Aktuelle Debatte 27. Januar – Schubert: Sachsen hat eine besondere Verantwortung im Kampf gegen Rechtsextremismus
Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert (BÜNDNISGRÜNE) zur Ersten Aktuellen Debatte der Fraktion DIE LINKE: „‚Nie wieder ist jetzt!‘ – 27. Januar: Mahnen, erinnern, aus der Geschichte lernen!“
82. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch 31.01.2024, TOP 5
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
der 27. Januar ist der Tag, der uns mahnt und in einer Aktualität unsere Gegenwart prägt, wie es manche vielleicht nicht mehr für möglich gehalten hätten. Er verbindet sich für uns mit zwei Themen: dem konsequenten Engagement gegen Rechtsextremismus und dem konsequenten Widerspruch gegenüber jeder Form von Antisemitismus.
In Deutschland werden fast 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges unverhohlen Deportationen geplant. Rädelsführer sind Mitglieder der AfD. Und mir wird nicht nur schlecht, in mir steigt eine verdammte Wut hoch, wenn sich AfDler hier hinstellen und solche heuchlerischen Äußerungen von sich geben. Sie treffen sich mit Rechtskonservativen und mit möglichen Geldgebern. Das hatten wir alles schon mal. Auch damals wurden Vertreibung und Deportation beschönigend umschrieben; heute nutzt man das Wort „Remigration“. Es ist wichtig, die Wortwahl der Rechten nicht zu übernehmen und sich gegen eine Wiederholung der Geschichte zu wehren.
„Nie wieder ist jetzt“ ist kein leeres Versprechen, es ist erst recht keine Floskel. Es ist ein Aufruf zum Handeln, für alle, denen die Freiheit und die demokratische Grundordnung wertvoll sind. In den vergangenen Wochen erleben wir die größten Demonstrationen seit der Friedlichen Revolution – bundesweit und in Sachsen. Menschen gehen auf die Straße, um gegen rechtsextreme Erzählungen und Fantasien in unserer Gesellschaft zu protestieren. Sie sagen, wir sagen: Stopp. Genug ist genug. Und damit bekennen sie und wir uns eindeutig zum „NIE WIEDER IST JETZT“. Wir verteidigen Demokratie, Vielfalt und gesellschaftlichen Frieden.
Sachsen hat eine besondere Verantwortung im Kampf gegen Rechtsextremismus. Denn dieser hat sich und konnte sich seit den 1990er Jahren in Sachsen ausbreiten. Rechte Netzwerke und Strukturen haben ihre menschenfeindlichen Ideologien im Land verankert, und sehen nun wieder eine Chance. Die aktuelle Koalition hat erstmals ein Gesamtkonzept Rechtsextremismus verabschiedet, aber es ist noch nicht ausreichend. Wir müssen wachsam und konsequent bleiben; jede und jeder von uns – überall und zu jeder Zeit. Die AfD als parlamentarischer Arm der Rechten und Rechtsextremisten ist eine verfassungsfeindliche Partei, die die Grundlagen unserer freiheitlichen Republik zerstören will. Und ihre Demagogen nutzen die Leichtgläubigkeit und Ängste von Menschen aus; ihre Medienmaschine verbreitet Falschinformationen, Verschwörungsideen, Hass und menschenfeindliche Hetze. Der Widerstand gegen diese Partei auf den Demonstrationen im ganzen Land zeigt, dass viele Menschen sie ablehnen. Und es ist notwendig, gemeinsam aufzustehen und zu sagen: Wir wollen kein Land, in dem die AfD Macht erlangt. Die Zeit der Zögerlichkeit ist vorbei und es ist an der Zeit, dem Treiben dieser Partei Einhalt zu gebieten.
Unsere Haltung und unser Vorgehen gegen Rechts muss genauso klar sein wie unsere Haltung gegen jeden Antisemitismus. Es darf nicht sein, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland und in Sachsen Angst haben. Wir tragen hier eine besondere Verantwortung. Antisemitismus breitet sich aus und dagegen müssen wir energisch vorgehen. Es sind nicht nur die schändlichen Beschmierungen der Plakate von Holocaust-Überlebenden im Rahmen einer Ausstellung im Leipziger Hauptbahnhof oder das Zerstören von Kränzen in Görlitz am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus auf dem Wilhelmsplatz; was für Grenzüberschreitungen, die keinerlei Bagatellisierung zulassen dürfen! Es sind auch studentische Gruppen mittlerweile wie Handala in Leipzig, die offen das Existenzrecht Israels leugnen. Da laufen junge Menschen in einer Demonstration hinter Flaggen mit Hammer und Sichel her; folgen einer Organisation, die vergangenen Oktober ein Bild veröffentlicht hat mit einem Gleitschirm, wie ihn die Hamas beim Angriff am 7. Oktober verwendete, mit der Unterschrift „from the river to the sea“. Das muss ausgesprochen und das muss gestoppt werden, denn Meinungsfreiheit und antisemitische Hetze sind zwei Paar Schuhe. Es muss aber auch darüber hinaus einen gemeinsamen Konsens unter Demokratinnen und Demokraten geben: Jegliche Annäherung an Nazis und Rechtsextreme schafft neue Risse. Wir brauchen einen klaren Konsens darüber, dass der Feind rechts steht – ja, wo denn sonst?
Großer Dank gilt allen Menschen, die für das Gute und das Freundliche in diesem Land auf die Straße, die zeigen: bis hierhin und nicht weiter. Sie sind die Basis der Demokratie – Sie sind genau die Menschen, auf die Politik jetzt hören sollte, deren Sorgen und Ängste müssen ernstgenommen werden. Hier setzen sich gerade Menschen für das ein, was Hannah Arendt stets erinnerte, nämlich für das „radikale Gute“. Rücken wir zusammen, stehen wir zusammen, bleiben wir zusammen in der Verantwortung für das, wofür der 27. Januar steht. Nie wieder ist jetzt.