Gendern in Schulen – Hammecke: Schulen können und sollen offen für Vielfalt und unterschiedliche Meinungen sein
Redebeitrag der Abgeordneten Lucie Hammecke (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Vorsicht! Genderwahn im Stundenplan – Klares NEIN zur rot-grünen Ideologie in Kinderköpfen“ (Drs 7/13020)
71. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 31.05.2023, TOP 10
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
schon mit ihrem Lehrerpranger ist die AfD gescheitert. Ein klarer Flop. Jetzt versuchen sie es mit einer rechtspopulistischen und queerfeindlichen Plakatkampagne. Ich bin mir sicher, es wird wieder ein Flop. Es ist nicht das erste Mal, dass Sie mit diesem Thema provozieren wollen. Haben Sie keine ernstzunehmenden Sorgen?
Wir könnten und sollten über so viele wichtige Schulthemen reden, da gibt mir meine Kollegin Christin Melcher sicher recht: Mangel an Lehrkräften, Digitalisierung oder wie sieht eigentlich Schule in Sachsen 2030 aus? Hierzu gibt es gerade ein spannendes Beteiligungsformat des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zum „Bildungsland 2030“. Oder auch das Thema Diskriminierung an Schulen. Denn diese existiert. Die Lebenslagenstudie hat es gezeigt: Schule ist ein Ort, an dem queere Jugendliche Diskriminierung erleben. Aber nein, die AfD nutzt ihre Plenarzeit lieber für das, was sie besonders gut kann: Hass und Hetze. Dabei trifft sie auf breite Ablehnung.
Der Landesschülerrat hat sich zur Kampagne der AfD auch mit sehr klaren Worten geäußert. Dort heißt es:
- „Schulen müssen diskriminierungsfreie Räume sein“
- „Alle Schüler*innen haben ein Recht, frei von Diskriminierung und Benachteiligung zu lernen“
- „Die angekündigte Kampagne der AfD ist der Versuch, Schulen gezielt unter Druck zu setzen und in den Raum Schule einzudringen. Der Landesschülerrat steht hinter allen, gegen die sich solche Diskriminierungsversuche richten.“
Dem können wir als BÜNDNSISGRÜNE-Fraktion nur zustimmen! Der Antrag ist so populistisch und unfachlich, dass mir nahezu die Worte fehlen. Deshalb vielleicht eine Feststellung, die ich immer und immer und immer wieder treffen muss:
Die Angst vor geschlechtlicher Vielfalt sitzt bei der AfD offenbar tief. Sie versucht – wieder einmal – das traditionelle Familienbild als einzig zulässiges zu propagieren. Damit negiert sie die Vielfalt von Lebensentwürfen, die hier in Sachsen bereits existieren.
Weniger Sexualpädagogik bedeutet nicht mehr Kinderschutz – im Gegenteil. Diese Formel der AfD ist falsch und gefährlich. Sexualerziehung ist ein wichtiger Bestandteil der Sozialerziehung und der Persönlichkeitsbildung. Sie lehrt den Kindern, auch eigene Grenzen zu erkennen.
Schulen können und sollen offen für Vielfalt und unterschiedliche Meinungen sein. Und anstatt Fachkräfte in Schulen und Kitas zu unterstützen, sät die AfD Misstrauen gegenüber ihrer wertvollen Arbeit.
Außerdem kann ich mich der Antwort des Kultusministeriums nur anschließen: Für eine Einstellung des Projekts „Schule der Vielfalt“ fehlt jedwede Rechtsgrundlage. Zudem widerspräche ein solches Vorgehen dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2017. Aber mit dem Vorlegen von verfassungsgemäßen Anträgen oder Gesetzesentwürfen hat ihre Fraktion es ja eh nicht so.
Vergangene Woche warnte übrigens die erste lesbische Verfassungsrichterin Susanne Bär in ihrer Abschiedsrede vor zunehmender Queerfeindlichkeit: „Die Vorurteile sind wieder da und nicht nur von rechts außen.“
Erst kürzlich waren ich und meine Kolleg*innen aus der Koalition im Gespräch mit den queeren Trägern aus Sachsen, Rosa Linde, Gerede e.V. und different people. Sie berichteten zwei Punkte: Die Nachfrage von Schulen nach Schulungen und Unterstützung wächst kontinuierlich. Man WILL sich dort mit dem Thema auseinandersetzen. Aber auch von der traurigen Wahrheit, dass mit mehr Sichtbarkeit die Anfeindungen wachsen!
Und das ist Ihr Werk! Minderheitenschutz gilt bei der AfD nichts. Die AfD fürchtet lieber um ihren schönen Sonntagskrimi und „genderfluide Komissare“, wie sie es auf der Homepage schreibt.
Ich möchte an dieser Stelle gern auf die eingerichtete Ombudsstelle beim Kultusministerium hinweisen, an die sich Schulen, Eltern oder auch Schüler*innen wenden können, wenn sie Diskriminierung an Schulen erfahren. Ich freue mich, dass wir als Koalition diese Stelle geschaffen haben.
Etwas Faktenreiches finde ich dann doch noch auf der vermeintlichen Kampagnenseite der AfD: Sie benutzt einen Screenshot zum Flaggenlexikon des CSD. Das nutze ich gern, um an dieser Stelle Werbung für die gerade startende CSD-Saison zu machen. Der Christopher Street Day sind deutschlandweit jährlich durchgeführte Demonstrationen für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Intersexuellen und queeren Menschen.
Dazu ein paar Daten: Am 10 Juni in Dresden, am 8 Juli in Pirna, am 15. Juli in Leipzig und am 2. September in Zwickau. Ich wünsche allen eine schöne Pride Saison. Lasst uns die Vielfalt zeigen, lasst uns zahlreich auf die Straße gehen, denn wir sind viele!