Datum: 18. November 2021

Aktuelle Debatte Schule – Melcher: Versprechen von bester Bildung für alle tatsächlich einlösen

Redebeitrag der Abgeordneten Christin Melcher (BÜNDNISGRÜNE) zur Ersten Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion SPD zum Thema: „Langfristig planen, vorausschauend handeln: Schlussfolgerungen aus der 2. Schüler- und Absolventenprognose für den Freistaat Sachsen“
38. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 18.11.2021, TOP 2

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

vermutlich haben wir alle – coronabedingt – von Zahlen und Daten eigentlich genug. Trotz der akuten Pandemielage sollten jedoch andere Zahlen nicht aus dem Blick geraten – denn sie sind für unser politisches Handeln nicht minder wichtig.

Das Statistische Landesamt hat die Zweite Regionalisierte Schüler- und Absolventenprognose für den Freistaat Sachsen vorgelegt.
Diese enthält Prognosen bis zum Schuljahr 2035/36. Die wichtigsten Erkenntnisse lauten:

Erstens: Die Zahl der Schülerinnen und Schüler wird voraussichtlich bis zum Schuljahr 2027/28 weiter steigen. Im Vergleich zum Schuljahr 2020/21 werden dann zwischen acht und zehn Prozent mehr Kinder und Jugendliche die allgemeinbildenden Schulen besuchen. Nach dem Schuljahr 2027/28 werden die Schülerzahlen voraussichtlich sinken, jedoch kaum unter das Niveau des Schuljahres 2020/21.

Zweitens: Es gibt ein enormes Stadt-Land-Gefälle und große Unterschiede zwischen den Schularten. Die Stadt Leipzig hat den größten Anstieg zu verzeichnen. Im Schuljahr 2035/36 werden 23 bis 30 Prozent mehr Schülerinnen und Schüler an Leipziger Schulen sein als im Schuljahr 2020/21. Dagegen sinken die Schülerzahlen im Erzgebirge deutlich.

Bis zum Schuljahr 2035/36 werden zwischen 15 und 19 Prozent weniger Schülerinnen und Schüler erwartet.
Während an den sächsischen Grundschulen ab dem Schuljahr 2025/26 mit einem Rückgang der Schülerzahlen gerechnet wird, steigt die Zahl der Schülerinnen und Schüler an weiterführenden Schulen, insbesondere an Gymnasien und an freien Waldorfschulen, deutlich an.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
solche Prognosen kommen mitunter etwas dröge daher. Dabei bilden sie die Grundlage für die Lehrerbedarfsprognose sowie für die Schulnetzplanung – beides Themen von großer politischer Bedeutung, sowohl kommunal- als auch landespolitisch.

Aus BÜNDNISGRÜNER Sicht ziehe ich folgende Schlüsse:

Erstens: Wenn mehr Schülerinnen und Schüler sächsische Schulen besuchen, müssen auch mehr Lehrerinnen und Lehrer eingestellt werden.

Wir brauchen mehr Lehrkräfte, um nicht nur die Altersabgänge ersetzen, sondern auf steigende Schüler*innenzahlen reagieren zu können. Die Lehrerbedarfsprognose muss entsprechend der neuen Schülerprognose angepasst werden. Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, noch in dieser Legislaturperiode den Ergänzungsbereich wieder vollumfänglich abzusichern. Zu diesem Ziel stehen wir unverändert. Auch das muss sich in der Personalplanung niederschlagen.

Zweitens: Das Stadt-Land-Gefälle bei der Schülerzahl-Entwicklung erfordert differenzierte Antworten.

Wir wollen im ganzen Freistaat beste Bildungschancen für alle Kinder. Der Bildungserfolg darf nicht von der Postleitzahl abhängen.
Es darf keine Abstriche beim Angebot und keine Löcher im Schulnetz geben. Hier müssen äußere und innere Schulentwicklung zusammen gedacht werden.

Wir plädieren für mehr jahrgangsübergreifenden Unterricht und längeres gemeinsames Lernen an Oberschulen+.
Gleichzeitig brauchen insbesondere die kreisfreien Städte auch künftig Unterstützung seitens des Freistaates, um die notwendigen Schulkapazitäten vorhalten zu können.

Drittens: Im Doppelhaushalt 2023/24 muss mehr Geld für Bildung bereitgestellt werden. Wir brauchen mehr Personal und – wenn auch nicht flächendeckend – Neu- und Erweiterungsbauten von Schulgebäuden.

Uns ist bewusst: Das wird ein Kraftakt. Bereits jetzt gibt es Lücken in der Finanzplanung. Zudem löst Geld allein nicht alle Sorgen: Die Herausforderung bleibt, gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer in ausreichender Zahl überhaupt einstellen zu können, Stichwort: leer gefegter Lehrerarbeitsmarkt. Dennoch sind wir gut beraten, die Schüler- und Absolventenprognose zur Grundlage der anstehenden Entscheidungen zu machen. Nur so können wir das Versprechen von bester Bildung für alle tatsächlich einlösen.

Vielen Dank.