Maskenpflicht – Kuhfuß: AfD demonstriert eine „Politik des starken Mannes“

Redebeitrag der Abgeordneten Kathleen Kuhfuß (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Diskriminierung von Menschen mit Behinderung und chronischen Erkrankungen entgegentreten – Kampagne zur Entstigmatisierung von Menschen, die keine Maske tragen können“

36. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 29.09.2021, TOP 9

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die AfD-Fraktion möchte also eine Kampagne zur Entstigmatisierung von Menschen, die keine Masken tragen können. Welches fadenscheinige Spiel uns hier präsentiert wird!

Die Partei, die nachdem sie den Notstand gefordert hat, eine 180-Grad-Wende hinlegte, seitdem die Pandemie negiert und ihre notwendigen Maßnahmen torpediert, zieht sich das Deckmäntelchen der Empathie an, um uns erst im Ausschuss und dann hier zu erklären, wie Maskenverweigerer neue Spielräume eröffnet bekommen sollen.

Es ist schon verwunderlich, dass ausgerechnet die AfD, so tut, als würde sie sich dafür einsetzen, dass Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen nicht diskriminiert werden. Schaut man jedoch genauer hin, wird deutlich, dass dieser Antrag nur ein Vorwand ist, um ihr Klientel von Maskenverweigerern und Corona-Leugnern zu bestärken.

Aus medizinischer Sicht können nur sehr wenige Menschen keine Maske tragen, z.B. bei Atemwegserkrankungen. Die Personen, die den Mund-Nasen-Schutz nicht korrekt tragen oder die Masken generell verweigern, schüren jedoch das Misstrauen gegenüber genau den Menschen, die tatsächlich aus medizinischen Gründen keinen medizinischen Mund-Nasen-Schutz tragen können. Zusätzlich gefährden diese Personen die besonders schutzbedürftigen Mitmenschen. Dieses zutiefst unsolidarische Verhalten wird von genau dieser Partei geschürt, die sich in dem Beschlussantrag für Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis einsetzt.

Ein Schwerbehindertenausweis, wie von Ihnen gefordert, ist kein Merkmal dafür, dass keine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden kann. Mitmenschen, die aufgrund einer Gehbehinderung im Rollstuhl sitzen, die nach überstandener Erkrankung mit Einschränkungen ihr Leben bewältigen oder wegen eines Nierenschadens, Krampfadern oder einem Diabetes einen Schwerbehindertenausweis haben, sind sehr wohl in der Lage sich und andere durch eine Maske zu schützten. Die medizinische Beurteilung, ob ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden kann, liegt in der Verantwortung eines Arztes bzw. einer Ärztin.

Leider hat auch hier die Polemik der AfD dazu geführt, dass Ärztinnen und Ärzte falsche Bescheinigungen ausstellen oder Atteste gefälscht werden. Dieser Vertrauensverlust wird aber gerne in Kauf genommen, um mit einfacher Lösung, in diesem Fall sogar Betrug, zu punkten. Dabei leistet sich die AfD kein Gewissen, weil es überhaupt nicht wichtig ist, ob der einzelne Mensch mit Behinderung, das einzelne Kind mit Asthma auf eine vertrauensvolle Umgebung trifft, wo klar ist, wer keine Maske trägt, hat dafür gute gesundheitliche Gründe und wird von allen anderen ringsum geschützt.

Die Corona-Politik der AfD zeigt, wie auch an diesem, eigentlich schon im Ausschuss fertig beratenen Antrag zu sehen, eine Politik des starken Mannes. Freiheit in AfD-Sprache heißt, überleben wird der, der stark und gesund ist. Freiheit heißt, sich mit allen Mitteln, dem zu entziehen, was das Zusammenleben notwendig macht. Ihr Populismus hat derzeit im Osten Erfolg, aber er spaltet die Gesellschaft und funktioniert eben auch nur, wenn man ohne Verantwortung einfach nur das macht, was sich gut anhört und vermarkten lässt.

Der aktuelle Mord an einem Tankstellen-Kassierer in Idar-Oberstein ist ein trauriges Beispiel, wie stark das Aggressionspotential angefeuert wird. Hier wurde ein junger Mann erschossen, weil er pflichtbewusst, auf das Tragen der Maske hingewiesen hat. Diese Radikalisierung und Spaltung, dieses Schwarz-Weiß-Denken wird durch Sie als AfD befeuert.

Wir BÜNDNISGRÜNE sind gegen jegliche Form der Diskriminierung. Dies ist für uns als Demokraten ein Selbstverständnis. Als Koalition stehen wir für Inklusion und nicht für Ausgrenzung. Wir wollen Menschen vor Corona schützen und stellen Kinder und Jugendliche, Menschen im hohen Lebensalter und Menschen mit Einschränkungen in den Fokus. Aus Verantwortung denen gegenüber, die sich nicht durch Impfen oder durch eine Maske schützen können, müssen alle anderen es tun. Das ist unbequem, aber die Pandemie ist eben kein Ponyhof, auch wenn sie das gerne so darstellen.