Datum: 30. September 2021

Untersuchungsausschuss – Lippmann: Nach bisherigen Erkenntnissen waren es eher die Ankläger, die sich schuldig gemacht haben

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktionen CDU, BÜNDNISGRÜNE und SPD: „Zwischenbericht des 1. Untersuchungsausschusses der 7. Wahlperiode zum Thema „Untersuchung in Betracht kommender Einflussnahmen oder pflichtwidriger Unterlassungen von Mitgliedern der Staatsregierung, insbesondere Ministerpräsident Michael Kretschmer, Innenstaatssekretär Prof. Dr. Günther Schneider, Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller sowie ihrer Fach-, Rechts- oder Dienstaufsicht unterliegender Behörden und von namentlich bisher nicht bekannten Bundes- und Landespolitikern und deren Mitarbeitern im Zusammenhang mit der Kürzung der Landesliste der Alternative für Deutschland zur Landtagswahl am 1. September 2019 durch den Landeswahlausschuss, die z. T. vom Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen bereits als ,qualifiziert rechtswidrig‘ erkannt wurde (Verstrickungen der Staatsregierung in die ,qualifiziert rechtswidrige‘ Kürzung der AfD Landesliste)“ (Drs 7/7636)
37. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 30.09.2021, TOP 7

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

vor zwei Jahren mussten wir uns kurz nach der Konstituierung des Landtags auf Antrag der AfD erneut versammeln und über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses befinden. Ein Untersuchungsausschuss, der vor allem ein Ziel hatte: mit Pauken und Trompeten von der eigenen Verantwortung für eine chaotische Listenaufstellung dadurch abzulenken, dass man von der großen Verschwörung gegen die AfD und die Demokratie bei der Landtagswahl 2019 schwurbelt.

Ich habe damals darauf hingewiesen, dass es kein öffentliches Interesse an diesem Untersuchungsausschuss geben kann. Zum einen, weil der Verfassungsgerichtshof bereits entschieden hatte, und zum anderen, weil sich die Untersuchung auf einen Sachverhalt bezieht, der offenkundig ist. Denn im Wesentlichen reden wir über eine Sitzung des Landeswahlausschusses, die öffentlich war, in der Vertreter der AfD anwesend waren und angehört wurden und in der Vertreterinnen und Vertreter von Parteien (auch von der AfD) mit Mehrheit entschieden haben. Daran hat sich auch nichts geändert.

Allerdings läuft der Untersuchungsausschuss nun seit fast zwei Jahren. Zwei Jahre, in denen ein krasses Missverhältnis zwischen der inbrünstig betonten Gravitas der Aufklärung einer Verschwörung gegen die Demokratie und der tatsächlichen Arbeit des Untersuchungsausschusses deutlich geworden ist.

Denn statt eilends durch Zeugeneinvernahmen zu klären, wer wann wen beeinflusst haben könnte, befasste sich dieser Untersuchungsausschuss fast ein Jahr mit Verfahrensfragen. Nach abwegigen Diskussionen über die Vereidigungsmöglichkeit von Zeugen gipfelte dies im untauglichen Versuch der AfD, dem Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses einen konkreten Belehrungstext vorzuschreiben.

Werte Kolleginnen und Kollegen,
verdeutlichen Sie sich doch einmal, wie groß eine angebliche Verschwörung eigentlich sein muss, wenn die höchste Not ihrer Aufklärung darin besteht, über Kommata in Belehrungen zu prozessieren. Allein diese Groteske zeigt, dass die AfD kein Interesse an der Aufklärung ihrer eigenen Vorwürfe hat.

Dass darüber hinaus jede Zeugenvernehmung ein einziger Fremdscham-Akt ist, weil die Hobby-Sherlock-Holmes der AfD, allen voran Herr Meyer, bei so ziemlich jeder Frage den Kampf mit deutscher Grammatik und einfacher Logik im Zustand geistiger Unbewaffnetheit derart desaströs verlieren, dass man fast schon geneigt ist, mit Blick auf die Abwehr von weiteren Schäden für die eigene Gesundheit zu helfen, spricht für sich.

Um es mal zusammenzufassen: Das ist nicht die Catilina-Verschwörung und die AfD ist geistig so weit von den Fähigkeiten eines Ciceros entfernt wie die Erde von der Sonne. Dieser Untersuchungsausschuss ist mit Blick auf die AfD vielmehr ein schlechter Abklatsch von Barbara Salesch, inszeniert von einer dilettantischen Laienspieltruppe!

Aber dennoch hat der Untersuchungsausschuss bisher Interessantes zu Tage gefördert.
Interessant und für uns dann doch neu waren drei Begebenheiten, die aus unserer Sicht tatsächlich einer weiteren Aufklärung bedürfen, weil sie durchaus als Einflussnahmen angesehen werden können.

Uns wurde bekannt, dass die AfD, unterzeichnet von Herrn Urban, allen Mitgliedern des Landeswahlausschusses (mit Ausnahme des eigenen Vertreters) einen Brief übersandt hatte, in dem diese unter Fristsetzung und Androhung einer Anzeige wegen Rechtsbeugung aufgefordert wurden, ihre Entscheidung zur Teilzulassung der Landesliste der AfD zu korrigieren.

Uns wurde ferner bekannt, dass eine Vertrauensperson der AfD Druck auf den zuständigen Referatsleiter bei der Landeswahlleiterin ausgeübt haben soll, damit dieser eine Empfehlung zur Zulassung der vollständigen Liste abgeben werde.

Und uns wurde bekannt, dass eine andere Vertrauensperson im Vorfeld der Sitzung des Landeswahlausschusses offenbar mit dem eigenen Vertreter im Landeswahlausschuss über die anstehende Sitzung sprach.

Zu diesen Vorgängen werden wir definitiv weitere Zeugen hören – gleichwohl ist es uns ein Bedürfnis, nach zwei Jahren Untersuchung Bilanz zu ziehen und die Erzählung von der vermeintlichen staatlichen Benachteiligung der AfD endlich zu beenden.

Werte Kolleginnen und Kollegen,
wir als Koalition finden, die Menschen in diesem Land haben ein Recht darauf zu erfahren, was mit der angeblich größten Verschwörung des Freistaates nun geworden ist und dass es nach bisherigen Erkenntnissen die Ankläger waren, die sich schuldig gemacht haben.

Und die Wählerinnen und Wähler der AfD haben das Recht zu erfahren, mit welch grandioser Stümperhaftigkeit die Abgeordneten der AfD auf Steuerzahlers Kosten eine einzige Farce darbieten.

Vielleicht endet nach diesem Zwischenbericht diese Groteske dann auch endlich.

Vielen Dank.