Umso überraschter sieht man dann, dass Sie sich auf einen Streifen nicht weiter als 30 km von der Bundesaußengrenze beschränken.
Ein Blick in die amtliche polizeiliche Kriminalstatistik des Jahres 2016 zeigt, dass dort keineswegs überdurchschnittliche Kriminalität herrscht. Und es gibt auch keinen Aufwärtstrend. Im Gegenteil, im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der erfassten Fälle im Grenzbereich zur Tschechischen Republik und im Grenzbereich zur Republik Polen gesunken. Auch der Straftatenanfall ohne Berücksichtigung ausländerrechtlicher Verstöße etwa gegen das AufenthG, AsylG ist in beiden Grenzbereichen rückläufig.
Eines ihrer Identifikationsmerkmale ist ja die These, dass Fremdes gefährlich sei. Fremdes, das uns von Draußen überflutet. Also muss es über eine Außengrenze kommen. Folglich muss es ja genau dort besonders gefährlich sein. Und deshalb ist es für Sie denknotwendig, eine Förderung zum Schutz vor Kriminalitätsauswirkungen auf diesen Bereich zu fokussieren.
Und so überrascht das mit dem 30 km Streifen an der Bundesaußengrenze überhaupt nicht mehr. Denn erst das macht ja aus einem Gedanken, mit dem man sich hätte beschäftigen können, einen waschechten AfD-Antrag.
Wir müssen wohl noch froh sein, dass Sie sich auf ihrer Schlitterfahrt nach Rechtsaußen einstweilen noch darauf beschränken, gegen die fremde Bedrohung in einem 30 km Streifen nur anfördern zu wollen und noch nicht zur Überzeugung gekommen sind, dass eine drei Meter Mauer dicke möglicherweise billiger zu haben wären. Zumal es da durchaus noch ostdeutsche Erfahrungsträger gibt.
Ein wenig selbst ins Knie geschossen haben könnten Sie sich aber bereits mit diesem Antrag. Denn ein Antrag, der gerade in Sachsen die Bundesaußengrenzen zu besonders kriminalitätsbelasteten Regionen erklärt, meint ja wohl nicht die Grenzen zu Österreich, zur Schweiz oder zu Frankreich. Nein – er befasst sich mit Grenzen in jene Richtung, in der solche Potentaten wie Lukaschenko, Kacynski, oder Putin ihre von der AfD bewunderten Law-and-Order-Systeme aufgebaut haben, wo aus AfD-Sicht Recht und Ordnung herrschen und wo es auch keine Geflüchteten aus Nordafrika oder aus dem Nahen Osten gibt.
Sich mit der monetären Ausgestaltung einer Förderrichtlinie in Ihrem Antrag eingehender zu befassen, müssen wir uns leider sparen. Denn all das ist Dekoration. Das eigentliche Ziel des Antrages ist, ihre eigenen Echokammern mit gefühlten Wahrheiten zu beschallen, die zwar wenig Bezug zu Realität haben, doch eines leisten: Fremdenfeindlichkeit und Vorurteile zu befeuern. Und mit diesem Hauptziel Ihres abzulehnenden Antrages habe ich mich bereits hinreichend beschäftigt.
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