Datum: 02. Juni 2022

Aktuelle Debatte Corona-Impfung – Kuhfuß: Wir sollten weiterhin alles dafür tun, den Impfschutz auszubauen

Redebeitrag der Abgeordneten Kathleen Kuhfuß (BÜNDNISGRÜNE) zur Ersten Aktuellen Debatte der Fraktion AfD: „Impfen bis der Arzt kommt… Geschädigte unterstützen, Impfpflicht im Gesundheitswesen stoppen!“
52. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 02.06.2022, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die AfD und das Thema Impfen, Impfpflicht und Impfschäden – eine never-ending Story?

Seit Beginn der Corona-Pandemie habe ich dazu 20 Reden hier im Landtag gehalten. Wir haben viele Diskussionen im Ausschuss für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt geführt und konnten unsere Fragen in Anhörungen von Experten beantworten lassen. So ist die Mehrheit der Wissenschaftler einig, dass die Corona-Schutzimpfung gegen einen schweren Krankheitsverlauf schützt und damit eine mögliche intensivmedizinische Behandlung sowie letztendlich auch den Tod verhindert.

Impfnebenwirkungen sind gerade auch im Vergleich zu anderen Impfungen äußerst gering.

Dem Paul-Ehrlich-Institut wurden seit Beginn der Covid-19 Impfkampagne nach 0,02 Prozent der Impfungen schwerwiegende Verdachtsfälle gemeldet. Dies würde also eine von 5.000 geimpften Personen betreffen. In ganz Deutschland wurden 162 Millionen Corona-Impfungen verabreicht. Und seitdem wurden mehr als 1.200 Anträge auf staatliche Entschädigung wegen vermeintlicher Impfschäden gestellt, davon waren bis Mitte Januar 2022 18 bestätigt und bewilligt. Die Zahl der bisher bestätigten Fälle entspricht damit 0,00001 Prozent aller Impfungen.

Bevor wir auch beim 20. Mal noch was Neues erzählen, lassen Sie uns doch mal zurückschauen, denn die Geschichte des Impfens ist schon immer von Skeptikern und Fortschrittskritik begleitet.

Mit dem Kampf gegen die Pocken beginnt auch die Geschichte des Impfens. So gab es immer wieder Versuche, Pockenerkrankte zu immunisieren. Der Durchbruch gelang 1796, als der Arzt Edward Jenner einen Jungen mit Kuhpocken infizierte. Die Krankheitserreger wurden mit einem Schnitt in den Oberarm unter die Haut geritzt. Die deutsche Bevölkerung war äußerst skeptisch und Gerüchte, dass Impfstoffe Menschen verwandeln können, z.B. in Kühe, gingen um.

Jetzt isolieren wir heute keinen Kuhpockeneiter mehr und machen „try and error“-Versuche, sondern forschen, arbeiten evidenzbasiert und evaluieren Erfolge und Schäden.

Auch die Impfpflicht hat ihre Geschichte mit Pocken und Kühen begonnen, zuerst 1807 in Bayern eingeführt, folgte 1874 das gesamte Deutsche Reich.

Dass die Impfung wirksam war, zeigt, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO 1979 die Pocken als ausgerottet erklärte und die Impfpflicht aufgehoben werden konnte.

Ohne Impfung wäre das nicht vorstellbar gewesen.

Mit den einzelnen regionalen Ausbrüchen der Affenpocken geht der Blick sofort wieder zu dieser Impfung und die damit verbundenen Chancen.

Denn Impfen ist Fortschritt, Impfen rettet leben und daher ja, Impfen ist sinnvoll für alle, die keine Kontraindiktion haben – und ganz besonders dort, wo vulnerable Gruppen leben.

Zurück ins Jahr 2022 und zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht: Diese ist am 19. Mai vom Bundesverfassungsgericht als rechtens erklärt worden. Und hier wiederhole ich mich gern nochmal aus meiner Rede vom Sonderplenum am 25.04.2022:

Sachsen ist eines der ältesten Bundesländer und ich mache mir nach wie vor Sorgen um die vielen ungeimpften Seniorinnen und Senioren hier. Denn das Risiko einer schweren Erkrankung steigt mit dem Alter. Wir sollten deshalb weiterhin alles dafür tun, den Impfschutz auszubauen. Es enttäuscht mich, dass die Unionsparteien im Bundestag nicht einmal die Impfpflicht ab 60 Jahren mittragen konnten.

Das wäre ein gesunder Kompromiss gewesen.

Liebe Kolleg*innen,

ich weiß ja nicht, wie sie sich bei der Aktuellen Debatte so vorkommen? Ich sehe den Erkenntnisgewinn nicht, wenn immer und immer wieder die gleichen Halbwahrheiten, Unterstellungen und Verschwörungsgedanken vorgebracht werden.

Die AfD-Fraktion hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte immer und immer wieder zu erzählen – in der Annahme, sie wird damit wahrer. Wird sie aber nicht!

Erst am 11. April 2022 hat die Bundesregierung erklärt, dass mehrere Sicherheitsstudien zur Verträglichkeit der Impfstoffe laufen. Die Studien werden vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) federführend betreut oder selbst durchgeführt.

Jeder Impfschaden wird durch das Versorgungsamt gemäß dem Bundesversorgungsgesetz geprüft, die kommunalen Gesundheitsämter leisten Hilfestellung bei der Einleitung des Entschädigungsverfahrens.

Ein Impfschaden wird frühestens sechs Monate nach der Impfung festgestellt, wenn gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen mit größerem Ausmaß vorliegen. Impfschäden unterscheiden sich von Impfreaktionen, die eine erwartete Reaktion darstellen, z.B. Kopfschmerzen oder Fieber, und Impfkomplikationen, die unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind. Diese sind extrem selten, aber nie ganz auszuschließen.

Die AfD hat sich am Thema Corona festgebissen, weil es für sie nichts Besseres zu erzählen gibt. Beachtlich ist dabei die Ambivalenz in den letzten zwei Jahren. Sie reicht vom Einsetzen eines Notparlaments bis zum Freedom Day. Wenn man keinen Kurs hat, dann segelt man halt immer im Wind.

Als Spitzenreiter bei der Sterberate mit 0,8 Prozent, dagegen Bremen mit 0,27 Prozent und 15.000 Sterbefällen. Im Kontext Corona ist das aber nicht lustig, sondern Tod bringend. Eine Partei, die mit dem Leben, insbesondere älterer Menschen spielt, ist nicht in der Lage, Verantwortung zu übernehmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!