Tourismusstrategie 2025 – Lippold: Sachsen hat viele Gesichter, doch gerade die braune Fratze ist es, die viel zu oft durch die Hauptnachrichten geistert
Redebeitrag des Abgeordneten Gerd Lippold zur 1. Aktuellen Debatte der Fraktionen CDU und SPD:
"Tourismus in Stadt und Land stärken – Tourismusstrategie 2025 als Grundlage für den weiteren Erfolg", 22. Mai, TOP 1
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
was für ein Anspruch im Titel dieser aktuellen Debatte, meine Damen und Herren. Damit meine ich nicht, den Tourismus in Stadt und Land stärken zu wollen – das ist wichtig und richtig. Nein, ich meine den Anspruch, die Tourismusstrategie 2025 sei die Grundlage für den weiteren Erfolg.
Grundlage für den weiteren Erfolg ist jedoch die Arbeit tausender touristischer Betriebe, vieler ebenso freundlicher und engagierter wie leider noch immer vielfach schlecht dafür bezahlter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auch an Wochenenden, am Tag und in der Nacht für die Gäste Sachsens da sind.
Dass sie ihre Arbeit gut machen und dass sie dafür sorgen, dass sächsische Tourismusbetriebe Gastfreundlichkeit ausstrahlen, das zeigt die gemessene Gästezufriedenheit. Diese ist nämlich immerhin bundesweit auf Platz 3, hinter Bayern und Schleswig-Holstein. Danke an diese freundlichen Sächsinnen und Sachsen, meine Damen und Herren. Sie sind die freundliche Seite unserer Visitenkarte.
Zugleich sind aber die Sympathiewerte für das Reiseziel Sachsen zwischen 2006 und 2015 von 47% auf 43% messbar gefallen. Das allein lässt bereits ahnen, dass der Anspruch im Titel dieser aktuellen Debatte, die Tourismusstrategie sei die Grundlage für den weiteren Erfolg, doch offenbar ziemlich vermessen ist.
Erfolg im Tourismus braucht nicht nur freundliche Hotelrezeptionen. Er braucht ein freundliches Sachsen, meine Damen und Herren! Und da ist viel, viel mehr zu tun, als das allein eine Tourismusstrategie leisten kann.
Bei der Gewinnung von hochqualifizierten Fachleuten für Wirtschaft und Wissenschaft, bei unserem Ansehen in der Bundesrepublik, in Europa und der Welt haben wir doch vielfach dieselben Probleme. Sachsen hat zwar viele Gesichter. Doch gerade die braune Fratze ist es, die viel zu oft durch die Hauptnachrichten geistert.
Und glauben Sie mir – das liegt nicht an selektiven Filtern öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten in Deutschland. Das erleben Sie genauso, wenn Sie in den USA oder in Korea den Fernseher einschalten. Und genau dort wird man auch auf Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Sachsen angesprochen!
Ein Sachsen, dass in der Bundesrepublik in fast allen zukunftsentscheidenden Fragen als Blockierer wahrgenommen wird, das offenbar in permanenten Rückzugsgeplänkeln die Positionen von gestern verteidigt und das mit einer Verbiesterung, die dann die Presse zu Forderung verleitet, der sächsische Ministerpräsident müsse wohl entrüpelt werden. So eine Außenwahrnehmung können Sie doch nicht mit >>So geht Sächsisch!<<-Ballons kompensieren, meine Damen und Herren!
An einer Stelle des Strategiepapiers jedoch, meine Damen und Herren, da geht mir wirklich der Hut hoch.
Ich zitiere: >>Der beobachtete Klimawandel wird langfristig aufgrund von veränderten Wetter- und Witterungserscheinungen und der resultierenden Betroffenheit durch Extremereignisse (z. B. Hitze, Sturm, Starkregen) oder der Veränderung natürlicher Ressourcen (Schneedecken, Landschaftsbild, Wälder, Meeresspiegelanstieg u. a.) zu neuen Herausforderungen für touristische Destinationen führen. So sollen die touristischen Akteure frühzeitig sensibilisiert und motiviert werden, sich mit den Folgen des Klimawandels zu befassen.<<
Der BEOBACHTETE Klimawandel?? Mit dessen FOLGEN sich zu befassen die Akteure zu motivieren seien??
Ja merken Sie denn gar nicht, wie weit Sie inzwischen in Ihrem Bemühen, ihre kohlefreundliche Sprachregelung zu retten von den realen Herausforderungen, die da draußen in der Wirtschaft stehen, entfernt sind?
Diese Unternehmen begreifen das doch in zunehmender Zahl viel schneller als diese Staatsregierung! Denn sie sind in täglichem Kontakt mit den Menschen, die dort als Gäste zunehmend bewusst darauf achten, dass diese Wirtschaft aktiv Klimaschutz betreibt statt wie diese Staatsregierung VERÄNDERUNGEN ZU BEOBACHTEN!
Und selbst für Extremwetteranpassung muss man aktiv handeln! Mit den Mitteln von aktiver Beratung, mit den Mitteln zielgerichteter Förderpolitik. Nichts davon in dieser sogenannten Strategie. Die Akteure sollten >>motiviert werden<<, sich >>damit zu befassen<<. Du meine Güte.
Ob dieses Papier in Unternehmensberatersprache – an die Politik gerichtet – mehr bewirkt als fortgeschriebene Aufnahme des Istzustandes zu sein, das hängt vom Willen und der Fähigkeit genau dieser Politik ab, daraus Handlungsaufträge abzuleiten und wirkliche Veränderungen anzuschieben.
Und so weit geht dieses Papier nicht. Kann es nicht und soll es wohl auch nicht. Denn das ist ja auch nicht Anspruch dieser Regierung. Auch hier ist in Sachsens Zukunftsfähigkeit der Wurm drin, meine Damen und Herren. Und das wird inzwischen nur noch mühsam kompensiert von den vielen, fleißigen, gastfreundlichen Sächsinnen und Sachsen da draußen.
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