Datum: 02. Juni 2022

Innovation/Gründungsförderung – Liebscher: Menschen mit allen sozialen Hintergründen müssen die Möglichkeit haben, ihr Unternehmen aufzubauen

Redebeitrag des Abgeordneten Gerhard Liebscher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktionen CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD: „Wirtschaftliche Attraktivität des Standorts Sachsen stärken – Innovation, Gründung und Transfer zukunftsfest gestalten“ (Drs 7/9874)
52. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 02.06.2022, TOP 5

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete,

Sachsens Innovationsförderung braucht sich im Bundesvergleich nicht verstecken. Investitionen in Forschung und Entwicklung liegen hier bei drei Prozent des BIP – entsprechend unseren Landesfinanzen, selbstverständlich. Wir haben herausragende Forschungsinstitute und schmücken uns mit stetig steigenden Ausgaben in der Technologieförderung.

Aber wir sehen auch, dass Sachsen bei der Standortwahl im bundesweiten Vergleich des StartUp Monitors 2021 nur auf Platz 8 landet. Um unser Potenzial flächendeckend auszuschöpfen, müssen wir also noch ganz schon ranklotzen!

Was ist also zu tun?

Der Antrag macht den Aufschlag, unser Gründungs-Ökosystem in Sachsen zu modernisieren und zu stärken. Dafür soll die Unternehmensgründungsstrategie umfangreich erneuert sowie eine Transferstrategie angeschlossen werden.

Das sächsische Gründungsgeschehen soll analysiert, staatliche Fördermodelle evaluiert und der Anschluss an Bundesprogramme verbessert werden. Zudem setzen wir mit diesem Antrag Schwerpunkte zur Erneuerung der Gründungsförderung aus europäischen Mitteln – im Zusammenspiel von ESF+, JTF und EFRE, die derzeit überarbeitet wird.

Werte Damen und Herren,

ja, StartUps sind sexy, auch BÜNDSNISGRÜNE lieben StartUps, das kann ich nicht leugnen. Wir wollen innovative Gründungen im Freistaat anziehen. Das erfordert die Etablierung zeitgemäßer Finanzierungsmodelle, der Anreizung von Venture Capital für StartUps. Und auch die Zusammenarbeit mit Akzeleratoren braucht eine Frischzellenkur.

Aber – und das gehört zum Gesamtbild auch dazu: BÜNDNISGRÜNE finden auch Existenzgründungen von Handwerk und Dienstleistung äußerst sexy! Kleine Unternehmen charakterisieren unser Land. Sie sichern Ausbildung, leisten Integrationsarbeit, bespielen regionale Wertschöpfung.

Sie sind es, deren Mithilfe und Partnerschaft wir für die Umsetzung der Transformation so dringend brauchen. Sie bringen die Solarpaneele aufs Dach, sie sanieren unsere Häuser, sie reparieren unsere Rohre.

Was wir als BÜNDNISGRÜNE daher vor allem erzielen wollen, ist es, die Förderung neuer Geschäftsideen diverser aufzustellen! Wir wollen, dass hier eine Gründungslandschaft prosperieren kann, die ein breites Spektrum von Branchen und regionalen Spezifika abdeckt.

Denn unsere regionalen Gegebenheiten beeinflussen die Unternehmensformen, die vor Ort entstehen. Während die technologische Forschung große Strahlkraft in den Ballungsräumen entwickelt, bieten die Regionen Chancen durch Freiraum und günstige Lebensbedingungen. Wir legen daher als BÜNDNISGRÜNE Wert auf die Förderung der regionalen Verteilung von Gründungen. Etablierte Landesmaßnahmen, wie das Gründungsstipendium InnoStartBonus, soll verstärkt die regionale Breite von Existenzgründungen ansprechen.

Was wir als BÜNDNISGRÜNE in dieser Koalition nicht erreichen konnten, ist unsere Forderung, mit einer Meistergründungsprämie den Weg ins eigene Unternehmen zu sichern. Dafür werden wir weiter werben. Denn es ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, auch der volkswirtschaftlichen Ratio: Menschen mit allen sozialen Hintergründen müssen die Möglichkeit haben, ihr Unternehmen aufzubauen.

Ein weiteres Kernanliegen BÜNDNISGRÜNER Politik wird im Rahmen dieses Antrags relevant: Die Förderung von Gründerinnen wird weiter ausgebaut. Frauen gründen noch immer weit weniger als Männer. Das liegt zum einen an strukturellen Voraussetzungen, zum anderen aber auch an dem Bedarf branchenbezogener Diversität der Gründungsförderung.

Wir wollen einerseits strukturell den Weg ebnen, mehr Entwicklerinnen technologische Gründungen zu ermöglichen. Gleichzeitig aber wollen wir die Förderlandschaft in Sachsen so aufstellen, dass sie die Bedarfe weiblichen Gründungsverhaltens reflektiert. So verzeichnen wir überdurchschnittlich mehr Gründerinnen in sozialen und ökologischen Feldern. Entsprechend ist im Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung das ESF+ Förderprogramm zur Gründerinnenförderung in Arbeit.

Wie ich gestern bereits ausführlich dargelegt habe, liegt uns BÜNDNISGRÜNEN auch im Bereich der Unternehmensgründung die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle am Herzen. Es ist bereits durchgesickert, aber ich will es Ihnen heute verraten: Ökologische Nachhaltigkeit gereicht zum Wettbewerbsvorteil. Ja, ich möchte sagen, inzwischen zählt sie zu einer Kernvoraussetzung des unternehmerischen Erfolgs.

Auch das Einspielen von Krediten und Fördermitteln ist davon abhängig, ob ein Unternehmenskonzept zukunftsfähig ist. Und zukunftsfähig heißt: Wir produzieren klimaneutral und setzen auf Kreislaufwirtschaft.

Aber ich möchte Ihnen ein weiteres Anliegen verraten, das mir sehr am Herzen liegt: Wir müssen von unseren innovativen Unternehmen und StartUps auch eins verlangen: Faire Arbeitsbedingungen von Anfang an! Hip sein wie Musk allein reicht uns BÜNDNISGRÜNEN nicht aus. Wir verlangen von unseren Unternehmen auch soziale Arbeitsbedingungen und Tarifbindung.

Wirtschaftsförderrichtlinien des Landes sind entsprechend an Kriterien der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit zu binden. Das haben wir bereits im vergangenen Haushaltsverfahren beschlossen und darauf werden wir bestehen.

Neben den Maßnahmen, die wir hier im Antrag beraten, um europäische Gelder und Landesstrukturen neu aufzustellen, wollen wir auch das Mittel der öffentlichen Vergabe nutzen, um gezielt Innovationen ermöglichen und anzureizen. Auch hier: gekoppelt an soziale und ökologische Kriterien.

In diesem Sinne: Die Gründungsförderung ist ein weites Feld und wir freuen uns auf weitere Zusammenarbeit.

Wir stimmen dem Antrag zu.