Ausbildungsoffensive Fachhochschule Meißen – Lippmann: Für eine bestmögliche Verwaltung braucht es die bestmögliche Ausbildung
Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung: „Gesetz zur Umsetzung der Ausbildungsoffensive an der Hochschule Meißen (FH) und Fortbildungszentrum“ (Drs 7/6655)
51. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 01.06.2022, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
das Gesetz über die Fachhochschule der Verwaltung des Freistaates dürft für viele Bürgerinnen und Bürger wahrscheinlich ein ähnliches Interesse wecken wie eine Lesung aus dem Berliner Telefonbuch. Vermittelt doch schon der Titel des Gesetzes die potenziell tödliche Kombination aus den Begriffen „Verwaltung“ und „Gesetz“.
Werte Kolleginnen und Kollegen, es ist an der Zeit abzuschalten, WENN Ihnen der Staat, in dem sie leben, schlicht egal ist.
Denn dieses Gesetz prägt unser Leben mehr, als wir es vielleicht wahrhaben wollen – zumindest deutlich mehr als jedes Hauptstadttelefonbuch. Wenn wir unseren Personalausweis verlängern, eine Versammlung anzeigen oder einen Bauantrag stellen, dann wollen wir, dass uns Menschen gegenübersitzen, die bestens ausgebildet sind, top motiviert sind und sich als Dienstleister der Bürgerinnen und Bürger verstehen.
Der Garant für bestmöglich ausgebildete Beamtinnen und Beamten ist eine gut ausgestattete und starke Verwaltungshochschule, deren Grundlage mit diesem Gesetz überabeitet wird, damit sie einen Schritt in Richtung Moderne und stärkere Eigenständigkeit unternehmen kann.
Dazu haben wir als Parlament einige bedeutende Änderungen zum Vorschlag der Staatsregierung gemacht, die deutlich zeigen: Wir haben den Anspruch, für eine bestmögliche Verwaltung die bestmögliche Ausbildung zu ermöglichen. Es geht um mehr als nur die Anpassung an neue Studiengänge. Es geht um mehr Eigenständigkeit, mehr Forschung und bessere Unterstützung für die Kommunen.
Dabei beinhaltet der ursprüngliche Gesetzentwurf der Staatsregierung bereits eine wesentliche Änderung, die gerade in den aktuellen Zeiten, in denen unsere Demokratie massiv bedroht wird, von erheblicher Bedeutung ist. Bislang sollten die Studierenden zu verantwortlichem Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat befähigt werden.
Die Neuformulierung zielt darauf, die Studierenden zu nachhaltigem und verantwortungsvollen Handeln zu befähigen. Darüber hinaus aber sollen sie lernen, für den freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat einzustehen. Sie werden also zu Staatsbediensteten ausgebildet, die sich nicht als Rädchen in einem übergeordneten Gefüge verstehen. Die Formulierung entwirft das Bild von Beamt*innen, die sich als Exponenten eines derart verfassten Staates verstehen. Beamtinnen und Beamten haben unparteiisch zu sein in ihrer Amtsausübung aber sie dürfen nicht neutral sein, wenn es darum geht, für unsere freiheitliche Demokratie einzustehen. Das muss einmal mehr Teil der Ausbildung einer jeden Beamtin und eines jeden Beamten der Verwaltung in Sachsen sein!
Neben der Integration eines modernen Leitbildes für die Studierenden liegt ein besonderer Fokus auf der Gewährleistung der verfassungsrechtlich verbürgten Wissenschaftsfreiheit. Sie findet sich sowohl in Art. 107 Absatz 2 der Sächsischen Verfassung als auch in Art. 5 Absatz 3 des Grundgesetzes. Sie muss auch auf organisatorischer Ebene durchschlagen.
Dabei zeichnet sich die Fachhochschule Meißen dadurch aus, dass sie sowohl staatliche als auch Selbstverwaltungsaufgaben zu erfüllen hat. Allerdings sind Entscheidungen im Hochschulbereich immer auch wissenschaftsrelevant. Deswegen müssen die Hochschullehrer*innen einen hinreichenden Einfluss auf diese Entscheidungen haben. Der Senat, in dem sie Stimmenmehrheit haben, sollte daher ein Vorschlagsrecht haben. Auch bei einer Abberufung muss das Gremium eingebunden werden. Hierzu braucht es allerdings zur Sicherung vor Missbrauch eine Zwei-Drittel Mehrheit.
Die Fachhochschule bekommt die Möglichkeit, mit Zustimmung des Staatsministeriums des Inneren, Drittmittel einzuwerben und Forschungsinstitute zu errichten. Auch dies ermöglicht eine Vertiefung einzelner Schwerpunkt, soweit ein öffentliches Interesse daran vorliegt.
Ein wichtiger Punkt verbirgt sich in einem vermeintlichen Detail. Wir ermöglichen zukünftig, dass Fortbildungen für kommunale Bedienstete dann kostenfrei sind, wenn diese im Interesse einer einheitlichen Rechtsfortbildung im Freistaat sind. Das kostet wenig, erreicht aber viel. Gerade in den vergangenen Monaten haben wir gesehen, was es für fundamentale Auswirkungen in das Vertrauen in den Rechtsstaat hat, wenn teils durch Schlampigkeit, teils durch Unkenntnis von Versammlungsbehörden die Verfassungsfeinde in diesem Land weiter Oberwasser bekommen. Jeder Euro in entsprechende Fortbildungen ist daher eine Investition in unseren freiheitlichen Rechtsstaat, die sich doppelt und dreifach auszahlen wird.
Wie Sie sehen, legen diese Änderungen das Fundament für eine moderne Fachhochschule und ein modernes Fortbildungszentrum in Meißen. Dadurch wird dafür gesorgt, dass der Freistaat weiterhin hervorragend qualifiziertes Personal zur Verfügung hat.
Ja, auch dieses Gesetz ist nicht der Abschluss meiner Gedanken für eine leistungsfähige und moderne Verwaltungshochschule. Tief in meinem Herzen rührt sich der Gedanke, wie schön es wäre, aus Meißen würde eines Tages eine Art deutsche ENA im positiven Sinne.
Dahin ist es noch ein weiter Weg, aber der Anfang ist mit diesem Gesetz gemacht. Daher bitte ich um Zustimmung.
Vielen Dank!