Datum: 13. Juli 2022

Verbot von Wohnraum-Zweckentfremdung – Löser: Erhalt günstiger Bestandswohnungen ist dringend notwendig

Redebeitrag des Abgeordneten Thomas Löser (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE: „Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum im Freistaat Sachsen (SächsZwG)“
53. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 13.07.2022, TOP 3

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

wir sprechen heute über einen Gesetzentwurf, der den Kommunen die Möglichkeit geben soll, gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum vorgehen zu können.

Zweckentfremdete Wohnungen stehen dem allgemeinen Mietenmarkt nicht zur Verfügung. Deshalb ist es in Stadtvierteln mit hoher Nachfrage nach Wohnungen richtig, zu schauen, ob es noch mehr Ferienwohnungen braucht – oder ob es richtig sein kann, Wohnungen ewig leer stehen zu lassen.

Das ist in vielen Städten und Gemeinden in Sachsen gar kein Thema, aber in Dresden und Leipzig ist es relevant – und dort lebt immerhin auch ein Drittel der Einwohner*innen Sachsens. Der Mietmarkt in den urbanen Gebieten von Leipzig und Dresden ist angespannt. Das haben wir ja nun schon mehrfach durchdekliniert.

Als direkt gewählter Abgeordneter im zentralen Wahlkreis Dresden Altstadt höre ich von vielen Fällen, wo Mieter*innen aus den verschiedensten Gründen auf der Suche nach einer neuen Wohnung sind, das Heimat gewordene Viertel aber nicht verlassen wollen. Dann müssen sie häufig viel höhere Quadratmeterpreise für die gleiche Wohnlage zahlen oder sie finden erst gar kein passendes Angebot. Es kann nicht unser Ziel sein, all diesen Leuten zu sagen, sie könnten ja aufs Land oder an den Stadtrand ziehen. Wohnen ist ein Menschenrecht und die aktuelle politische Situation verschärft die Mietenkrise in den Großstädten noch.

Deswegen haben wir uns im Koalitionsvertrag auch auf ein Bündel an Maßnahmen geeinigt, die der Mietpreisspirale entgegenwirken sollen. Keine der Maßnahmen allein kann eine wesentliche Entlastung bringen. Deshalb ist es nicht zielführend zu betonen, dass ein einzelnes Instrument nicht weiterhilft.

Wir haben bereits die Kappungsgrenzenverordnung und die Mietpreisbegrenzungsverordnung umgesetzt, außerdem arbeiten wir an Verbesserungen für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus.

Gerade in der aktuellen Situation hoher Baukosten und wenigen verfügbaren Baugrundstücken in den stark nachgefragten Stadtvierteln mit gutem ÖPNV-Angebot und kurzen Wegen zu Arbeit, Bildung, Kultur und Sport ist „bauen, bauen, bauen“ leider keine adäquate Antwort auf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum.

Erstens fehlt es an Grundstücken und zweitens glaube ich, dass eine Menge aktueller Bauvorhaben aufgrund der Krise in der Bauwirtschaft nicht über die Ziellinie kommen wird.

Der Erhalt günstiger Bestandswohnungen ist deshalb notwendig. Wenn die Städte Hinweise darauf haben, dass in bestimmten Stadtvierteln ein Haus am anderen zu finden ist, wo an den Klingeln keine Namen mehr stehen, sondern nur noch Wohnung 1 bis Wohnung 8, dann sollen sie die Möglichkeit haben, dieser Entwicklung einen Riegel vorzuschieben.

Worüber reden wir konkret? In der Anhörung zum Gesetz wurde von Professor Kofner für Leipzig von rund 1.300 und für Dresden von 1.200 Wohnungen gesprochen, die als Ferienwohnungen genutzt werden. Nimmt man für Leipzig noch Büros, Praxen, Kanzleien dazu, kommen wir auf 21.000 Wohnungen, die nicht zum Wohnen genutzt werden können. Ich meine, das ist eine erhebliche Anzahl. Insgesamt gibt es in Leipzig aktuell 340.000 Wohnungen. Die oben genannte Zahl entspricht also ungefähr 6,2 Prozent aller Wohnungen.

Wir haben uns als Koalition einen Gesetzentwurf zur Zweckentfremdung vorgenommen. Die Abstimmungen laufen. Die Frage ist, wie genau man ein solches Gesetz ausgestaltet.

Es sollte unserer Meinung nach weiter möglich sein, mit Ferienwohnungen einen Beitrag zum touristischen Angebot in den Städten zu leisten. Es soll aber eine Genehmigung dafür eingeholt werden, damit die Verteilung über das Stadtgebiet besser gesteuert werden kann. Und es sollte natürlich auch weitere Ausnahmen geben: Ich denke da an Studierende im Auslandssemester, an gemeinnützige Einrichtungen, an ärztliche Praxisräume und dergleichen. Hier ist der Gesetzentwurf der Linksfraktion nicht ausgewogen genug. Wir werden ihn deshalb ablehnen.

Es ist trotzdem gut, dass wir hier im Parlament über ein Zweckentfremdungsgesetz von Wohnraum sprechen. Denn es sollte für die Regierungsfraktionen ein Ansporn sein, den vorliegenden Entwurf nun final zu verhandeln.

Wir glauben, dass ein Gesetz zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum mit Augenmaß ausgestaltet sein kann und in der Begründung – anders als der heute hier vorliegende Entwurf – verfassungsrechtlichen Bedenken standhalten wird.

Denn das muss unser Ziel sein: Ein handwerklich gut gemachtes Gesetz, das tatsächlich die gewünschte Wirkung auf den Mietmarkt in den großen Städten entfalten kann. Dafür werden wir BÜNDNISGRÜNE uns getragen vom Koalitionsvertrag weiter einsetzen.

Selbst das Bayerische Staatsministerium für Bauen, Wohnen und Verkehr kommt auf seiner Internetseite bei der Frage „Lohnt die Einführung einer Zweckentfremdungssatzung?“ zu einem klaren: ja. Begründung: „Mit Erlass einer Zweckentfremdungssatzung schafft Ihre Gemeinde die Grundlage, um zweckwidrige Nutzungen von Wohnraum zu unterbinden und Bestandswohnungen für normale Vermietungen zurückzuerhalten. Jede zweckentfremdete Wohnung, bei der Ihre Gemeinde mit Anordnungen dafür sorgt, dass sie wieder Wohnzwecken zugeführt wird, ist ein preiswerterer Gewinn für den Mietwohnungsmarkt als eine neu gebaute Wohnung.“

In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.