Datum: 01. Februar 2023

Aktuelle Debatte nachhaltiges Bauen – Zschocke: Sächsische Bauwirtschaft auf dem schwierigen Weg vom Rohstoffverbrauch hin zum Wertstoffkreislauf begleiten

Redebeitrag des Abgeordneten Volkmar Zschocke (BÜNDNISGRÜNE) zur Ersten Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion BÜNDNISGRÜNE zum Thema: „Zukunftschancen für den Freistaat nutzen – sächsische Bauwirtschaft jetzt klimaneutral und umweltfreundlich aufstellen“

65. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 01.02.2023, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

beim Thema der Aktuellen Debatte kommen wir nicht daran vorbei, über die längere Nutzung von Gebäuden, über zerlegbares Bauen, wiederverwendbares Bauen und über Baustoffrecycling zu reden. Die größten Stoffströme und Abfallmengen entstehen nun mal im Baubereich.

Neben der Energie- und Verkehrswende ist die Bauwende von essenzieller Bedeutung für einen wirksamen Klimaschutz. Es ist nicht möglich, unbegrenzt Rohstoffe für die Bauwirtschaft aus der Erde zu baggern. Der Weg muss Schritt für Schritt zu einer echten Kreislaufwirtschaft, auch im Baubereich, führen. Instrumente und Technologien liegen vor: Ersatzbaustoffverordnung, Recyclingbeton, Substitution durch nachwachsende Rohstoffe

Und deshalb drängen wir seit Jahren auf eine viel stärkere Ausrichtung der sächsischen Bauwirtschaft auf Recyclingbaustoffe. Es macht keinen Sinn, mit viel Energie Baustoffe aus der Erde zu graben, um dann wieder mit viel Energie den Bauschutt in der Erde zu vergraben.

Das ist auch ein Grund, weshalb wir uns seit langem zum Beispiel gegen den geplanten Kies-Tagebau Würschnitz-West aussprechen. An unserer kritischen Haltung hat sich auch mit der Regierungsbeteiligung nichts geändert.

Nun hat ja Marco Böhme öffentlich gefragt, ob wir nun grünes Licht für die Räumung des Heidebogens geben. Da Sie so klug sind, die Abläufe in einem demokratischen Rechtsstaat zu kennen, kann ich diese Frage nur als bewusstes Delegitimieren dieses Rechtsstaates interpretieren. Denn was wäre das für ein Rechtsstaat, in dem eine rechtskräftige Genehmigung durch eine Partei oder einen Minister gestoppt werden könnte?

In einem Rechtsstaat sind die betroffenen Bürgerinnen und Bürger aber nicht ohnmächtig den Vorhaben der Bauwirtschaft ausgeliefert. Häufig werden diese beklagt, manche sogar erfolgreich. Dieser Weg steht den Anwohnerinnen und Anwohnern und den Umweltverbänden noch offen. Es kann gerichtlich überprüft werden, ob die Entscheidung des Oberbergamtes allen Anforderungen des Umweltschutzes Rechnung trägt. Dieses Anliegen der Bürgerinitiative unterstütze ich.

Aber aktuell gibt es eine rechtskräftige Genehmigung – ob mir das gefällt oder nicht – und diese kann das Unternehmen jetzt vollziehen. Es gibt keine politische oder behördliche Instanz, die das jetzt unterbinden kann. Nur wenn die Betriebsführung nicht rechtskonform erfolgt, kann und muss das Oberbergamt im Rahmen der Bergaufsicht einschreiten.

Und jetzt kommt die Linksfraktion und fordert angesichts der Waldbesetzung ein Moratorium. Eine solche Forderung kann sich nur an das Unternehmen selbst richten.

Wann haben sie mit dem Kiesgrubenbetreiber über ihre Forderung gesprochen? Was haben die ihnen gesagt? Verzichten die jetzt auf den Kiesabbau? Was ist das eigentlich für ein Politikansatz, wo man etwas vorschlägt, von dem man bereits weiß, dass es gar nicht funktionieren kann?

Ich halte es da lieber mit Verbänden wie dem Nabu Sachsen, der seit vielen Jahren mit großer fachlicher Kompetenz solche Eingriffe der Bauwirtschaft in Natur und Umwelt begleitet. Dieses konstruktive und bürgerschaftliche Engagement für Natur und Klima ist auch weiterhin notwendig, gerade im Hinblick auf das für Würschnitz-West noch anstehende Planfeststellungsverfahren.

Bei Ihnen, Herr Böhme, habe ich allerdings Zweifel, ob es Ihnen wirklich nur um den Schutz von Natur und Klima geht. Wenn Sie in einem großen öffentlichen Verteiler schreiben, dass Sie heute, Zitat, „die GRÜNEN bei ihrer Debatte zum nachhaltigen Bauen mal ankacken werden“, geht es der Linksfraktion vielleicht doch noch um etwas anderes. Zum Beispiel um oberflächliche, antigrüne Stimmungsmache. Antigrüne Propaganda liegt generell gerade im Trend. Da gibt es bestimmt Beifall – von verschiedenen Seiten.

Ich kann da nur sagen: Jeder disqualifiziert sich auf seine Weise. Wir sind bei diesem Spiel raus. Wir versuchen stattdessen, mit unseren Möglichkeiten das aktuell Machbare auch tatsächlich zu erreichen und die sächsische Bauwirtschaft Schritt für Schritt auf dem schwierigen Weg vom Rohstoffverbrauch hin zum Wertstoffkreislauf zu begleiten.

Vielen Dank.