Datum: 15. März 2023

Landeserziehungsgeld – Hammecke: Teilhabe von Kindern an Bildung in Kita ist Grundlage für Bildungs- und Chancengerechtigkeit

Redebeitrag der Abgeordneten Lucie Hammecke (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktion AfD: „Viertes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Landeserziehungsgeldgesetzes“ (Drs 7/10159)
67. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 15.03.2023, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Präsident,
meine Damen und Herren,

mein Redebeitrag wird sie nicht überraschen, denn die Position der BÜNDNISGRÜNEN ist sehr klar.

Aber deshalb vielleicht noch einmal Grundsätzliches: Wir als BÜNDNISGRÜNE stehen für eine Gleichstellungspolitik, welche die Rahmenbedingungen für Chancengleichheit, Selbstbestimmung und soziale Gerechtigkeit im Freistaat Sachsen schafft.

Deshalb befürworten wir die freie Entscheidung von Eltern (Müttern, Vätern, allen Elternteilen), ab wann und wie lange sie ihr Kind in einer Kindertageseinrichtung betreuen lassen oder zu Hause betreuen möchten.

Das Landeserziehungsgeld wirkt aber nicht im luftleeren Raum. Das Landeserziehungsgeld wirkt in einer gesellschaftlichen Realität, die noch immer von Geschlechterrollen geprägt ist. Eine Realität, in der laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung weiterhin nur etwa jeder zehnte Vater mehr als die zwei „Vätermonate“ an Elterngeld in Anspruch nimmt.
Und diese Realität bedeutet auch, dass Frauen im Schnitt mehr als 80 Minuten mehr Sorgearbeit pro Tag übernehmen, in der Mütter immer noch die Hauptlast der Kinderbetreuung tragen. Und das hier vorgeschlagene Landeserziehungsgeld verstärkt diese ungleichen Geschlechterrollen.

Das verklärte Bild der Mutter, die froh ist, nicht außer Haus zu arbeiten und als einzigen Lebensinhalt die Erziehung der Kinder und die Versorgung der Familie hat, ist völlig überholt. Familienarbeit ist nicht an das weibliche Geschlecht geknüpft, sondern die Aufgabe aller, die zusammen Verantwortung übernehmen.

Frauen entscheiden sich heute sehr bewusst für einen Beruf – und schließen Ausbildung und Studium besser ab als ihre männlichen Kollegen.
36,1 Prozent der Schülerinnen erwerben das Abitur, bei den Schülern sind es 28,4 Prozent. Wie genau kommen Sie eigentlich auf die Idee, dass sie nicht arbeiten wollen?

Der Entwurf der AfD sieht eine maximale Erwerbstätigkeit von nicht mehr als zehn Wochenstunden vor. Eine derart geringe Berufstätigkeit ist nur im Niedriglohnsektor realisierbar und weder für den Berufseinstieg noch für Karrierechancen von Frauen fördernd. Auch im Hinblick auf die arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen, die der demografische Wandel mit sich bringt, ist dies weder zielführend noch zukunftsfähig.

Um Sachsen zukunftsfest zu gestalten, müssen wir uns fragen, wie es gelingt, Familie und Beruf so in Einklang zu bringen, dass insbesondere Mütter problemlos in den Arbeitsmarkt zurückkehren können.

Die Voraussetzung für das Landeserziehungsgeld bleibt weiterhin die Nichtinanspruchnahme eines öffentlich geförderten KiTa-Platzes. Die Irrwitzigkeit hinter dieser Regelung wurde einmal trefflich so formuliert: Das ist, als wenn Sie mit öffentlichen Mitteln Schwimmbäder bauen und dann die Leute dafür bezahlen, diese nicht zu nutzen.

Und Kitas sind wichtig! Kindertageseinrichtungen dienen nicht nur der Betreuung und Erziehung, sie sind Bildungsorte. Frühkindliche Bildung ist ein wichtiger Faktor für die Förderung kognitiver Fähigkeiten, die Entwicklung von sozialen und emotionalen Kompetenzen und die Verbesserung der Sprachfähigkeit von Kindern. Frühkindliche Bildung und Förderung prägt die gesamte spätere Bildungsbiografie. Somit ist die Teilhabe von Kindern an Bildung in einer KiTa für uns die Grundlage, um die Bildungs- und Chancengerechtigkeit langfristig zu sichern.

Die AfD rechnet mit den derzeit circa 9.500, maximal 15.500 Bezieher*innen von Landeserziehungsgeld und mit Kosten von 185 Millionen Euro. Der Gesetzentwurf ist weder finanziell untersetzt – die herbeigerechnete Freisetzung von KiTa-Plätzen deckt diese Kosten nicht einmal ansatzweise – noch ist der Abbau von KiTa-Plätzen für uns zielführend.

Wir als BÜNDNISGRÜNE wollen die beste Bildung für alle Kinder ermöglichen. Wir haben es uns daher in der Koalition zum Ziel gemacht, in die frühkindliche Bildung und die Zukunft unserer Kinder zu investieren. Dieses Jahr können durch zusätzliche Mittel 1.000 zusätzliche Erzieher*innen finanziert werden, um eine konstante und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung sicherzustellen. Wir haben eine gute KiTa-Betreuung in Sachsen und bauen diese weiter aus, etwa durch die Erhöhung der KiTa-Pauschale um 200 Euro pro Kind auf 3.237 Euro.

Für uns ist das Ziel familienpolitischer Maßnahmen, die Chancengleichheit für alle Kinder zu verbessern und eine bedarfsgerechte und hochwertige Betreuung und Bildung in KiTas zu sichern – um so eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Wir wollen familienfreundliche Strukturen fördern, die es Eltern ermöglichen, problemlos in den Arbeitsmarkt zurückkehren zu können. Wir wollen die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am wirtschaftlichen Leben stärken.

Anstatt Millionen in das Landeserziehungsgeld zu stecken, wollen wir uns weiterhin darauf konzentrieren, hochwertige Kinderbetreuungseinrichtungen für alle Kinder in Sachsen zu schaffen. Unser Angebot ist daher eine Kombination aus dem Bundeserziehungsgeld und dem Rechtsanspruch auf einen KiTa-Platz, um Familien zu unterstützen.