Petitionsausschuss – Hammecke: Petitionen sind so vielfältig wie die Menschen in Sachsen
Redebeitrag der Abgeordneten Lucie Hammecke (BÜNDNISGRÜNE) zum Bericht des Petitionsausschusses – Berichtszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2021 (Drs 7/10800)
56. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 21.09.2022, TOP 11
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Abgeordnete,
alle Jahre wieder – und selbst, wenn im Supermarktregal schon wieder Spekulatius und Lebkuchen gefunden werden kann, so soll dies kein verfrühter Weihnachtsgruß sein, sondern den alljährlichen Bericht des Petitionsausschusses begrüßen.
Und auch wenn dies zur Routine werden kann, so sind es die Petitionen selbst, ihre Inhalte und die Beschäftigungen dabei gewiss nicht.
Denn die Anliegen waren auch im Berichtszeitraum wieder so vielfältig wie das Leben selbst. Und wie das Leben im Jahr 2021 war auch das Petitionswesen wieder durch die Pandemie geprägt. So zeigen sich in dieser Ausschussarbeit vermutlich am deutlichsten die aktuell am heißesten diskutieren gesellschaftlichen Themen, gerade weil unsere Themen nicht begrenzt sind – weder auf ein Ressortzuschnitt noch auf explizit landespolitische Themen. Und so ist jede neue Petition auch eine Herausforderung. Denn zur Wahrheit gehört auch: Es wird sich nicht an uns gewandt, weil der oder die Petent*in mit allem glücklich ist und nur mal ihre Zufriedenheit zum Ausdruck bringen wollten. Aauch wenn es selten vorkommt.
Mögliche Instrumente für die Bearbeitung der Petition sind: Vor-Ort-Termine, Anhörungen, Besprechungen und Sitzungen zusammen, wobei – denn dieser Bericht dreht sich ja um das Jahr 2021 – einiges durch das Infektionsgeschehen beeinflusst wurde. Umso froher bin ich, dass in diesem Jahr endlich wieder zu einer besseren Wahrnehmung dieser Instrumente kommen – bedingt durch geringere Inzidenzen.
Die große Menge an Petitionen, die uns erreicht (auch wenn die Zahl im Vorjahresvergleich gesunken ist) zeigt, dass das alte Instrument der Petition auch heute noch von vielen Bürger*innen eingesetzt wird, um Lösungen zu suchen und sich mit Anliegen an uns Politiker*innen zu wenden. Damit sind der Wunsch und die Hoffnung verbunden, etwas bewegen zu können, ein Problem zu lösen. An dieser Stelle muss dann auch die Frage aufgeworfen werden, ob unser Petitionsrecht in Sachsen genug Möglichkeiten eröffnet, um den Erwartungen der Petent*innen gerecht zu werden. Denn auch meine Kollegin Simone Lang als Ausschussvorsitzende, der ich für ihre häufig nicht einfache Arbeit danken möchte, schreibt in ihrem Vorwort, dass die „Berichte oft nicht zufriedenstellend für die jeweiligen Petenten gewesen sein dürften. Ist eine kurzfristige Problemlösung gewünscht, stößt das Petitionsverfahren generell unweigerlich an seine Grenzen, insbesondere in einer so dynamischen Lage, mit sich ständig ändernden Rahmenbedingungen und Regelungen.“
Wir stehen also häufig vor komplexen und schnelllebigen Sachverhalten, die sich in die regulierten Bahnen des parlamentarischen Petitionsverfahrens eingliedern müssen. Mit unterschiedlichem Erfolg. So sollte uns der Bericht auch Anlass sein, in einen konstruktiven Diskurs zu treten, um darüber nachzudenken, an welchen Stellen und mit welchen Mitteln wir zu einer höheren Wirksamkeit der Verfahren kommen können. Und – ob einiger Diskussionen in den letzten Wochen – auch wie ein selbstbewusstes Parlament sich im Spannungsfeld Anliegen der Petent*innen und Stellungnahme der Staatsregierung bewegt.
Für uns Abgeordnete, die einen Großteil unserer Zeit sonst mit Angelegenheiten unserer meist klaren thematischen Zuständigkeiten verbringen, bietet der Auftrag der Arbeit im Petitionsausschuss auch den Einblick in fachfremde Bereiche. Ich persönlich empfinde das als wertvoll, da wir so einen sehr ungefilterten Blick kriegen. Auf konkrete Probleme. Auf gesellschaftliche Stimmungen. Auf systematische Probleme. Was nicht bedeutet, dass alle Dinge im Petitionswesen zu lösen sind – aber, und das zeigt sich immer dann, wenn der Ausschuss sich entscheidet, etwas der Staatsregierung zu überweisen, dies bitte im zukünftigen Handeln zu berücksichtigen. Und auch hier wieder die Frage des Verhältnis Staatsregierung – Parlament.
Die Öffentlichkeit erregen die Petitionen nicht nur heute hier im Plenum, sondern auch bei den öffentlichen Übergaben. Unabhängig vom Inhalt ist es einer der Grundpfeiler unserer Demokratie und pluralistischen Gesellschaft, dass sich alle Menschen Gehör verschaffen können. Dabei mag man zunächst an Demonstrationen denken, aber ich finde es in diesem Atemzug erwähnenswert, dass auch Petitionen in der öffentlichen Debatte, begleitet auch natürlich durch das Aufgreifen in der Presse, eine Rolle spielen.
Im vorgelegten Jahresbericht wird die Vielfalt der Anliegen sichtbar. Und diese Vielfalt bezieht sich nicht nur auf das „Was“, sondern auch auf das „Wer“. Denn ich möchte die Gelegenheit nutzen und betonen, dass das Petitionsrecht, wie wir es in Sachsen haben, so gut wie keine Hürden kennt, wenn es um den Menschen hinter dem Anliegen geht. „Jede Person hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden“. So steht es in Art. 35 Satz 1 unserer Sächsischen Verfassung. Also egal welche Staatsbürgerschaft oder ob überhaupt eine Staatsbürgerschaft, egal welches Alter, ob volljährig oder unter 18, alle können sich an den Petitionsausschuss wenden.
Diese Offenheit ist großartig und so hoffe ich, dass wir auch in diesem und die nächsten Jahre möglichst vielen Menschen, egal wer sie sind, weiterhelfen können.
Herzlichen Dank!