Öffentlich-rechtlicher Rundfunk – Maicher: Wir wollen eine Reform, die zu einer Stärkung und Weiterentwicklung öffentlich-rechtlicher Medien führt
Redebeitrag der Abgeordneten Dr. Claudia Maicher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Grundlegende Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ermöglichen – Staatsverträge kündigen, Rundfunkbeitrag abschaffen“ (Drs 7/11428)
63. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Freitag, 16.12.2022, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen,
aktuell machen sich viele Menschen in Politik und Gesellschaft ernsthafte Gedanken, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk reformiert werden soll, und zwar so, dass er Akzeptanz findet, dass er als Säule der Demokratie tragfähig bleibt und möglichst viele Menschen bei ihren Interessen abholt.
Was macht die AfD? Sie versucht, den Anschein zu erwecken, es gehe auch ihr um eine Reform. Der vorliegende Antrag zeigt aber, es geht nur darum, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus dem Weg zu räumen.
Niemand sollte sich von Begriffen wie „Reformen“, „Verschlankung“ oder „Neuordnung“ täuschen lassen. Statt Verschlankung käme es zur „Marginalisierung“, statt Neuordnung zu einer „finanziellen Trockenlegung“. Am Ende stünde der öffentlich-rechtliche Rundfunk genau dort, wo ihn die AfD haben will: abgedrängt in eine Nische. Als öffentlich-rechtliches Feigenblatt, das nicht ansatzweise das leisten kann, was wir eigentlich brauchen: ein starkes Gegengewicht zu Falschnachrichten, Verschwörungserzählungen und marktgetriebenen Algorithmen.
Dieses Kalkül ist in den Forderungen genau zu erkennen: Laut Punkt II 1. soll die Staatsregierung alle medienpolitischen Staatsverträge kündigen. Das liest sich wie einer dieser spitzfindigen Tipps in Foren zum Thema Mobilfunkverträge: Man könne aus taktischen Gründen kündigen, vielleicht meldet sich dann jemand vor Ablauf der Kündigungsfrist, dem man die eigenen Bedingungen diktieren kann? – Das ist politisches Schmierentheater! Und es zeigt in erschreckender Klarheit, welche Methoden die AfD in staatlicher Verantwortung anwenden würde. Sie hat keinerlei Skrupel vor Zerstörung ihr missliebiger Strukturen und politischer Isolation des Freistaates.
Die Kriterien der AfD sind völlig realitätsfremd. Sie ergeben nur dann Sinn, wenn man die öffentlich-rechtlichen Anstalten gar nicht reformieren, sondern niedermachen will.
Nach Punkt II 2. a) sollen eigene Inhalte im Internet verboten werden. Man braucht keine hellseherischen Fähigkeiten, um zu wissen, dass künftig Angebote hauptsächlich online nachgefragt werden und dort auch so aufgestellt werden müssen, dass sie den Nutzungsgewohnheiten entsprechen. Fällt diese Möglichkeit weg, verliert man erst die jungen Nutzerinnen und Nutzer und später alle.
Im Punkt c) steht die Beschränkung auf eine „Grundversorgung“. Dafür wird Unterhaltung pauschal gestrichen. Das aber verstößt gegen den vom Bundesverfassungsgericht formulierten Auftrag, möglichst die gesamte Bevölkerung mit einem breiten Meinungsbildungsangebot zu versorgen. Hochwertige Filme und Serien zählen auch zur Unterhaltung und sind nun mal für die Meinungsbildung vieler Menschen relevant.
Die Abschaffung des Rundfunkbeitrags in Punkt d) führt unweigerlich zum Bankrott. Die AfD fabuliert da immer von verschlüsselten Bezahlangeboten. Das wäre letztlich wie privater Rundfunk, aber ohne Werbung und bitte in hoher Qualität. Das ist ja mal ein Geschäftsmodell! Anspruchsvolle Berichterstattung in Bewegtbild und Audio ist nie und nimmer rein marktorientiert finanzierbar. Abgesehen davon wären große Teile der Gesellschaft ausgeschlossen. Das wäre die Beerdigung der dualen Rundfunkordnung.
In Punkt e) wird dann noch unterstellt, es gäbe ein Regelungsdefizit bei der journalistischen Unabhängigkeit. Die ist aber gerade in Gefahr, wenn Politik ins Programm hineinredet und genau das will die AfD, das kann sie noch so dreist mit dem Begriff „Freiheit“ maskieren. Als Beleg für Unausgewogenheit zieht sie ausgerechnet von einem Pro-Kontra-Beitrag hier nur die Pro-Seite heran. Gehts noch billiger? Hätten sie wirklich Interesse an Unabhängigkeit, dann würden sie über Verbesserungen bei redaktionellen Abläufen, Führungskultur und Beschwerdemanagement reden. Haben Sie aber nicht.
Aus dem Versagen im RBB leitet die AfD einen „generell verschwenderischen Mittelverbrauch“ ab. Die Landesrechnungshöfe und die KEF sehen das anders. Alle Anstalten über einen Kamm zu scheren, ist eine klare Falschbehauptung.
Natürlich müssen hohe Anforderungen an Transparenz, Compliance und Leistungsfähigkeit der Aufsichtsgremien für alle Anstalten gelten. Bei der Novellierung des Medienstaatsvertrages wird genau das zu berücksichtigen sein.
Weitergehenden Regelungsvorschläge dazu wird die Rundfunkkommission der Länder ab nächster Woche zur Konsultation stellen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir BÜNDNISGRÜNE wollen eine Reform, die zu einer Stärkung und Weiterentwicklung öffentlich-rechtlicher Medien führt. Wir haben unsere Vorschläge hier im Landtag immer wieder deutlich gemacht. Bei der Beratung des 3. Medienänderungsstaatsvertrages im Medienausschuss im Januar wird die Diskussion fortgesetzt. Von der AfD erwarten wir dabei keinen brauchbaren Beitrag. Vielen Dank!