Asyl und Migration – Čagalj Sejdi: Wir brauchen keine Angstmacherei und Hass, sondern gemeinsame Lösungen

Redebeitrag der Abgeordneten Petra Čagalj Sejdi (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Rückführung zur Chefsache machen“ (Drs 7/13270)
71. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 01.06.2023, TOP 10

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wieder einmal bedient die AfD übliche Thema: „Angst und Hass“. Ich habe es schon mehrfach in meinen Reden zu Anträgen und Debatten Ihrer Fraktion gesagt. Und ich wiederhole es auch hier noch einmal: Ihre Forderungen sind mit geltendem Recht nicht vereinbar.

Egal, ob es um eine Rückführungsoffensive, so wie im Antrag vorgeschlagen, um Grenzschließungen oder um Kürzung von Asylbewerberleistungen geht: Sie erwecken mit diesen unsinnigen Forderungen gegenüber den Bürger*innen dieses Landes den Anschein, dass sie realisierbar sind.

Sie binden den Bürger*innen dieses Landes einen Bären auf. Sie tragen bei zur Spaltung dieser Gesellschaft. Und sie schüren Hass und auch Gewalt. Sie verbreiten Lügen, auf Kosten von Menschenrechten, um sich und Ihre Partei zu profilieren.

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen,
das möchte ich an dieser Stelle auch deutlich sagen: Sie sind nicht die Einzigen, die diese widerliche „Das Boot ist voll-Rhetorik“ bemühen. Eine Rhetorik, die just in dem Moment angefangen hat, als aus den ukrainischen Geflüchteten Menschen aus Syrien und Afghanistan wurden.

Ich frage mich, wie Fraktionen in diesem Haus, die sich christlichen Werten wie Nächstenliebe verschrieben haben, das vertreten können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Menschen, die zu uns flüchten, haben ein Recht dazu und sie haben das Recht, einen Asylantrag zu stellen, und das Recht auf ein Verfahren und darauf, dass wir sie in dieser Zeit gut unterbringen und versorgen.

Die von ihnen verbreitet Panik, ist völlig aus der Luft gegriffen. Wir haben in der BRD ein Aufenthaltsrecht. Dieses regelt sehr genau, wer sich bei uns wie lange aufhalten kann.  Das Gesetz regelt auch, dass vollziehbar ausreisepflichtig nicht bedeutet, dass abgeschoben werden muss. Bei vielen Menschen bestehen – zurecht – rechtliche und faktische Hindernisse (Kinder, Partner, Krankheit, kein aufnehmender Staat,…). Menschen, die nicht abschoben werden können, leben hier mit einer Duldung. Sie haben somit ein Recht hier zu leben.

Ob Ihnen von der AfD das gefällt oder nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Grenzkontrollen verhindern nicht Flucht. Fluchtgründe liegen in den Herkunftsländern: Fluchtgründe sind Krieg, bewaffnete Konflikte, aber auch Hunger, Armut und Perspektivlosigkeit. Flucht wird mit Grenzkontrollen nur gefährlicher, tödlicher.

Die Einführung nationaler Grenzkontrollen stellt einen Verstoß gegen den uneingeschränkten Personenverkehr innerhalb der Europäischen Union dar. Ich und meine Fraktion, wir stehen zu den europäischen Werten. Grenzkontrollen in der EU lehnen wir strikt ab. Warum disktutiern wir nicht über wirklich umsetzbare Lösungen? Was wir in unseren Kommunen brauchen, ist die finanzielle Unterstützung, um die bestehenden Engpässe bei Unterbringung und Integration der Menschen aufzulösen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir BÜNDNISGRÜNE sind davon überzeugt, dass eine Neuausrichtung der Migrationspolitik nicht Rückführungspolitik heißen darf, sondern dass wir eine echte Willkommenspolitik brauchen. Wir werden uns nicht an Abschottung und der Abschaffung des Flüchtlingsschutzes beteiligen.

Ja, die Situation momentan ist nicht leicht. Die Kommunen stehen vor der großen Herausforderung, viele Menschen unterzubringen und zu integrieren. Doch ist Zuwanderung keine negative Herausforderung, sie bietet uns auch viele Chancen. Es ist kein Geheimnis, dass zu wenige junge Menschen die vorhandenen Arbeitsplätze besetzen. Laut dem Fachkräftemonitoring der sächsischen Industrie- und Handelskammern gibt es rund 100.000 freie Stellen im Freistaat. 60 Prozent der befragten Unternehmen haben vakante Stellen. Ohne Arbeitskräfte werden viele Unternehmen sterben oder abwandern.

Die Folgen sind doch offensichtlich. Wir brauchen Bevölkerungszuwachs, um auch weiterhin gut zusammen in Sachsen leben zu können.

Diese Probleme lösen wir nur mit Einwanderung. Und wir müssen Bedingungen schaffen, damit die Menschen, die zu uns kommen, tatsächlich hier leben wollen. Wir brauchen in Sachsen keinen Angstmacherei und keinen Hass, wir brauchen zielgerichtete Ideen und Vorschläge, um gemeinsam als Freistaat voranzugehen.