Datum: 01. Oktober 2020

Rentensystem – Kuhfuß: Wenn schon anpassen, dann auch wirklich einheitlich

Redebeitrag der Abgeordneten Kathleen Kuhfuß (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: "30 Jahre unvollendete Renteneinheit: Endlich Lebens- und Arbeitsleistungen von Ostdeutschen anerkennen, Renten- und Versorgungsrecht beenden."

15. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 01.10.2020, TOP 6

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Abgeordnete,

zunächst einmal muss ich sagen, dass dieser Antrag der LINKEN reine Bundespolitik ist und die Behandlung hier maximal Signale in den Bund senden kann.

Am Samstag jährt sich der Tag der Deutschen Wiedervereinigung zum dreißigsten Mal. Und ja, es gibt nach wie vor eine "Benachteiligung der Ostrentnerinnen und Ostrentner“. Das muss ein Ende haben. Aber ich nehme es gleich vorweg, die einzige Fraktion, die die Rentenwerte Ost und West konsequent angleichen will, sind wir.

Denn wir verfolgen nicht den Grundsatz, den Großteil des DDR-Rentenrechts für besondere Gruppen in das bundesdeutsche Rentenrecht hinüber zu tragen und damit die Ungerechtigkeiten des DDR Rentenrechtes zu zementieren!

Auch wir wollen eine schnellere Angleichung der Renten erreichen, allerdings aller Rechengrößen und nicht nur einiger. Wenn schon Anpassung, dann bitte wirklich einheitlich.

Die Linke möchte den Rentenwert Ost auf Westniveau anheben, OHNE die sogenannte Höherwertung von Arbeitseinkommen, von der nur Ostdeutsche profitieren, abzuschaffen. Damit würde eine Ungleichbehandlung 30 Jahre nach der Wiedervereinigung bestehen bleiben, diesmal einseitig zu Gunsten der Ostdeutschen. Das wäre wiederum von allen, auch von Westdeutschen – die davon nicht profitieren – zu finanzieren. Daher lehnen wir die Forderung ab.

Sehr geehrte Kolleg*innen von der LINKEN, Sie wollen das ehemalige DDR-Rentenrecht pauschal weiterführen, ja sogar wiederbeleben. Doch wir erkennen an, dass das bundesdeutsche Rentenrecht nach der Wiedervereinigung auf die neuen Länder übertragen wurde. Wir setzen uns für differenzierte
Lösungen ein und wollen vor allem diejenigen unterstützen, die durch die Rentenüberleitung besondere Härten erlitten haben. Hierzu fordern wir unter anderem die Einrichtung eines Härtefallfonds auf der Bundesebene.

Klar, zur Rentengerechtigkeit gehört auch „bestehende Überführungslücken“ zu schließen. Deshalb stimmen wir durchaus mit einigen der aufgezählten Punkte im Antragspunkt 2 überein. Wie zum Beispiel der Anerkennung erworbener Rentenansprüche von zu DDR-Zeiten geschiedenen Frauen.

Mir ist es wichtig, bei dem Blick auf die Rentenpolitik nicht nur den Blick zurück, sondern auch nach vorn zu richten. Alle Bürgerinnen und Bürger sollten von ihrer Rente gut leben können. Das heißt, es ist wichtig, auch kleine Einkommen und unregelmäßige Erwerbsbiografien abzubilden. Deshalb haben wir das Konzept einer Garantierente entwickelt. Von einer steuerfinanzierten Garantierente profitieren insbesondere Frauen, die nach wie vor durch die Elternzeiten mehr Brüche oder Einschränkungen (z.B. Teilzeitarbeit) in der Erwerbsbiographie haben als Männer. Nach unseren Vorstellungen sollen bereits 30 Versicherungsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung ausreichen, um anspruchsberechtigt zu sein. Und beim grünen Garantierentenkonzept werden neben den Jahren, in denen in die Rentenkasse eingezahlt wurde, auch Versicherungszeiten ohne Beitragszahlung, wie bei der Kindererziehung oder Pflege, Schwangerschaft, Mutterschutz, Arbeitslosigkeit mit und ohne Beitragszahlung und Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit berücksichtigt. Ein solches funktionales Äquivalent ist im Antrag der LINKEN allerdings nicht vorgesehen.

Wir sind überzeugt, Deutschland braucht eine Angleichung der Rente im Großen und Korrekturen im Kleinen. Darüber hinaus brauchen auch alle Bürgerinnen eine armutsfeste Rente. Unsere Ansätze, dieses Ziel zu erreichen, sind verschieden. Deshalb lehnen wir den Antrag der LINKEN ab.
Aus den eben genannten Gründen stimmt unsere Fraktion dem Antrag nicht zu.

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