Datum: 02. Mai 2024

Hinweisgebermeldestellen – Lippmann: Baustein auf dem Weg hin zu mehr Transparenz und einer besseren Fehlerkultur

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung: „Sächsisches Hinweisgebermeldestellengesetz (SächsHinMeldG)“ Drs 7/15882

87. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag 02.05.2024, TOP 8

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,
eine moderne Demokratie braucht eine moderne Fehlerkultur, denn die unterscheidet sich von Autokratien und despotischen Systemen auch in ihrem Umgang mit Fehlern.

Namen wie Edward Snowden, Chelsea Manning oder auch Julian Assange eigentlich jedem ein Begriff. Und so sehr ihre Informationen von der Öffentlichkeit goutiert wurden, sie alle waren deswegen auch staatlichen Repressalien ausgesetzt, obwohl sie größtenteils nicht aus Eigennutz handelten, sondern um die Werte der Demokratie zu verteidigen.

Seit vielen Jahren wird daher die Debatte geführt, wie der Staat Menschen schützt, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über erhebliche Verstöße erlangt haben. Der staatliche Schutz des Geheimnisverrats klingt sehr paradox und ist doch eben elementar für die Selbstkorrekturmöglichkeiten in der Demokratie.

Meine Fraktion hat in der vergangenen Legislaturperiode einen Vorschlag für ein Hinweisgeberschutzgesetz unterbreitet, leider ohne Erfolg. Umso mehr freuen wir uns jetzt darüber, dass wir durch die Umsetzung von EU-Recht in die Lage versetzt werden, Hinweisgeber auch in Sachsen besser zu schützen. Die EU-Richtlinie ist ein großer Schritt für die Demokratie, für die Meinungsfreiheit, den Journalismus und eine progressive Fehlerkultur. Künftig sollen Hinweisgeber geschützt werden, wenn sie diese an die Meldestellen melden oder offenlegen. Denn im beruflichen Zusammenhang nimmt man häufig als erstes eine Gefährdung oder Schädigung des öffentlichen Interesses wahr – und schreckt gleichzeitig am ehesten vor einer Meldung zurück. Aus Angst vor Repressalien.

Daher ist Schutz von Whistleblower*innen nicht allein im individuellen Interesse der Betroffenen, sondern birgt einen gesellschaftlichen und gegebenenfalls auch ökonomischen Mehrwert. Unternehmen können Fehler bereinigen, bevor sie zu einem Skandal werden. Und die demokratische Öffentlichkeit hat die Möglichkeit, davon zu erfahren, wenn Fehler nicht behoben werden. Kurzum: Ich halte diese Verordnung für einen Meilenstein in der Europäischen Union.

Weil wegen Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 Grundgesetz Gemeinden und Gemeindeverbänden keine Aufgaben durch ein Bundesgesetz übertragen werden dürfen, erfolgte die Umsetzung des Bundesgesetzes ohne Verpflichtung der Kommunen.

Das Sächsische Hinweisgeberstellenmeldegesetz soll diese Lücke nun schließen und verpflichtet Gemeinden, Landkreise und Verwaltungsverbände mit mindestens 10.000 Einwohner*innen und mindestens 50 Beschäftigten zur Einrichtung interner Meldestellen. Die gleiche Verpflichtung trifft kommunale Beschäftigungsgeber mit mindestens 50 Beschäftigten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
es ist kein Geheimnis, dass wir BÜNDNISGRÜNE uns bei diesem Gesetz auch weitergehende Verpflichtungen zur Einrichtung und zum Betrieb von internen Meldestellen hätten vorstellen können – diese beispielsweise an die Hauptamtlichkeit des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin zu knüpfen.

Denn gerade im Bereich der kommunalen Aufgabenerfüllung finden sich viele sensible Bereiche, die für das Gemeinwohl unerlässlich sind. Das gilt für den Datenschutz, aber auch für korruptionsfreie Vergabeverfahren. Es gilt aber auch für die Sicherheit in der Informationstechnik – wir alle erinnern uns daran, was passiert, wenn das IT-System eines Landkreises lahmgelegt wird. Ein internes „Alarmsystem“ kann helfen, Schaden von der Gemeinde und ihren Einwohner*innen abzuwenden, bevor er entsteht. Doch auch wenn es noch einiges an ungenutztem Potenzial gibt, ist dieser Gesetzentwurf ein Baustein auf dem Weg hin zu mehr Transparenz und einer besseren Fehlerkultur. Und damit eine Chance für mehr Vertrauen in unsere staatlichen Institutionen.

Vielen Dank.