Wolfsmanagement – Günther: Sächsischer Managementplan ist zurecht vorbildlich
Rede des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) zum Antrag der Fraktionen CDU und SPD:
"Akzeptanz der Rückkehr und Ansiedlung von Wölfen im Freistaat Sachsen erhalten – Wolfsmanagement nachsteuern" (Drs 6/7236)
45. Sitzung des Sächsischen Landtags, 13. Dezember 2016, TOP 8
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich habe die undankbare Aufgabe, als Letzter zu reden. Ich möchte Sie nicht mit Wiederholungen langweilen, aber ich möchte mich einigen Ausführungen anschließen, die Kollege Hippold und auch Kollegin Kagelmann gemacht haben. Wir können mit gewissem Stolz auf das Erreichte zurückblicken. Wir haben in Sachsen tatsächlich einen Wolfsmanagementplan, der zu Recht vorbildlich ist. Das sollten wir uns auch in so einer Debatte immer wieder klarmachen.
Wir können mit Stolz darauf zurückblicken. Wir handhaben die meisten Probleme, die bereits angesprochen worden sind, schon ganz gut. Hierzu muss man auch feststellen, dass der Wolf nicht das Problem in Sachsen ist, sondern schlichtweg der Umgang mit ihm als Thema und vor allem explizit als Aufregerthema, so wie es meine Vorrednerin gerade gemacht hat. Da kommen solche Aussagen wie: „Noch ist der Wolf kein Problem für den Menschen. Wie lange denn noch?“ Dazu kann man sagen: Den Wolf hat es in Sachsen immer gegeben – durchgängig, im Übrigen auch in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten, nur ansässige Rudel hatten wir eine Zeit lang nicht. Wölfe, auch während der DDR-Zeit, waren ganz normal.
Man muss Folgendes auch sagen: Probleme entstehen immer, wenn sich ein großes Raubtier wie der Wolf wieder ansiedelt. Wenn er einmal da ist und sich etabliert hat, dann gewöhnen sich die Leute auch wieder daran. Die Probleme gehen wieder zurück. Das kann man statistisch sehen.
Ich komme zur Relation zwischen der Schafhaltung und den ansiedelnden Wolfsrudeln. In der Gesamtrelation gehen nämlich die Schäden zurück. Das liegt leider auch daran, dass die Schaf- und Weidehaltung zurückgeht. Die Frage wurde auch gestellt. Das ist aber ein sachsenweites Phänomen. Die Bestände haben sich in den letzten zehn bis 15 Jahren fast halbiert. Das ist ein Problem. Wir haben gehört, dass die Offenlandhaltung ganz wichtig ist, weil daran auch die Kulturräume hängen. Daran hängen auch ganz viele Arten im Offenland. Hierbei müssen wir viel tun. Der Wolf ist nicht das wichtigste Problem.
Es existiert auch die Vorstellung, dass der Wolf kommt und immer mehr wird. Er wird sich immer mehr vermehren. Man muss auch einmal ein paar Sachen klarstellen. Alle Arten haben immer ein gewisses Habitat, also eine Maximalgröße, welches sie bewohnen. Bei dem Wolf ist es wie folgt: Wenn sie in Rudeln leben, das sind ungefähr zehn Tiere, nämlich die Elterntiere und die Würfe von diesem Jahr und vom Vorjahr, dann bewohnen sie zwischen 15 und 35 Hektar. Mehr gibt es nicht hier in Europa. Wenn die Reviere dicht nebeneinander liegen, das ist in der Lausitz der Fall, sie überlappen sich leicht an den Rändern, den dann gibt es dort nicht mehr Wölfe. Das Maximum ist schon erreicht. Zusätzliche Wölfe müssen woanders hinziehen.
Nicht der Wolf ist das größte Problem für den Menschen, sondern umgekehrt. Ein Großteil der Wölfe kommt im Straßenverkehr um. Was auch nicht zu vergessen ist, sind die gelegentlichen Schwarzabschüsse. Diese Gefährdung ist viel höher.
Sie schütteln gerade mit dem Kopf. Als letzter Redner hat man es schwer. Ich möchte jetzt über die Herdenschutzmaßnahmen reden. Wo könnte denn eine Gefährdung für den Menschen herkommen? Das weiß man. Kranke Wölfe können abgeschossen werden. Das ist bereits jetzt der Fall. Welche Krankheiten könnten die Wölfe haben? Sie könnten vielleicht die Tollwut haben. Die haben wir seit mehreren Jahren in Deutschland und Sachsen aber nicht mehr. Die Orte, an denen es noch Tollwut gibt, befinden sich weit weg von uns. Es ist klar, dass es hierher kein Tier schaffen würde.
Eine andere Möglichkeit wäre, dass man den Wolf bedrängt und ihn in eine Ecke drängt. So verrückt muss man erst einmal sein. Das passiert also auch nicht aus Versehen.
Die Problemwölfe, von denen wir hören, gehen auf menschliches Fehlverhalten zurück. In der Niederlausitz werden Wölfe gefüttert. Solche Fälle gab es ebenso in Niedersachsen. Somit muss man sich nicht wundern, wenn die Tiere durch den Ort laufen. Das heißt aber noch nicht, dass sie gefährlich werden.
Wölfe, das weiß man auch, werden in ihrer Jugend geprägt. Wenn sie klein sind, dann wird ihnen beigebracht, was man jagen kann und was nicht. Der Mensch kommt schlichtweg nicht vor. Deswegen interessieren sie sich nicht für uns. Sie gehen durch ein Dorf und interessieren sich nicht für den Menschen. Es besteht also keine Gefahr. Es ist auch unser Auftrag als Politik, wenn wir uns mit dem Thema beschäftigen, die Menschen aufzuklären und immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Gefahren nicht vorhanden sind. Auf reale Gefahren zum Beispiel für die Weidehaltung, die Weidehaltung ist ein Grenzertragswirtschaftsbereich, der sich nicht mehr rechnet, müssen wir antworten und Hilfen zur Verfügung stellen. Das machen wir derzeit auch.
Es hilft uns teilweise die Sielmann-Stiftung, die die Hilfen aufstockt. Das ist das Plädoyer von uns GRÜNEN: Wenn wir als Staat möchten, dass der Wolf sich wieder ansiedelt, dann müssen wir auch für 100 % der Schäden eintreten. Seit dem Jahr 2002, seit dem der Schaden bezahlt wird, bewegt sich die Schadensregulierung im fünfstelligen Eurobereich. Angesichts der Beträge, die wir in den nächsten zwei Tagen in diesem Haus bewegen werden, ist uns vielleicht klar, dass dies statistisch betrachtet keine nennenswerte Größe ist.
Ich danke Ihnen. Den Rest meiner Ausführungen nehme ich in die nächste Runde mit.[…]
Zwischenfrage:
Ich habe eine kurze Frage zu dem Beispiel mit dem Dackel und dem Erzgebirgskamm. Wenn man einen Hund korrekt durch den Wald führt, dann hat man diesen am Erzgebirgskammweg an der Leine. Es dürfte relativ unwahrscheinlich sein, dass er weggeschnappt wird. Ansonsten hätte man ihn frei herumlaufen lassen. Somit hätte man sich im Wald falsch verhalten. Würden Sie trotzdem Ihre Aussage aufrecht erhalten, dass es ein Problem geben könnte?[…]
Herr Kollege, kennen Sie den Unterschied zwischen
Prädatoren, Wildtieren, die ein Rudel haben und verteidigen, und ganz klassischen Herdentieren oder Schwarmtieren wie Vögel, wo so viele vorhanden sind, wie Nahrungsangebot da ist?