Volkmar Zschocke: Die Enquete-Kommission zum Thema Pflege darf nicht dazu führen, dass die Lösung der dringenden Probleme auf die lange Bank geschoben wird

Redebeitrag des Abgeordneten Volkmar Zschocke zum Antrag der Fraktionen CDU und SPD:
"Einsetzung der Enquete-Kommission ‚Sicherstellung der Versorgung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege älterer Menschen im Freistaat Sachsen" (Drs 6/3472)
26. Sitzung des Sächsischen Landtags, 17. Dezember 2015, TOP 7


– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
nein, Herr Wendt, wir verschließen uns nicht. Wir sind uns einig, dass wir mit den künftigen Herausforderungen in der Pflege beschäftigen müssen, und wir werden die Enquete-Kommission zur Verbesserung der Pflege in Sachsen daher unterstützen und dort mitarbeiten. Das ist richtig, das ist wichtig und das ist auch notwendig.
Eines ist aber auch klar, die Enquete-Kommission darf nicht dazu führen, dass die Lösung der dringenden Probleme auf die lange Bank geschoben wird. Die Koalition darf nicht erst 2017 mit dem Abschlussbericht der Enquete-Kommission anfangen zu arbeiten. Wir werden darauf achten, dass die Kommission nicht zum "Verschiebebahnhof"für unerledigte Versprechungungen aus dem Koalitionsvertrag wird.
Denn im Koalitionsvertrag stehen viele Ziele im Bereich Pflege, deren Umsetzung bis jetzt noch unklar ist.
Ich möchte einige Beispiele nennen:

  • Bis Ende 2015 sollte gemeinsam mit allen Pflegeakteuren eine Gesamtstrategie "Gute Pflege in Sachsen" erarbeitet werden. Mit welchen Maßnahmen die Koalition die Versorgung und Beratung von Pflegebedürftigen verbessern will, bleibt zum Jahresende offen.
  • Zur Entlastung der Pflegekräfte sollte "zügig eine neue, schlanke Pflegedokumentation eingeführt werden". Bis jetzt gibt es keine Initiative der Koalition dazu.
  • Von der Initiative "Pro Pflege Sachsen" hat man seit der Unterzeichnung im Mai 2014 nichts mehr gehört. Und das, obwohl im Koalitionsvertrag steht, mit Hilfe der Initiative sollen "tarifgerechte Bezahlung, familiengerechte Arbeitsverhältnisse und mehr unbefristete Vollzeitarbeitsplätze" geschaffen werden. Es bleibt das Geheimnis der Staatsregierung, welche Fortschritte in den letzten anderhalb Jahren erzielt worden.
  • "Die Begleitung und Versorgung schwerkranker, sterbender und trauernder Menschen soll weiterentwickelt werden." Auch dazu gibt es noch keine Initiative der Koalition im Landtag. Ende November wurde unser GRÜNER Antrag zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung im Landtag angehört. Die Sachverständigen haben viele unser Forderungen unterstützt, zum Beispiel die Fortschreibung der Konzeption zur Hospiz- und Palliativarbeit, die noch immer auf dem Stand von 2007 verharrt.

All diese Aufgaben müssen zügig und konzentriert angegangen werden, denn Sachsen altert rasant. Bereits jetzt ist jeder vierte Sachse über 65.
Für eine bestmögliche Versorgung ist es gut und richtig, umfassende, bundesweite Expertise einzuholen. Andere Bundesländer machen es vor. Die Enquetekommission "Pflege in Baden-Württemberg zukunftsorientiert und generationengerecht gestalten" erarbeitet derzeit den Abschlussbericht. Nordrhein-Westfalen hat sich schon in einer Enquete mit dem Thema Pflege befasst.
Im Rahmen der Enquete-Arbeit ist es uns GRÜNEN wichtig, die Belange pflegender Angehöriger in den Mittelpunkt zu stellen. Wir wollen bisher in Sachsen zu wenig diskutierte Themen, wie beispielsweise Geschlechtergerechtigkeit in der Pflege oder kultursensible Pflege, in den Fokus rücken. Auch die Barrierefreiheit und die Förderung von generationengerechten Quartieren muss auf der Agenda ganz oben stehen, denn nur so wird es möglich sein im eigenen Zuhause alt zu werden.