Normenkontrollratsgesetz − Meier: Es bräuchte eine grundsätzliche Änderung der Aufgaben und Zusammensetzung statt einer bloßen Lebensverlängerung für einen zahnlosen Tiger.

Rede der Abgeordneten Katja Meier zur Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung zum Thema: "Erstes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Normenkontrollratsgesetzes"
54. Sitzung des Sächsischen Landtags, 17. Mai, TOP 5, Drs 6/8368

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

In der vorletzten Landtagssitzung der letzten Legislatur im Juni 2014 hat die damalige Koalition aus CDU und FDP das Gesetz zur Einsetzung des Normenkontrollrats beschlossen. Schon in der damaligen Debatte wurde von uns GRÜNEN die Frage aufgeworfen, warum dieses Gesetz, wenn es die Gesetzgebung transparenter und bürgerfreundlicher machen soll, nicht bereits zu Beginn der Legislatur beschlossen wurde? Die wohl eher rhetorische Frage haben wir uns seinerzeit auch selbst beantwortet, dann hätte nämlich u.a. das sog. Standortegesetz auf den Prüfstand gehört.
Das Ergebnis wäre sicher vernichtend ausgefallen.

Nun also hat die damalige Koalition die Umsetzung auf die sechste Legislaturperiode geschobe und die nächste Staatsregierung hat sich sage und schreibe 1,5 Jahre Zeit gelassen bis die Verwaltungsvorschrift erarbeitet wurde und am 1.1.16 in Kraft getreten ist. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass dieser Normenkontrollrat nichts weiter als der FDP-Klotz am Bein der aktuellen Regierung ist.

Dass die Datengrundlage der lediglich effektiv einjährigen Arbeit mit 12 Stellungnahmen zu 14 Regelungsvorhaben für eine Evaluation der Arbeit des NKR zu gering ist, ist einleuchtend. Aber letztlich ist die mangelhafte Datengrundlage hausgemacht.

Wir können dieser Verlängerung trotzdem nicht zustimmen, weil wir, wie schon 2014, grundsätzliche Kritik an der Ausgestaltung dieses Normenkontrollrates haben. Der Grundgedanke eines NKR ist an sich nicht schlecht, aber wie so oft sind die Umsetzung und die konkrete Ausgestaltung eher mangelhaft.

Letztlich ist es nichts weiter als eine Beratungsleistung für die Regierung. Gesetze aus der Mitte des Landtags werden z.B. nicht geprüft.
Die Zusammensetzung und Bestellung des Normenkontrollrats ist ebenso nebulös. Dafür, dass in dem 6-köpfigen Gremium keine einzige Frau vertreten ist, besteht bei Ihnen noch nicht mal ein Problembewusstsein.
Auf die relevanten Fragen, warum für Vorschläge für NKR-Mitglieder nur bestimmte Institutionen herangezogen wurden, ob es mehr als sechs Vorschläge gab und ob die Vorschläge im Kabinett diskutiert wurden oder letztlich die Vorschläge der Lobby-Organisationen, wie dem Sparkassen-Verband oder der Vereinigung Sächsische Wirtschaft einfach durchgewunken wurden, haben wir keine zufriedenstellenden Antworten bekommen.

Deshalb werden wir heute dem Änderungsgesetz auch nicht zustimmen. Es bräuchte eine grundsätzliche Änderung der Aufgaben und Zusammensetzung statt einer bloßen Lebensverlängerung für einen zahnlosen Tiger.

Wenn Sie mal sehen wollen, wie so ein Normenkontrollrat besetzen werden kann und mit welchen Aufgaben man diesen betrauen sollte, empfehle ich Ihnen ein Blick nach Baden-Württemberg. Dort liegt aktuell dem Kabinett eine Vorlage zur Einsetzung eines NKR vor. Nicht nur das Kosten und Nutzen geprüft werden, nein, es soll außerdem geprüft werden, ob die Neuregelung tatsächlich dem beschriebenen Zweck dient und inwieweit sie Nebeneffekte auf ökonomischer, sozialer oder ökologischer Ebene verursacht. Auch mit bestehenden Vorschriften kann sich das Gremium beschäftigen, wenn es Hinweise aus der Bürgerschaft gibt. Und, im Gegensatz zu Sachsen, soll der Baden-Württembergische NKR nicht nur paritätisch besetzt, sondern auch die Zivilgesellschaft vertreten sein.

Ich kann Sie also nur auffordern, über den sächsischen Tellerrand zu schauen und das Gesetz zu einem Gesetz weiterzuentwickeln, das eine verbindliche, empirisch fundierte Folgenabschätzung für alle Gesetze vorsieht. Dann werden wir vielleicht auch mal den Tag erleben, an dem ein Gesetz durch den Normenkontrollrat fällt.
Das Gesetz, so wie es jetzt besteht und angewandt wird, wäre ein schönes Beispiel dafür.

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