Teilhabefördergesetz Migrantinnen und Migranten – Zais: Sachsen ist ein Einwanderungsland und wird es bleiben!

Redebeitrag der Abgeordneten Petra Zais zum Gesetzesentwurf der Fraktion DIE LINKE:
"Gesetz zur Verbesserung der Teilhabe von Migrantinnen und Migranten sowie zur Regelung der Grundsätze und Ziele der Integration im Freistaat Sachsen (Sächsisches Migrant*innenteilhabefördergesetz – SächsMigrTeilhG)", Drs 6/13144, 2. Juli, TOP 5

– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

es ist gut, dass wir auch heute wieder die Debatte über ein Sächsisches Teilhabegesetz für Migrantinnen und Migranten führen. Darüber werden wir solange hier reden, bis auch der oder die Letzte begriffen hat, dass Sachsen ein Einwanderungsland ist und bleiben wird und dass es um ein gemeinsames und respektvolles Miteinander und aufeinander zugehen ALLER Menschen geht. >>Wie wollen und wie können wir zusammenleben?<<, sind Fragen über die wir uns in einer demokratischen Migrationsgesellschaft immer wieder neu verständigen müssen. Das ist anstrengend aber es bietet auch Chancen!

Zuletzt haben wir im Mai die Debatte zu unseren Gesetzesentwurf geführt. Leider haben Sie unseren Gesetzesentwurf nicht zugestimmt. In vielen Punkten deckt sich der Gesetzesentwurf der LINKEN mit unserem Gesetz, weswegen wir auch zustimmen werden. Ich möchte noch einmal die Punkte hervorheben, die ich für besonders wichtig bei einem Teilhabegesetz halte:

Sowohl der LINKE als auch unser Gesetzesentwurf fordern eine interkulturelle Öffnung der Landesverwaltung. Neben Fortbildungsangeboten für Führungskräften und Mitarbeitenden müssen wir die Strukturen öffnen und vielfältiger werden. Das wäre ein erster Schritt, den der Freistaat als großer öffentlicher Arbeitgeber machen muss. Die Unterzeichnung der ‚Charta der Vielfalt‘ Anfang Juni war da sicherlich ein wichtiges Signal. Aber nur auf dem Papier reicht eben nicht.

Ebenso wie wir fordert der Gesetzesentwurf der LINKEN einen Landesbeirat für Migrations- und Teilhabefragen, welcher das Ministerium berät, angehört wird und unabhängig ist. Wichtiger Unterschied zum jetzigen Beirat ist, dass unter den Mitgliedern auch Migrantinnen- und Migrantenorganisationen vertreten sind und Aufgaben und Arbeitsweise klar benannt sind. Die Arbeit des jetzigen Beirates ist leider wenig transparent.

Besonders wichtig ist auch die Verankerung von kommunalen Teilhaberäte im Gesetz. Dort wo die Menschen leben, ist es wichtig, dass sie an politischen Entscheidungen mit beteiligt sind. Dies ist durch Teilhaberäte möglich und sollte als Struktur aufgebaut werden. Denn ich erinnere daran, dass Sie unser kommunales Wahlrecht für dauerhaft in Sachsen lebende Ausländerinnen und Ausländer abgelehnt haben, mit dem Argument, es gäbe solche Strukturen bereits. Tatsächlich gibt es Migrantinnen- und Migrantenräte aber nur in den großen Städten. Damit diese auch in anderen Regionen gebildet werden, müssen wir die Strukturen dafür schaffen und Hürden abbauen. Anders als im LINKEN Gesetzesentwurf wollen wir diese aber nicht verordnen, da es immer von der Situation vor Ort abhängt, aber ab einer bestimmten Einwohnerzahl muss auf Antrag hin ein solcher eingerichtet werden müssen.

Insgesamt ist es ein gutes Gesetz, jedoch habe ich noch zwei kritische Punkte:
 
1. Uns hat immer gestört, dass in der Feiertagsregelung die jüdischen Feiertage fehlten, das wurde in der Anhörung auch von den Sachverständigen kritisiert. Ich freue mich, dass die Kritik im Änderungsantrag aufgenommen wurde, aber jetzt haben wir eine Regelung, die sehr schwammig ist. Es werden keine konkreten Religionen beziehungsweise Feiertage mehr benannt und es braucht ein neues Gesetz, was Näheres regelt. Das wird nicht kommen!

2. Im Gesetz wird den Kommunen eine jährliche Integrationspauschale von 50 Millionen Euro jährlich versprochen zusätzlich zum Finanzausgleich. Ich bin auch für eine Unterstützung der Kommunen, nur muss sie funktionieren. Bei der kommunalen Integrationspauschale bleiben jedoch viele Fragen offen: Wer erhält wieviel? Für was darf es ausgegeben werden?
Wir können es jedenfalls nicht einer Rechtsverordnung überlassen, die diese Fragen erst noch klären soll.

Zudem hat im Juni der Bund zugesagt, seine Beteiligung an flüchtlingsbedingten Kosten von Ländern und Kommunen für die Jahre 2020 und 2021 weiterzuführen. Zwar sind die Mittel von 4,5 auf 3,335 Milliarden Euro etwas gesunken, dennoch werden die Kommunen entlastet und haben dadurch Planungssicherheit. Sollten dabei weniger Kosten für die Länder entstehen, würden die vollen Mittel dennoch für die Integration zur Verfügung stehen.
Es ist also Geld da und wir sollten den Bund auch nicht aus seiner Verantwortung entlassen, die Kosten der Integration mit zutragen.

Was aber viel wichtiger ist, sind Haltung und Transparenz! Das muss Aufgabe eines Teilhabe- und Integrationsgesetzes sein. Dem kommt das vorliegende Gesetz auch nach, weshalb wir zustimmen.

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