Datum: 16. März 2023

Aktuelle Debatte Wirtschaftspolitik – Liebscher: Sachsen kann eine Schlüsselrolle bei der industriellen Transformation einnehmen

Redebeitrag des Abgeordneten Gerhard Liebscher (BÜNDNISGRÜNE) zur Aktuellen Debatte der Fraktion SPD zum Thema: „Für die Arbeitsplätze der Zukunft: kluge Investitionen und solide Finanzen“
68. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 16.03.2023, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete,

die Gestaltung der Arbeitswelt von morgen entscheidet sich ganz wesentlich an einer Frage: Gelingt es uns, die Transformation hin zu neuen Technologien in eine soziale und ökologische Marktwirtschaft einzubetten? Dienen uns neue Technologien als Schlüssel zur klimaneutralen Gesellschaft? Sind innovative Industrien auch mit innovativen Konzepten der sozialen Sicherheit gekoppelt?

Es gibt keinen Automatismus, der uns das garantiert.

Wir BÜNDNISGRÜNE fordern deshalb: Soziale und ökologische Rahmenbedingungen und zukunftsweisende Investition in die klimaneutrale Wirtschaft müssen Hand in Hand gehen.

Werte Kolleginnen und Kollegen,
der Inflation Reduction Act der US-Regierung sorgt aktuell für viel Wirbel: Die Biden-Regierung bewegt knapp 400 Milliarden, um die Transformation voranzutreiben. Sie investieren dabei explizit in amerikanische Souveränität.

Werte Damen und Herren,
zuallererst: Die entschiedene Beschleunigung der Transformation hin zur dekarbonisierten Wirtschaft in den USA ist ein wichtiger Schritt. Es ist der amerikanische Pfad zur Umsetzung der Pariser Klimaschutzziele.

Wir müssen den Weg nicht gut heißen, aber es ist der Weg, den unsere Partner einschlagen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Es ist an uns, den europäischen Weg zu gestalten. Denn wir arbeiten gemeinsam mit unseren Partnern an einem starken klimaneutralen Binnenmarkt.

Die richtige Antwort ist daher die europäische Antwort. Denn ja, wir können Abwanderung von Schlüsselindustrien verhindern. Wir können die Klimaindustrie zurückholen.

Die Kommission tut richtig daran, Steuervergünstigungen zu ermöglichen und Beihilferegelungen zu erleichtern, wenn das an echte sozial-ökologische Kriterien gekoppelt ist. Aber wir wollen kein innereuropäisches Wett-Subventionieren. Wir brauchen eine solidarische europäische Lösung. Das heißt, erleichterte Beihilferegelungen müssen durch einen gemeinsamen europäischen Souveränitätsfonds begleitet werden. Für diesen großen Wurf brauchen wir Europa! Die Summen, die jetzt hier in Europas Regionen aufgebracht werden müssen, um grüne Leitmärkte aufzubauen, stellen wir nicht und nimmer aus der Portokasse eines Bundeslandes.

Werte Damen und Herren,
Sachsen und Ostdeutschland können eine Schlüsselrolle bei der industriellen Transformation einnehmen. Ansiedlungen der Mikroelektronik und das Revival der Solarbranche sind namhafte Errungenschaften der jüngsten sächsischen Industriepolitik und auch der Wasserstoffhochlauf wird hier in Ostdeutschland regional vorangetrieben. Was ist unser Job hier in Sachsen, um das zu ermöglichen?

Die Voraussetzungen sind in jeder Studie nachzuschlagen: Wir brauchen ausreichend regenerative Energie und internationale Fachleute, die gerne hier leben, hier willkommen sind und den Standort wettbewerbsfähig halten. Wir brauchen eine klare Ausrichtung unsrer Wirtschafts- und Förderpolitik hin zur dekarbonisierten Kreislaufwirtschaft. Denn dorthin geht die Reise, diese Grundlagen werden international bei Investitionsentscheidungen und im Rahmen europäischer Finanzierungsmöglichkeiten an Wichtigkeit zunehmen. Und dort wollen wir als Standort Sachsen punkten. Wir machen hier im Freistaat die Grundlagenarbeit, zusammen mit Engagierten aus der Wirtschaft und Finanzbrache. Wir werden unsere sächsischen Unternehmen fit machen für diese große Transformation.

Werte Damen und Herren,
wir BÜNDNISGRÜNE sehen die Ansiedlung von Schlüsseltechnologien in vielerlei Hinsicht als Chance für Sachsen. Doch Ansiedlungen sind kein Selbstzweck.

Die Ansiedlung von Großindustrien erfordern Transparenz. Transparenz in Fragen der Finanzierung und der Finanzierungsbeteiligung mit öffentlichen Geldern. Transparenz in sozialen Fragen: Wie garantiert das Unternehmen faire Arbeitsstandards und Tarifbindung? Und wir fordern Transparenz in Fragen des Flächen-, Energie- und Wasserverbrauchs.

Denn der Aufbau von Leitmärkten hat immer dem Zweck zu dienen, die europäische, die sächsische sozial- ökologische Transformation zum Erfolg zu führen.

Vielen Dank!