Transparenzgesetz – Lippmann: Eines der ambitioniertesten Gesetze, die in den vergangenen Jahren in Sachsen beschlossen wurden
Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung: „Gesetz zur Einführung des Gesetzes über die Transparenz von Informationen im Freistaat Sachsen“ (Drs 7/8517)
53. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 13.07.2022, TOP 4
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
bisher lag Sachsen im Transparenzranking ganz hinten: null Punkte – denn von nichts kommt nichts. Nicht mal ein Informationsfreiheitsgesetz, quasi der kleine Bruder des Transparenzgesetzes, war in Sachsen bisher mehrheitsfähig.
Das soll sich heute ändern. Und es wird Zeit: Seit 2006 gibt es Informationsfreiheitsrechte in Bund und Ländern. Und wir gehen deshalb heute gleich zwei Schritte mit einem. Mit dem Transparenzgesetz regeln wir neben dem Informationsanspruch auch gleich die Veröffentlichungspflicht der Verwaltung, das heißt es werden aktiv Informationen zur Verfügung gestellt, die für alle einsehbar sind. Damit landet Sachsen im Transparenzranking unter den Bundesländern und Bund im soliden Mittelfeld – und was die Informationsmöglichkeiten betrifft sogar auf Platz 3 hinter Hamburg und Rheinland-Pfalz. Von null auf Platz drei: Ich finde, das ist nicht nur eine Evolution, das ist eine Revolution.
Bevor ich zu den einzelnen Punkten des Gesetzesentwurfes komme, muss ich aber auch konstatieren: Der Gesetzesentwurf ist ein Kompromiss dreier Regierungsfraktionen, die sehr unterschiedliche Standpunkte vertreten, weshalb wir BÜNDNISGRÜNEN auch nicht mit allen Regelungen zufrieden sind, aber uns eben bewusst entschieden haben, dass es besser ist, Drittplatzierter zu werden, als gar nicht erst gestartet zu sein.
Denn das Gesetz ist ein großer Fortschritt für all jene, die der Meinung sind, dass staatliche Informationen den Bürgerinnen und Bürgern zu Gute kommen müssen. Denn es gilt nun der Grundsatz, dass diese nunmehr auf Antrag herausgegeben werden müssen, wenn keine Gründe dagegenstehen. Genau über die Ausnahmegründe kann man trefflich streiten.
Hier gibt es noch Potenzial nach oben – so ist die komplette Ausnahme auch abgeschlossener Vorgänge natürlich nicht zufriedenstellend und schon jetzt eine erkennbare Baustelle für die Anpassung des Transparenzgesetzes. Allerdings darf man die Ausschlussgründe auch nicht komplett außer Acht lassen.
Wenn man dem Vorschlag der LINKEN folgen würde, die nur noch sechs Ausnahmegründe gelten lassen würde, wäre weder die Gefährdung der Sicherheit des Freistaates noch der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung überhaupt ein Ausnahmegrund. Das geht nicht nur inhaltlich fehl, gerade letzteres wirft auch erhebliche verfassungsrechtliche Fragen auf, die man nicht so mir nichts dir nichts übergehen kann.
Sehr geehrte Damen und Herren,
kommen wir zu den revolutionären Punkten des Gesetzes:
Die Einführung einer Transparenzplattform, die alle Informationen bündelt und der Öffentlichkeit bereitstellt, ist ein absoluter Paradigmenwechsel für den Freistaat Sachsen. Vorteil der Plattform ist, dass die Informationen aktiv zur Verfügung gestellt werden, ohne dass ich konkret anfragen oder gar begründen muss.
Uns BÜNDNISGRÜNEN ist es dabei wichtig, dass auch die Transparenzplattform selbst transparent und unter einer freien Lizenz für alle verfügbar ist. Von öffentlichen Geldern finanzierte Software sollte auch der Öffentlichkeit wieder zur Verfügung gestellt werden. Außerdem werden Lizenzen wie Creative Commons verwendet und so eine Nachnutzung der Daten einfach und rechtssicher ermöglicht.
Mit dem Gesetz erhält Sachsen zukünftig auch eine Transparenzbeauftragte, die durch die Sächsischen Datenschutzbeauftragte ausgeführt wird. Ihr obliegt die Kontrolle der Einhaltung dieses Gesetzes und ist damit meines Erachtens an der richtigen Stelle mit der entsprechenden Expertise und Unabhängigkeit.
Wir müssen auch dafür Sorge tragen, dass für die eingeführte Kontroll- und Berichtstätigkeit auch die entsprechenden personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Bleiben wir bei den Kosten. Wir BÜNDNISGRÜNE haben den Anspruch, dass das Recht auf Information und der Informationsanspruch weitestgehend kostenfrei sein muss.
Im Anhörungsverfahren wurde kritisiert, dass es keine Gebührenobergrenze gibt. Hier muss man sich das Gesetz kurz genauer anschauen, da es sich von der Regelung vieler Bundesländer oder dem Bund unterscheidet. Denn diese sehen in der Regel eine Obergrenze von 500 Euro vor, bis zu der maximal Gebühren anfallen können. Das vorliegende Gesetz geht einen anderen Weg und sieht vor, dass bis zu 600 EUro keine Gebühren anfallen. Dies sind laut Gesetzesentwurf 98 Prozent der Anträge von Bürgerinnen und Bürgern und 80 Prozent der Unternehmen. Das heißt, nur bei zwei Prozent der Anträge von Bürgerinnen und Bürgern und 20 Prozent bei Unternehmen wird die Grenze überschritten. Um hier aber keine ausufernden Kosten zu riskieren, haben wir im parlamentarischen Verfahren eine zweite Grenze eingeführt. Übersteigt der Antrag die Schwelle von 600 Euro und wird damit gebührenpflichtig, darf die Gebühr nicht mehr als 2.500 Euro betragen. Das dürfte insbesondere für institutionelle Antragsteller eine erhebliche Erleichterung darstellen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
eine definitiv noch vor uns liegende Aufgabe ist der Umgang mit der Ausweitung des Tarnsparenzgesetzes auf die Kommunen. Denn in den Kommunen entsteht das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Verwaltung und dort möchten diese sich einbringen. Immerhin ermöglicht das Gesetz, eine rechtssichere freiwillig Satzungen zu erlassen.
Ich kann nur jede Kommune ermutigen, bürgerfreundlich zu agieren und schon jetzt Satzungen nach dem Gesetz zu erlassen und damit Teil einer transparenten Verwaltung zu werden. Planungs- und Bauunterlagen sind Klassiker, die Bürgerinnen und Bürger interessieren.
Wir haben aber auch verankert, dass das Gesetz zwei Jahren nach Inkrafttreten evaluiert wird – mit dem Ziel zu prüfen, ob das Gesetz dann auf Kommunen ausgeweitet werden soll. Dies sollten und können wir dann anhand der Fakten und weniger an Befürchtungen entscheiden. Oder wie es der hamburgische Datenschutzbeauftragte Fuchs in der Anhörung ausdrückte: „Die Hamburger Behörden stehen noch, sie sind arbeitsfähig und nicht komplett damit beschäftigt, Informationen zu kopieren.“
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie haben heute die Chance, mit der Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf in Sachsen einen großen Sprung zu machen. Bei aller Diskussion darüber, ob dieser Sprung noch hätte etwas größer ausfallen können, ist das, was wir hier heute beschließen, eines der ambitioniertesten Gesetze, die in den vergangenen Jahren in Sachsen beschlossen wurden: Weg von der Angst vor den Bürgerinnen und Bürgern, hin zu dem Willen, den Ideen der Bürgerinnen und Bürgern durch staatliche Unterstützung zum Wohle unserer Gesellschaft zum Durchbruch zu verhelfen.
Dieser Kulturwandel kann Sachsen mehr prägen, als sich einige heute vorstellen können.
Vielen Dank.