Datum: 20. Dezember 2022

Doppelhaushalt 2023/24 Wirtschaft und Verkehr – Liebscher: Wir können uns aus dieser Krise als Gesellschaft nur heraus investieren 

Redebeitrag des Abgeordneten Gerhard Liebscher (BÜNDNISGRÜNE) zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung „Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die Haushaltsjahre 2023 und 2024 (Haushaltsgesetz 2023/2024 – HG 2023/24)“ Drs 7/10575 – mit Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drs 7/11501

64. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Dienstag, 20.12.2022, TOP 1.11 Einzelplan 07 Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
werte Kolleginnen und Kollegen,

wir beraten heute den Einzelplan des sächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Mitten einer Energiekrise, einem Energiekrieg, der unsere Wirtschaft und Gesellschaft aufgrund der jahrzehntelang aufgebauten energetischen Abhängigkeit auf eine harte Probe stellt.
Auch als Freistaat tragen wir hier, gemeinsam mit dem Bund, Verantwortung in dieser Krise: Wir setzen mit diesem Haushalt ein deutliches Signal: Wir können uns aus dieser Krise als Gesellschaft nur heraus investieren. 

Wir können die unabhängige Versorgung unserer sächsischen Unternehmen nur durch einen umfassenden Umbau unseres Energiesystems erreichen. Daher investieren wir in den Ausbau von Wasserstoffinfrastruktur im Land, Hand in Hand mit dem Bund. Wir treiben den Systemwechsel zur unabhängigen Nutzung erneuerbarer Energie in der sächsischen Wirtschaft zügig voran. 

Wir werden unsere kleinteilige sächsische Wirtschaftsstruktur durch Begleitung in der Transformation zukunftssicher machen. Wir stärken mit diesem Doppelhaushalt die Investitionen sächsischer Unternehmen durch die Programme für regionales Wachstum. Wir setzen mit Landesmitteln einen Fokus auf das regionale Wirtschaften, fördern kleine Unternehmen und kurze Wege.

Die tragende Rolle des sächsischen Handwerks ist in besonderer Weise wertzuschätzen. Denn Handwerkerinnen und Handwerker sind es, die die Energie der Zukunft erst in unsere Häuser holen. Es ist darum ein Herzensprojekt der Koalition, das uns nun gelingt: Die Mittel für den Meisterbonus zu erhöhen.

Fachkräftesicherung, werte Kolleginnen und Kollegen, ist das Gebot der Stunde. Wir bauen das Engagement des Freistaats weiter aus. Wir heißen die Menschen willkommen und wir unterstützen sie bei der Arbeitssuche und Integration. Wir geben Orientierung und beraten Unternehmen. Das ist uns wichtig und das ist richtig. Auch darin sind wir uns einig mit Unternehmerinnen und Unternehmern in diesem Land: Fremdenfeindlichkeit und Argwohn sind die ärgsten Feinde der Fachkräftesicherung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen als BÜNDNISGRÜNE dafür, dass öffentliche Gelder ausschließlich zum Wohle der Gesellschaft eingesetzt werden. Und wenn wir von Gesellschaft sprechen, dann sprechen wir auch von der nächsten Generation.

Der Freistaat wird daher im kommenden Haushalt Beratungsstrukturen etablieren, um das öffentliche Beschaffungswesen nachhaltig zu gestalten. Wir unterstützen damit direkt die Vergabestellen in Land und Kommunen.

Werte Kolleginnen und Kollegen,

aber auch für den Mobilitätssektor ist die Angriffskrieg auf die Ukraine, nach der Pandemie, eine enorme Herausforderung, die der Branche keine Erholung gönnt. Die Verkehrswende im Spannungsfeld mit den Preissteigerungen der Rohstoff-, Energie-, Personal- und Baukosten dennoch voranzubringen, ist die Herausforderung dieser Stunde.

Dass Not erfinderisch macht und die daraus erwachsenen Innovationen, trotz Krise, zu wesentlichen Verbesserungen führen können, zeigte das 9-Euro-Ticket und bald auch das Deutschlandticket. Eine kleine Revolution des Nahverkehrs. Wer, meine Damen und Herren, hätte an solch ein Produkt vor einem Jahr geglaubt?

Es ist gut, dass sich Bund und Länder endlich auf die auskömmliche Finanzierung des Deutschlandtickets einigen konnten. Auch dafür legen wir heute mit dem Einzelplan 07 die Grundlagen.

Auch wenn das Deutschlandticket den ÖPNV in Deutschland und Sachsen auf den Kopf stellen wird, wird das sächsische Bildungsticket absehbar ein wichtiges Angebot für die Schüler*innen im Freistaat bleiben – und jetzt neu, auch für die 6.300 sächsischen Freiwilligendienstleistenden werden. So wertschätzen wir den wertvollen Einsatz für unsere Gesellschaft und machen ihn attraktiver.

Aber nicht nur diese Verabredung des Koalitionsvertrages ist im Haushalt abgebildet, sondern auch das Plusbus-Taktbus-Angebot, die sächsische Mobilitätsgesellschaft und die Einführung des Sachsentarifs. Letzterer besitzt auch nach der Einführung des Deutschlandtickets hohe Relevanz. Von der Sächsischen Mobilitätsgesellschaft erhoffen wir uns, dass mehr Menschen in Bus und Bahn umsteigen.

Um die aktuellen Kostensteigerungen aufzufangen und gleichzeitig im Sinne der Verkehrswende die CleanVehicleDirektive der EU umzusetzen und den Anteil der emissionsarmen Fahrzeuge zu erhöhen, stocken wir das ÖPNV-Landesinvestitionsprogramm für die Kommunen auf. Mit zusätzlichen Mitteln für die Planung der Streckenreaktivierungen schaffen wir jetzt die Voraussetzungen für die Fördermittelakquise beim Bund und die mittelfristige Wiederinbetriebnahme wichtiger Schienenverbindungen. Dabei sind uns die Strecken des Basisgutachtens Meißen – Döbeln, Löbau – Ebersbach inkl. Oberoderwitz – Niedercunnersdorf, Marienberg – Pockau-Lengefeld, Brandis – Trebsen – Beucha sowie die Muldentalbahn von besonderer Bedeutung.

Insgesamt investieren wir als sächsische Koalitionsfraktionen rund 7 Millionen Euro in den Haushaltsjahren 23/24 zusätzlich in ÖPNV und Bahn und wir machen bis 2027 den Weg frei für weitere 10 Millionen Euro.

Sehr verehrten Damen und Herren,

nachhaltige Mobilität ist neben ÖPNV und SPNV auch Rad- und Fußverkehr. Wenngleich der Haushaltsentwurf die Mittelansätze für den Radverkehr nahezu verstetigte, ist uns ein nochmaliger Schub für den Radverkehr wichtig. Nicht nur die kommunale Förderung erhöhen wir, sondern auch die Personalkapazitäten sowie die Mittel für Planung und Bau von Radwegen an Staatsstraßen. Die wichtige Arbeit des Wegebundes zur Förderung des Rad- und Fußverkehrs verstetigen wir und schaffen gleichzeitig die Voraussetzungen für die Förderung des Stadtradelns. Da wir den Peak der Lastenradförderung noch nicht erreicht sehen, stocken wir ferner die Mittel auf das Vorjahresniveau auf. Rund 9 Millionen Euro umfassen Haushaltsänderungen im Radverkehr bis 2027.

Zu guter Letzt bin ich sehr froh, dass die Nachpflanzung von Straßenbäumen monetären Eingang in den Haushalt 2023/24 findet, um den steten Rückgang des straßenbegleitenden Großgrüns zielgerichtet zu stoppen.

Werte Damen und Herren,
Hindernisse machen stark – und dieser Haushalt zeigt die Stärke der Zusammenarbeit von drei sehr unterschiedlichen Koalitionspartnern: Wirtschaftliche Vernunft, das Wohl folgender Generationen zum Ziel und die Stärkung sozialer Teilhabe führen uns auf einem soliden Pfad: Ich bedanke mich für die konstruktive Zusammenarbeit und werbe für Ihre Zustimmung zum Einzelplan.