Petra Zais: Der Mindestlohn hebelt nicht die Tarifautonomie aus, sondern reguliert die Niedriglohngrenze
Redebeitrag der Abgeordneten Petra Zais zum Antrag der LINKE-Fraktion:
"‘Gute Arbeit‘ für alle Beschäftigten in Sachsen – Mindestlohn-Monitoring als einen ersten Schritt jetzt auf den Weg bringen!" (Drs. 6/719)
7. Sitzung des 6. Sächsischen Landtages, 29. Januar 2015, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
der Mindestlohn hebelt nicht die Tarifautonomie aus, sondern reguliert die Niedriglohngrenze, und das ist seit vielen, vielen Jahren, wenn man Deutschland mit Europa vergleicht, auf der Tagesordnung gewesen. Das ist auch das Mindeste, was wir als Politik für diejenigen, die für wenig Geld gearbeitet haben, tun konnten. Ich finde es gut – auch wir GRÜNEN finden es gut – und wir stehen zum Mindestlohn.
Es kann nicht sein, wenn ich Ihr Beispiel höre, 1100 Euro netto in Steuerklasse 1 zu verdienen. Dann frage ich mich, wie man davon – hat man gegebenenfalls noch ein Kind, ist alleinerziehend – leben soll. Diese Frage muss man sich doch auch stellen. Es kann nicht sein, dass wir eine Politik fortführen, in der über viele Jahre hinweg in Sachsen Unternehmenskonzepte auf Kosten des Steuerzahlers finanziert wurden; auf Kosten des Steuerzahlers deshalb, weil – die Zahl ist von Henning Homann genannt worden – allein 60.000 neben dem Lohn Leistungen über das ALG II beziehen mussten. Da muss man sich fragen, ob diese Unternehmenskonzepte stimmen. Das ist die Frage, die Sie leider nicht beantwortet haben. – So viel zu dem, was Sie gesagt haben.
Zum Antrag der LINKEN. Ich muss sagen, wir stimmen Henning Homann zu. Wir haben mit Freude gesehen, dass im Koalitionsvertrag das Monitoringverfahren vereinbart wurde. Insofern werden wir uns heute bei dem Antrag der LINKEN enthalten. Wir denken, es ist legitim, der Koalition – hier schaue ich besonders auf die Kolleginnen und Kollegen von der SPD – eine Chance zu geben, dieses Monitoringverfahren tatsächlich durchzuführen, aber – und das ist angesichts der Debatten der letzten Wochen unsere Sorge – auch zu schauen, mit welcher Zielrichtung dieses Monitoring durchgeführt wird, nicht, um die Axt an den gerade frisch eingeführten Mindestlohn zu setzen, sondern um zu schauen, wo es Nachregelungsbedarf gibt.
Die ganz große Euphorie, lieber Kollege Henning Homann, kommt natürlich nicht auf, wenn man die vielen Ausnahmen sieht. Diese Kröte musste die SPD schlucken. Leider ist es auch so, dass es Branchen gibt, in denen in Sachsen nicht wenige Menschen arbeiten, die nach wie vor unter dieser Mindestlohngrenze von 8,50 Euro liegen. Das gehört zur Wahrheit dazu. Zum Beispiel die Fleischindustrie mit 8,00 Euro, Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau mit 7,20 Euro – Ausnahmeregelungen noch für mindestens zwei Jahre –‚ Textil- und Bekleidungsindustrie mit 7,50 Euro, Wäschereidienstleistungen und Objektkundengeschäft bei 8,00 Euro. Diese Ausnahmen gilt es zu beobachten und wenn Sie das tun, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, dann haben Sie uns an Ihrer Seite.
Danke.