Sächsische Gemeindeordnung − Lippmann: Einzelfallgesetz führt zu wenig Positivem

Rede des Abgeordneten Valentin Lippmann (GRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD ‚Gesetz zur Änderung der Sächsischen Gemeindeordnung (SächsGemO)‘
41. Sitzung des Sächsischen Landtags, 28. September 2016, TOP 2, Drs. 6/3486

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrte Damen und Herren,
hätte die AfD heute nicht nur diesen Gesetzentwurf – indem sie die Streichung des Hinderungsgrundes „Doppelbürgermeister“ regelt – zur Abstimmung gestellt, sondern auch den Gesetzentwurf zur Landkreisordnung, in der sie geradezu das Gegenteil fordert, nämlich dass es ein Hinderungsgrund ist, als Bürgermeister in den Kreistag gewählt zu werden, hätten wir ein Paradestück auf dem Repertoire der politischen Inkonsequenz dargeboten bekommen. In den Hauptrollen die Kommunalpolitiker der AfD, die offenbar unter dogmatischer Schizophrenie oder opportunistischer Inkonsequenz leiden.
Nur so viel: Der Antagonismus ihrer beiden Forderungen ist symptomatisch für ihre Herangehensweise an Probleme in diesem Land. Auf Themen aufspringen. Hauptsache man kann sich damit brüsten. Aber das ist ja nichts Neues.

Wir GRÜNEN lehnen den Gesetzentwurf ab. Zum einen, weil es sich quasi um ein Einzelfallgesetz handelt – es in Sachsen nämlich noch genau einen Bürgermeister gibt, für den die 2014 bei der Einführung dieses Hinderungsgrundes im Gemeinderecht ebenfalls geregelte Übergangsregelung zutrifft und der ehrenamtlicher Bürgermeister sowohl der Gemeinde Waldhufen als auch der Gemeinde Vierkirchen ist.
Zum anderen, weil wir GRÜNEN es verstehen können, dass ein Bürgermeister nicht in zwei Gemeinden gleichzeitig Bürgermeister sein kann. Auch wenn ich hier nicht die Integrität des einzigen Doppelbürgermeisters von Sachsen in Abrede stellen will, so sehe ich doch die widerstreitenden Interessen, in die er als Vorsitzender gleich zweier Gemeinderäte und als Leiter gleich zweier Gemeindeverwaltungen geraten kann und sicherlich auch schon geraten ist.
Das Kommunalrecht und die Kommunalpolitik versuchen einen Ausgleich solch widerstreitender Interessen zu regel, die naturgemäß in örtlich begrenzten Verwaltungseinheiten häufiger auftreten. Der Ausschluss ehrenamtlich Tätiger an Beratungen und Entscheidungen, in der sie bereits in anderer Eigenschaft tätig geworden sind, wie ihn § 20 der Gemeindeordnung regelt, ist ein gutes Beispiel dafür. Legte man diesen Maßstab auch an einen Doppelbürgermeister an, wäre er in einer Vielzahl von Fällen gar nicht stimmberechtigt, nämlich immer dann, wenn er bereits in gleicher Angelegenheit in der Nachbargemeinde befasst war. Ziel beider Regelungen ist die Prävention von Interessenskonflikten. Und das finden wir GRÜNE durchaus richtig. Und da es allgemein gelten würde. Spätestens bei Verwaltungsgemeinschaft, anderen Formen der Zusammenarbeit des KomZG wird der Interessenkonflikt manifest.
Andere Bundesländer regeln den Ausschluss der Doppelbürgerschaft übrigens – darauf hat der Sachverständige Professor Peter Musall hingewiesen – ebenfalls ähnlich oder vermeiden die Kollision über die Normierung einer Residenzpflicht. Da scheint mir doch die aktuelle sächsische Regelung im Vergleich nahezu liberal. Diese wesentliche Erkenntnis der Sachverständigenanhörung führt uns zu der Schlussfolgerung, dass man mit dem Gesetzentwurf nicht viel positives Erreichen wird und er daher abzulehnen ist.