Haushaltsbegleitgesetz – Schubert: Wir vollziehen einen Richtungswechsel – für unsere Umwelt, unsere Demokratie und unsere Kinder
Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert (BÜNDNISGRÜNE) zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung „Gesetz begleitender Regelungen zum Doppelhaushalt 2023/24 (Haushaltsbegleitgesetz 2023/24 – HBG 2023/24)“ Drs 7/10574 – mit Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drs 7/11500
64. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Dienstag, 20.12.2022, TOP 2
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
das Haushaltsbegleitgesetz schafft das rechtliche Fundament für die von mir gestern schon skizzierten Richtungswechsel. Bisher liegt der Freistaat beim Windkraftausbau auf den letzten Plätzen in der Bundesrepublik und ist damit abhängig von fossilen Energieträgern und -importen. Dem werden wir zukünftig deutlich stärker entgegenwirken als bisher. Die Finanzierung wird flankiert von Anpassungen im Landesplanungsgesetz und der Sächsischen Bauordnung. Wir bekennen uns zum 2-Prozent-Ziel des Bundes für den Windkraftausbau und wollen das Ziel bereits bis Ende 2027 umsetzen – früher als die bundesgesetzliche Vorgabe. Bis zur Flächenausweisung bleiben wir aber nicht untätig: Die Flexibilisierungsoption gibt den Kommunen die Möglichkeit, eigenständig auf ihren Flächen Windprojekte zu planen. Dieser Paradigmenwechsel in der sächsischen Landesflächenplanung ist nicht nur ein Motor für den Ausbau erneuerbarer Energien, sondern stärkt vor allem die kommunale Eigenverantwortung und damit erneut die unmittelbaren Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort.
Es geht aber nicht nur um Klimaschutz allein, sondern auch um die Anpassung an den Klimawandel in Städten und Gemeinden. Denn der Klimawandel verursacht Kosten in den Kommunen und darum wird jede Investition in Anpassung und Vorsorge jetzt in die kommunalen Haushalte zukünftig wirken. Das Gesetz über das Kommunale Energie- und Klimabudget baut auf dem Gedanken auf, dass man vor Ort oft am besten weiß, was gebraucht wird, und dass die Verwirklichung eigener Ideen eben auch finanzielle, bürokratiearme Unterstützung von Landesseite braucht. Darum erhalten die Landkreise und kreisfreien Städte pro Jahr je eine Million Euro. Es gibt Modellkommunen in ganz Deutschland, die den Klimaschutz und die Energiewende sehr planvoll in ihrem kommunalen Alltag verankert haben. Investitionen in Klimaanpassung bedeuten, vor Ort unabhängiger zu werden und Einnahmen zu generieren, die dann zum Gemeinwohl eingesetzt werden können. Ein Beispiel dafür sind Kitas: Werden diese energieautark und mit Erneuerbaren Energien gebaut oder umgebaut, dann können Elternbeiträge stabilisiert oder sogar gesenkt werden. Möglich sind auch Bürgerbeteiligungen an Windparks, wie sie das Bundesverfassungsgericht erst dieses Jahr für Mecklenburg-Vorpommern bestätigt hat. Hier liegt also ein großes Potenzial, und wir freuen uns, die Kommunen im Freistaat finanziell unterstützen zu können. Das Verfahren wird sehr einfach sein in Form einer Zuweisung; das haben wir gemeinsam mit dem Städte- und Gemeindetag entwickelt.
Doch nicht nur der Ausbau der erneuerbaren Energien ist für die Kommunen wichtig. Wir wissen auch, dass lokale Medienanbieter gestärkt werden müssen, die unerlässlich für die Berichterstattung vor Ort sind. Mit der Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes sorgen wir dafür, Medienvielfalt zu erhalten, auszubauen und zu stärken. Durch die nun mögliche staatsferne Förderung durch die Sächsische Landesmedienanstalt erhalten kommerzielle Lokalfernseh- und Radioanbieter einen Ausgleich für fehlende Werbeeinnahmen, und nicht kommerzielle Anbieter die Möglichkeit, ein digitales Angebot und ein landesweites Programm mit lokalen Beiträgen aufzubauen. Darüber hinaus werden – unabhängig von der Plattform – innovative Formate und Modelle unterstützt. Dabei handelt es sich um einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer umfangreichen und grundsätzlichen Überarbeitung im Bereich des Privatrundfunks, die wir nächstes Jahr vornehmen werden.
Wir unterstützen jedoch nicht ausschließlich Kommunen, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger selbst beim Klimaschutz im Alltag. Bereits mit dem letzten Doppelhaushalt haben wir den Sächsischen Klimafonds eingerichtet, der ab kommendem Jahr unter anderem den Ausbau Erneuerbarer Energien, Speicherförderung, die Ausweitung des Reparaturbonus auf Gesamtsachsen oder die Anschaffung von sogenannte Balkonkraftwerken für Privathaushalte unterstützen wird. Auch Unternehmen werden die Möglichkeit haben, Maßnahmen zur Verbesserung der Energie- und Ressourceneffizienz sowie zum Einsatz wassersparender Technik zu finanzieren. Das Gesetz wird an diese Anforderungen entsprechend angepasst.
Uns ist bewusst, dass all diese Anpassungen noch immer nicht der Weisheit letzter Schluss sind, und dass wir auf dem Weg zu einem klimaneutralen Freistaat noch einiges an Strecke werden zurücklegen müssen. Doch die ersten wichtigen Schritte sind getan. Das gilt auch für die Wasserentnahmeabgabe: Damit wird der verantwortungsvolle Umgang mit dieser wertvollen natürlichen Ressource gefördert und die Verursacher gestörter Wasserhaushalte endlich sachgerecht herangezogen. Gleichzeitig haben wir Befreiungstatbestände eingeführt, da waren sich die Koalitionsfraktionen einig. Heilquellen, Besucher- und Schaubergwerke bleiben ausgenommen. Dass Braunkohletagebaue erst ab 2026 abgabepflichtig sind, ist ein Kompromiss, der sich herleitet aus der Verpflichtung der Braunkohletagebaubetreiber für die Renaturierung der Braunkohlefolgeflächen, für die sie entsprechende Leistungsfähigkeit sicherstellen müssen. Man kann also nur meckern über die Jahreszahl 2026, Herr Kollege Böhme, oder man kann anerkennen, dass es überhaupt gelungen ist; dass es zweckgebunden für die Wasserversorgung eingesetzt wird; und schlussendlich der Aspekt der Renaturierung auch bedacht wurde.
So zeigt das Gesetz begleitender Regelungen zum Doppelhaushalt 2023/24 eine Handschrift, die die beschriebenen Richtungswechsel in Gesetz gießt und der unsere Verantwortung ernst nimmt: Für unsere Umwelt, unsere Mitwelt, unsere Demokratie und unsere Kinder und Kindeskinder.