Aktuelle Debatte Wirtschaftspolitik – Gerber: Wir dürfen nicht riskieren, die Transformation zu verschlafen
Redebeitrag des Abgeordneten Dr. Daniel Gerber (BÜNDNISGRÜNE) zur Dritten Aktuellen Debatte der Fraktion CDU: „Den strukturellen Wandel in Sachsen erfolgreich gestalten, mit starker Wirtschaft, zukunftsfähiger Infrastruktur und soliden Finanzen.“
80. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 14.12.2023, TOP 1
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
den strukturellen Wandel erfolgreich zu gestalten, das ist ein zentrales Anliegen BÜNDNISGRÜNER Wirtschaftspolitik.
Dass dieser strukturelle Wandel schneller kommen wird als viele denken, zeigen auch die Ergebnisse der diesjährigen Weltklimakonferenz. Knapp 200 Staaten haben einstimmig beschlossen, dass die gesamte Welt sich auf einen Übergang weg von fossilen Energieträgern begibt und dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien bis 2030 verdreifacht wird.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Klima- und Transformationsfonds einigte sich die Ampel-Spitze gestern über die Eckpunkte zum Haushalt 2024.
Und ich bedanke mich bei unserem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck für seinen unermüdlichen Einsatz für die Belange der wirtschaftlichen Transformation besonders für den Osten – und bei den Ampel-Kollegen für verantwortungsvolles Arbeiten an Lösungen, trotz Ausnahmezustand.
Was die Industrie und das produzierende Gewerbe brauchen, um hier bei uns im Freistaat zukunftsfähig zu investieren, ist Sicherheit und Vertrauen. Und das gibt es seit gestern wieder.
Die zentralen Maßnahmen des KTF konnten in weiten Teilen trotz des Urteils gesichert werden. Außerdem bildet die Entscheidung gestern auch endlich den Einstieg in den Ausstieg von klimaschädlichen Subventionen.
Der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft, Industriestrom, Chip-Fabriken, E-Autobatterien, Milliarden für die Bahninfrastruktur und eine sozialverträgliche energetische Gebäude-Sanierung: Für all diese zentralen Anliegen des KTFs gibt es nun endlich wieder Sicherheit.
Ostdeutschland und auch Sachsen wird überproportional von diesen Mitteln profitieren. Hier wurde über viele Jahre wertvolle Vorarbeit geleistet. Vorarbeit für den Aufbau des größten Halbleiterclusters in der EU, für den Wasserstoffhochlauf, für den Aufbau der E-Mobilität oder bei der Begleitung der Zulieferbetriebe durch Transformationsnetzwerke. All diese Errungenschaften von Wirtschaft, Wissenschaft, Industrie und Politik in Sachsen werden jetzt vom Lösen der Handbremse profitieren. Mit den Haushaltseckpunkten sind nun viele Investitionen endlich gesichert. Doch einige Fragen sind noch immer offen. Besonderes Anliegen von uns BÜNDNISGRÜNEN ist und bleibt die sächsische Solarindustrie. Während der Zubau von Photovoltaik als gesichert gilt, setzen wir uns weiterhin dafür ein, auch den Wiederaufbau der Solarindustrie zu unterstützen. Wir werden sie in Deutschland und der EU brauchen, um künftig souverän zu handeln.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
der strukturelle Wandel der Wirtschaft – egal, ob Photovoltaik, Wasserstoff oder E-Autos – wird heute hochsubventioniert. Wie viele Jobs in den USA durch den IRA in nur einem Jahr geschaffen wurden, konnte ich mir im Sommer vor Ort persönlich anschauen. Dort fördert man, ähnlich wie in China, die Transformation der Wirtschaft mit erheblichen finanziellen Mitteln. Diese Subventionen werden den strukturellen Wandel in der internationalen Wirtschaft ohne Frage erheblich beschleunigen. Die Frage ist: Sind wir dabei oder schauen wir zu?
Unser Land steckt in einer antiquierten Finanzverfassung fest. Unisono hören wir die Bekenntnisse: Wir brauchen Investitionen! Und alle wissen, Investitionen tätigt man nicht in einem Jahr, sondern strategisch und über viele Jahre hinweg. Und genau das muss nun das gemeinsame Ziel sein, wenn es darum geht, den strukturellen Wandel unsere Wirtschaft hin zur Klimaneutralität zu begleiten.
Ein Kernanliegen von uns BÜNDNISGRÜNEN ist daher die Sicherung von Zukunftsinvestitionen durch eine beherzte Finanzpolitik, die Realitäten anerkennt. Wir dürfen nicht riskieren, die Transformation zu verschlafen. Wir dürfen unsere Infrastruktur nicht noch einmal kaputtsparen. Der strukturelle Wandel in Wirtschaft und Infrastruktur braucht jetzt aktive politische Gestaltung!
Dafür ist und bleibt eine Reform der Schuldenbremsen nötig, die Investitionen jenseits der 0,35 Prozent des BIP ermöglicht. Der Internationale Währungsfonds kommt in einer Analyse der vergangenen 40 Jahre von 17 Volkswirtschaften inklusive Deutschland zu dem Ergebnis: „Im Durchschnitt führen Budgetkonsolidierungen nicht zu einer Verringerung der Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung.“
Und ich bin froh, dass auch aus Sachsen, dass auch aus der CDU dafür zumindest Gesprächsbereitschaft signalisiert wurde. Denn die jetzige wie auch künftige Koalitionen brauchen politische Handlungsspielräume! Wirtschaft und Gesellschaft brauchen Planbarkeit und die heutige Situation erfordert auch eine „finanzpolitischen Zeitenwende“.
Vielen Dank!