Rechtsextreme Netzwerke zerschlagen – Lippmann: Jedes Jahr erleben wir dasselbe Schauspiel von der Staatsregierung: Es passiert etwas. Die Empörung ist groß. Und dann passiert herzlich wenig.
Redebausteine des Abgeordneten Valentin Lippmann in der 2. Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion DIE LINKE (TOP 2)
"Ministerpräsidenten Kretschmer beim Wort nehmen: rechtsextreme Netzwerke zerschlagen – jetzt!"
90. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 10. April
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
es war interessant, Ihnen (von der AfD) zuzuhören: An einem entscheidenden Satz war das Ganze nämlich selbstentlarvend.
Sie haben dargestellt, dass es entscheidend sei, gegen RICHTIGE Nazis vorzugehen und beschrieben diese als Leute, die dem Führer hinterherrennen oder die Gewalttaten begehen. Das ist sehr eindrucksvoll, denn das, was Sie versuchen, ist genau die Selbstreinwaschung Ihrer rechtsextremen Netzwerke als Teil der Neuen Rechten in Deutschland. Die nämlich genau versucht, diese Abgrenzung, die Sie gerade dargelegt haben mit >>Wir haben ja mit Nazis nichts zu tun; bei uns läuft keiner mit Springerstiefeln dem Führer hinterher<< vorzunehmen.
Sie kaschieren aber, dass Sie einem Konstrukt, nämlich der Neuen Rechten, anhängen, was genauso gefährlich ist. Bloß dass Sie es geschafft haben, sich davon abzugrenzen. Das zeigt, dass Sie der Wolf im Schafspelz bei dieser Frage sind.
Wenn es um Bekämpfung rechtsextremer Strukturen geht, ist von der Staatsregierung regelmäßig ein Wettlauf um wohlfeile Worte und wortgewaltig ausgesprochene Allgemeinplätze zu beobachten.
Jedes Jahr erleben wir dasselbe Schauspiel: Es passiert etwas. Die Empörung ist groß. Und dann passiert herzlich wenig.
Nach der Verkündung des Ministerpräsidenten, rechtsextreme Netzwerke zu zerschlagen, hat die Koalition mit fadenscheinigen Argumenten unseren Antrag zur Bekämpfung von Nazi-Immobilien abgelehnt. Das ist kein Einzelfall. Denn schon auf die Ankündigung des stellvertretenden Ministerpräsidenten Martin Dulig, das Thema Pegida-Nähe der Polizei in Angriff zu nehmen, folgte nichts!
Das ist das Problem. Dieses Auseinanderklaffen zwischen Taten und Worten.
Ich weiß nicht, was schlimmer ist! Dass Sie bei diesem wichtigen Thema es nicht schaffen, sich durchzusetzen, oder dass Sie das Problem lieber mit wohlfeilen Worten übertünchen, wo tatkräftiges Handeln notwendig wäre.
Wer das Ziel hat, rechtextreme Netzwerke zu zerschlagen, aber permanent mit rechtspopulistischer Rhetorik den Nährboden für rechte Brandstifter legt, dem muss mal den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung erklärt werden.
Wer rechte Netzwerke zerschlagen will, muss ihnen den gesellschaftlichen Nährboden entziehen. Das heißt Haltung gegen Rassismus, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und gegen rechte Hetze zeigen.
Es gilt, die Polizei endlich in die Lage zu versetzen, den Nazis nicht unnötig die Straße zu überlassen. Wer wie in Chemnitz durch Planungsversagen den Nazis die Straße überlässt und ihnen dann auch den kommunikativen Erfolg organisiert, indem die Existenz eines rechten Mobs geleugnet wird – macht sich zum Katalysator des Problems.
Es braucht endlich ein Gesamtkonzept zur besseren Information über rechte Strukturen. Es darf nicht vorkommen, dass Bürgermeister überrascht sind, dass Neonazis in ihren Orten Großveranstaltungen durchgeführt haben. Und das sie dies erst aus der Zeitung erfahren, obwohl der Verfassungsschutz schon im Vorfeld über die Informationen verfügte.
Zivilgesellschaftlicher Widerstand setzt Wissen voraus. Und dafür braucht es Informationen. Falsche Geheimniskrämerei nützt nur den Neonazis.
Wer rechte Netzwerke zerschlagen will, muss bei sich selbst anfangen. Es ist nicht akzeptabel, wenn Erkenntnisse über mögliche Misshandlungen ausländischer Gefangene in der JVA Dresden erst nach Monaten verfolgt werden oder Polizisten, die Informationen an Rechtsextreme weitergegeben haben sollen, weiter im Dienst sind. Egal ob Reichsbürger oder Identitäre – Rechtsextreme haben im Staatsdienst nichts verloren.
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