Aktuelle Debatte Sport – Kummer: Wenn wir Spitzensport wollen, müssen wir den Breitensport unterstützen
Redebeitrag der Abgeordneten Ines Kummer (BÜNDNISGRÜNE) zur Zweiten Aktuellen Debatte der Fraktion CDU: „Breitensport und Spitzensport – Sachsen zeigt, wie es geht.“
83. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch 01.02.2024, TOP 4
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
vergangenes Wochenende bei der Rennrodel WM in Altenberg konnten wir, konnte Sachsen seine Erfolge feiern. Julia Taubitz aus unserem Freistaat hat zwei WM-Titel geholt. Die Bob- und Rennrodel-Bahn in Altenberg ist eine der anspruchsvollsten auf der Welt und Austragungsort vieler internationaler Wettbewerbe.
Gleichzeitig fanden die 16. Landesjugendspiele in 10 Wintersportarten statt. Da konnten junge Talente zeigen, was in ihnen steckt. Auch Julia Taubitz startete ihre Erfolgskarriere bei den Landesjugendspielen. 1300 Teilnehmende, davon 1000 junge Sportlerinnen und Sportler. Im Biathlon zum Beispiel 109 Biathletinnen und Biathleten, im Skispringen und der Nordischen Kombination sogar 120.
Darauf können wir stolz sein. Sachsen muss sich tatsächlich nicht verstecken und kann sich zurecht Sport-Land nennen.
Ausruhen dürfen wir uns auf diesem Erfolg aber nicht. Sonst verschlafen wir wichtige Weichenstellungen, die bereits heute angegangen werden müssen.
Wenn wir Spitzensport wollen, müssen wir den Breitensport unterstützen. Kinder und Jugendliche brauchen Motivation, um Sport zu treiben. Das sind die Wurzeln und der Stamm, die den Leistungssport tragen. Verkümmern sie, verkümmert auch die Krone.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
leider hat Bewegung im Alltag vieler Kinder und Jugendlicher keinen großen Stellenwert. Auch in der Schule wird hier leider zu wenig Priorität gesetzt. Untersuchungen zeigen aber, dass nicht wenige Kinder bereits im Alter zwischen vier und sechs Jahren Haltungsschwächen sowie Defizite in der motorischen Entwicklung aufweisen. Es gibt Kinder, die können keinen Purzelbaum!
Die Rechnung ist einfach: Weniger sportbegeisterte Kinder, weniger Nachwuchs für den Leistungssport!
Um Kinder zum Sport zu motivieren, brauchen sie Vorbilder. Damit meine ich nicht nur die Weltspitzen – die natürlich auch –, sondern Menschen, die aktiv Sport vor Ort machen, die motivieren, die aufmuntern und bestärken. Es braucht Angebote zum Ausprobieren. Es braucht Angebote, die das Selbstbewusstsein der Kinder stärken, wie Trainingslager oder Wettkämpfe. Das ist die Aufgabe des Breitensports, aber der hat genau an dieser Stelle mit erheblichen Problemen zu kämpfen:
Es gibt immer weniger Ehrenamtliche, die Vereine managen oder als Übungsleiter*in, Trainer*in oder Schiri Verantwortung übernehmen.
Und neben der Corona-Pandemie hat auch die Energiekrise viele Vereine in eine finanzielle Schieflage gebracht.
Die Konsequenz ist: Angebote werden weniger und es können weniger Kinder und Jugendliche davon profitieren. Die aufwendigeren Dinge wie Trainingscamps, wo auch noch Übernachtung und Fahrt organisiert und bezahlt werden und Ehrenamtliche ein ganzes Wochenende Zeit investieren müssen, fallen da unter Umständen ganz aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir müssen den Vereinen, wir müssen den Ehrenamtlichen hier unter die Arme greifen! Die Vereine dürfen ihre finanziellen Spielräume nicht verlieren. Ich sehe es nicht als Option, dass Vereinsbeiträge immer weiter erhöht werden. Damit schließen wir Menschen und insbesondere auch sozial nicht gut gestellte Kinder und Jugendliche von den Vereinen aus.
Viele Vereine sehen die Notwendigkeit, Energiekosten einzusparen und setzen auf nachhaltige Lösungen. Dabei müssen sie unterstützt werden. Sportförderung sollte vorrangig diese Investitionen belohnen. Außerdem sollten wir Energieberatungen für Vereine anbieten.
Ich freue mich, dass wir BÜNDNISGRÜNE gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern mit der Bereitstellung von Mitteln für das Programm „Ehrenamt stärken im Sport“ bereits einen großen Beitrag leisten konnten. Das Programm sollte in der nächsten Legislatur fortentwickelt und fortgeschrieben werden. Oder mal landläufig gesprochen: Das Programm ging ab wie Schmidts Katze.
Ebenfalls in der nächsten Legislatur muss das Thema Bildungsurlaub auf die Agenda! Und es gibt noch viele weitere Möglichkeiten zur Stärkung des Ehrenamtes im Sport, die wir diskutieren könnten, zum Beispiel: Steigerung der Attraktivität des Ehrenamts für Frauen oder die Einstellung hauptamtliche Mitarbeiter, die für mehrere Vereine verantwortlich sind und etwa die Buchhaltung übernehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
um auch in Zukunft stolz auf unsere Breiten- und Spitzensportlandschaft zu schauen, müssen wir heute schon Weichen stellen. Ohne sportbegeisterte Kinder und Jugendliche und den Breitensport geht das nicht. Insbesondere den Ehrenamtlichen, die hier unermüdlich ihre Energie und Zeit investieren, gilt mein großer Dank und meine Unterstützung!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Breitensport ist die größte Bürgerorganisation des Landes. Hier kommen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten zusammen. Gemeinsam Sport treiben, den Verein am Laufen halten, Feste organisieren oder den Nachwuchs sportlich fördern – das gemeinsame Ziel verbindet, schafft Räume zum Reden und einander kennenlernen. Hier wird gesellschaftlicher Zusammenhalt gelebt. Jede Investition in diese Bürgerbewegung ist gut angelegtes Geld!
Ein weiterer Punkt, der den Vereinen auf der Seele brennt, ist der Sanierungsstau bei den Sportstätten.
Für mich ist die Sportstättenstatistik hier ein wirklich wichtiges Werkzeug, vor allem weil der sächsische Haushalt eine Komplettsanierung nicht leisten kann. Mit der Sportstättenstatistik können wir eine Bestandsaufnahme vornehmen und transparent nach den tatsächlichen Notwendigkeiten priorisieren.
Diese Vorteile haben Sie alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, beim gemeinsamen einstimmigen Beschluss über die Sportstättenstatistik betont. Wir haben im Haushalt Geld eingestellt. Es gibt engagierte Partner, die loslegen wollen. Leider bringt das Innenministerium nur eine Datensammlung auf den Weg, die unsere Visionen nicht aufgreift. Wichtige Weichen werden so nicht gestellt werden. Das ärgert mich wirklich sehr.
Ich wünsche mir, dass wir in Zukunft besser an einem Strang ziehen. Sonst sind wir nicht in der Lage, die notwendigen Weichen zu stellen. Dann wird es bald heißen: „Breitensport und Spitzensport – Sachsen zeigt, wie es NICHT geht.“
Vielen Dank!