Solarenergie − Lippold: Solarenergienutzung ist zu einem Gebot der ökonomischen Vernunft geworden

Redebausteine des Abgeordneten Dr. Gerd Lippold zum Antrag der Fraktion DIE LINKE:
"Gesetz über die Ausschreibung und Vergabe öffentlicher Aufträge im Freistaat Sachsen (Sächsisches Vergabegesetz – SächsVergG)" (Drs 6/14410)
78. Sitzung des Sächsischen Landtags, Donnerstag, 6. September, TOP 9

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Sie wollen Sonne aufs Dach, liebe Linke. Dass sie die bekommen, kann selbst die sächsische CDU nicht verhindern. Zuverlässig, seit Milliarden Jahren ist es auf einem Teil dieses Planeten immer hell. Zuverlässig Jahr für Jahr bekommen wir 10000mal mehr Energie geschenkt, als die Menschheit heute insgesamt braucht. Seit sich das Leben vor hunderten Millionen Jahren die Oberfläche dieses Planeten erobert hat, ist das die einzige zuverlässige, nachhaltige Energiequelle für die gesamte Entwicklung des Lebens und der Zivilisation und wird es auch weiter bis in alle denkbare Ewigkeit sein.

Das ist der Normalfall jeder Energieversorgung auf diesem Planeten, meine Damen und Herren. Solarenergie ist nicht die ‚alternative Energie‘, als die sie immer tituliert wird. Eine alternative Energieversorgung haben wir eine winzige historische Sekunde lang versucht, in der wir begonnen haben, über Jahrmillionen gespeicherte Sonnenenergie in Form fossiler Brennstoffe aus tiefen Löchern zu graben und auf Nimmerwiedersehen anzuzünden. Diese historische Sekunde geht jetzt zu Ende. Bevor die Quellen erschöpft sind. Denn auch die Steinzeit ging zu Ende, bevor die Steine alle waren. Und doch werden wir uns viel länger mit den Konsequenzen dieser fossilen Episode herumschlagen müssen, als sie überhaupt gedauert hat. Die gute Botschaft ist: wir haben es rechtzeitig geschafft, uns und unserem Energiehunger die Kraft der Sonne in höchst effizienter und kostengünstiger Weise zugänglich zu machen.

Deshalb können wir die untaugliche Alternative jetzt selbstbewusst hinter uns lassen und – wie tausende Generationen vor uns – wieder zur nachhaltig bewährten Normalität unserer Energieversorgung übergehen, ohne dabei auch unsere zivilisatorischen Errungenschaften wieder aufzugeben!

Nun fordert dieser Antrag nicht nur Sonne aufs Dach. Er fordert, Solarenergienutzung auf landeseigenen Immobilien in Sachsen auszubauen. Vor wenigen Jahren hätte das noch den Charakter eines vorbildhaften Vorangehens gehabt, einer Machbarkeitsdemonstration. Inzwischen ist das zu einem Gebot der ökonomischen Vernunft geworden. Die eigene Nutzung selbst geernteter Solarenergie ist heut schlicht eine Kostensparmaßnahme und sollte, dem Gebot einer sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel folgend, eine Selbstverständlichkeit darstellen – wo immer das möglich ist.

Mittlerweile ist die Stromerzeugung aus Photovoltaik und onshore-Wind übrigens nicht nur die kostengünstigste Möglichkeit, Strom in neuen Kraftwerken zu produzieren. Per Stand heute ist der Kostenvorteil sogar im Vergleich zu den existierenden, laufenden Kohlekraftwerken erreicht!

Haben Sie sich auch gewundert, warum es in der Strompreisdebatte so seltsam ruhig wurde in den letzten Monaten? Dabei geschieht gerade Spektakuläres: Die Strombörsenpreise sind in den letzten 8 Monaten um über 80 Prozent gestiegen. Ohne Kohleausstieg. Ohne Ausbau Erneuerbarer Energien. Bemerkenswerterweise übrigens auch ohne Hilfeschreie aus den Verbänden stromintensiver Industrien.

Die Börsenstrompreise sind so massiv gestiegen, weil die CO2 Zertifikatepreise um etwa 300 Prozent gestiegen sind. Und das bereits in Erwartung ihrer beschlossenen und eingeleiteten Verknappung im Emissionshandel ETS. Wir reden hier somit über einen rasanten Strompreisanstieg, der explizit durch den hohen Anteil CO2-intensiver Stromerzeugung im Erzeugungsmix verursacht wird.

Soviel zur Leier des auf Jahrzehnte ‚bezahlbaren Stroms‘ dank Braunkohle, die hier insbesondere Kollege Rohwer immer wieder dreht. Wer dauerhaft bezahlbare Energie haben will, der hat nur einen Weg: der braucht rasch mehr zuverlässig, dauerhaft kostengünstigen Strom im Strommix. Der braucht notwendigerweise mehr CO2-arme oder freie Erzeuger ohne versteckte Zusatzkosten im Strommix. Idealerweise sogar im eigenen, selbst verbrauchten und teilweise selbst erzeugten Strommix.

Deshalb stimmen wir schon aus ökonomischen Gründen der Intention der LINKEN zu, auf landeseigenen Immobilien Solarenergienutzung auszubauen. Entweder selbst oder in Kooperation mit Stadtwerken und Bürgerenergiegesellschaften. Ökonomisch noch sinnvoller würde das, wenn eine Staatsregierung endlich mal antreten würde, um auf Bundesebene sinnvolle Reformen anzuschieben wie eine Reform der Stromsteuer und einen Wegfall der absurden Abgaben auf selbstgenutzten Solarstrom, statt die ganze Kraft in den Kampf für einen möglichst CO2-intensiven, perspektivisch katastrophal teuren sächsischen Erzeugungsmix zu stecken.

Weil es uns aber außerdem wichtig ist, dass es dabei nicht um eine Symbolpolitik von Demonstrationsanlagen auf landeseigenen Dächern geht, sondern letztlich um das Ziel der wirtschaftlich sinnvollen, CO2-neutralen Deckung eigener Energieverbräuche, haben wir noch einen Änderungsantrag vorgelegt, den ich dann separat einbringe.
     
 
Einbringung des Änderungsantrags:

Wir wollen mit unserem Änderungsantrag eine stärkere Ausrichtung des Antrags am Ergebnis der dort geforderten Maßnahmen erreichen.
Für uns ist nicht bereits die demonstrative Installation von Solarmodulen auf landeseigenen Immobilien das angestrebte Ergebnis, sondern die optimale Nutzung der erzeugten Energie zum Zweck der möglichst weitgehenden, CO2-neutralen Eigenbedarfsdeckung. Dass das außerdem eine wirtschaftlich sinnvolle Zielstellung ist, hatte ich in meinem Redebeitrag bereits ausgeführt.

Wir wollen außerdem den Einsatz von Energiespeichern (sei es nun Strom oder Wärme) nicht zum Dogma machen, sondern von der optimierten Auslegung der jeweiligen Energieversorgungslösung abhängig halten. Ein Beispiel, was damit gemeint ist: Stellen Sie sich ein denkmalgeschütztes Gebäude vor, auf dem nur an einer versteckten Ecke eine kleine 3 kWp Solarinstallation möglich ist. Der Eigenbedarf des Gebäudes unterschreite aber zu keinem Zeitpunkt des Tages 5kW. Dann wäre die Vorgabe einer Speicherlösung schlicht unsinnig, weil auch so schon zu jedem Zeitpunkt 100% des erzeugten Solarstroms selbst verbraucht werden können.

Unter einer neuen Ziffer II wollen wir, dass der Landtag nicht nur die Staatsregierung auffordert, mit Solarenergieversorgung von Gebäuden im Landesbesitz voranzugehen, sondern dass wir das auch hier für unser Gebäude in eigener Sache anstreben. Die anstehende Sanierung bietet eine gute Gelegenheit, einen möglichst hohen Deckungsgrad des Eigenbedarfs im Strom und Wärmebereich durch Nutzung von Solarenergie und Umweltwärme am und auf dem Gebäude des Landtags zu erreichen. Das gilt auch für eigene Versorgung etwa im Zuge des Ausbaus der Elektromobilität und entsprechender Ladestationen. Das ist eine mittelfristige wirksame Kostensenkungsmaßnahme im Bereich der Energiekosten und eine wichtige Umsetzung der Vorbildrolle des sächsischen Parlaments.     

Wir bitten um Zustimmung zu diesem Änderungsantrag.» Der GRÜNE Änderungsantrag im Wortlaut (Drs 6/14410)