Datum: 21. Juli 2021

Wirtschaft in Corona-Zeiten – Liebscher: Aufschwung nach der Pandemie für einen echten Neustart nutzen

Redebeitrag des Abgeordneten Gerhard Liebscher (BÜNDNISGRÜNE) zum Bericht der Staatsregierung zur Corona-Pandemie
34. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 21.07.2021, TOP 2

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,

das größte Pfund, das wir heute im Krisenmanagement haben, ist das gemeinsam durchlebte Jahr der Krise. Und wir pochen als BÜNDNISGRÜNE darauf, diese Erfahrungen auszuwerten. So ist es möglich, gemeinsam aus der Krise zu wachsen und unseren Freistaat resilient gegen kommende Krisen aufzustellen.

Die sächsische Wirtschaft befindet sich im laufenden Jahr im Wachstum, das ifo Institut rechnet aktuell mit 3,1 Prozent für 2021. Doch die Betroffenheit durch die Pandemie ist sektorenspezifisch sehr unterschiedlich ausgeprägt. Einzelne Branchen trugen besonders zum verantwortungsvollen Umgang mit der Pandemie bei.

Die Kulturwirtschaft, Gastronomie und Tourismus ebenso wie Teile des Einzelhandels sind diejenigen, die als Erste schließen mussten und am längsten mit Hygienemaßnahmen arbeiten, um die Ansteckungsgefahr in der Bevölkerung zu minimieren. Die Umsätze lagen im Gastgewerbe im Frühjahr und Herbst 2020 bei unter zehn Prozent des Vorjahres.

Die Auszahlung staatlicher Hilfen lief hier zu langsam an und viele Kleinunternehmer*innen kämpfen mit bürokratischen Hürden. Der Onlinehandel hingegen wuchs um 25 Prozent und auch der Lebensmitteleinzelhandel und der Handel mit Waren des täglichen Bedarfs verzeichneten starke Umsätze.

Meine Damen und Herren,
mit Einsatz von Frühjahr und Sommer 2021 sprechen wir von der Erholung besonders belasteter Branchen. Diese sind weiterhin auf Konsolidierungskurs und wir sind als Politik gefragt, die Entwicklung der Branchen zu beobachten, um Unterstützungsbedarf wahrzunehmen. 

Die Wiederbelebung unserer Innenstädte liegt uns BÜNDNISGRÜNEN in diesem Zusammenhang besonders am Herzen. Wir wollen den inhaber*innengeführten Einzelhandel stützen, um die wertvolle Vielfalt unserer Stadtbilder zu bewahren. Wir zielen auf die Steigerung der Aufenthaltsqualität, wie wir sie in der Pandemie so dringend brauchten. Verkehrsberuhigung und Ausbau von Nahverkehrsangeboten in die Zentren sind begleitende Maßnahmen, um auch der Gastronomie und dem Tourismus in den Städten auf die Beine zu helfen. Mit der Zusage des Kabinetts, die Einnahmeverluste für die sächsischen Verkehrsgesellschaften auch im Jahr 2021 zu 100 Prozent zu kompensieren, erhalten diese Planungssicherheit und die Möglichkeit, weiter in die Verbesserung ihres Angebotes und so auch in die Verkehrswende und Klimaschutz zu investieren.

Mit Blick auf die Industrie zeigt sich ein hoher Auftragsbestand. Die wirtschaftliche Verwundbarkeit ist hier aufgrund der Anfälligkeit globaler Lieferketten deutlich geworden.

Die wirtschaftspolitische Folgerung muss an dieser Stelle sein, unsere Krisenfestigkeit durch regionale Produktkreisläufe zu stärken und unsere Unabhängigkeit von internationalen Rohstoffen durch Aufbau sächsischer Kreislaufwirtschaft zu sichern.

Ein wichtiger Hebel, um diese Wirtschaftsfelder zu stärken, ist die nachhaltige Vergabepraxis. Kommunen sind aus BÜNDNISGRÜNER Sicht dabei zu unterstützen, nachhaltige Vergabekriterien rechtssicher anzuwenden.

Unsere Handwerkerinnen und Handwerker sind nach der Krise ebenso wie zuvor mit dem zunehmenden Fachkräftemangel konfrontiert, die Suche nach Auszubildenden wurde durch die Pandemie erschwert. Dabei ist es kaum möglich, die Relevanz des Handwerks zu übertreiben: In meinen Augen stehen und fallen unsere Geschicke beim konjunkturellen Aufschwung, beim Ausbau unserer Infrastruktur und dem nachhaltigen Umbau unserer Wirtschaft mit der Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Arbeitskräften. 

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir wollen jetzt den Blick nach vorne wagen und sehen uns in der Pflicht, den Aufschwung nach der Pandemie zu einem echten Neustart zu gestalten.

Unternehmen treffen heute langfristige Investitions-Entscheidungen. Jetzt ist der Zeitpunkt, den konjunkturellen Aufschwung mit gezielten Anreizen für einen nachhaltigen Umbau zu nutzen!

Herr Staatsminister Günther wird morgen ein Programm vorstellen, was diesen Ansatz verfolgt und auf dessen Umsetzung ich besonders gespannt bin: „Nachhaltig aus der Krise“ fördert den Aufbau von Krisen-Resilienz Sachsens, setzt private Investitionen frei und hat den zukunftsfähigen Umbau unserer Wirtschaft zum Ziel.

Wir BÜNDNISGRÜNE wollen keine Rückkehr in den Status quo vor der Krise. Wir wollen alle Investitionen, die wir heute tätigen für eine ökologisch und sozial-nachhaltige und wirtschaftlich resiliente Zukunft dieses Landes einsetzen.

Wir wollen jetzt Rechts- und Planungssicherheit geben, damit auch private Investitionen unserer Unternehmen nachhaltig eingesetzt werden und wir uns gemeinsam auf den Pfad der Dekarbonisierung begeben können. Die Bereitschaft in der Wirtschaft ist vorhanden. Jetzt ist ein beherztes Bekenntnis der Politik gefragt.