Zukunft unserer Krankenhäuser – Čagalj Sejdi: Mit dem Krankenhausgesetz haben wir die Möglichkeit geschaffen, Krankenhäuser zu Gesundheitszentren weiterzuentwickeln
Redebeitrag der Abgeordneten Petra Čagalj Sejdi (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: „Medizinische Versorgung in sächsischen Städten und Landkreisen sichern: ‚Rekommunalisierungsfonds – Krankenhäuser in Sachsen‘ jetzt auflegen!“ (Drs 7/12635)
70. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 27.04.2023, TOP 9
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
wir alle haben die Schließung der Paracelsus-Klinik in Reichenbach zum 31.März im Kopf. Sicherlich ist das auch der Grund für den Antrag der Fraktion DIE LINKE, die damit einen Rekommunalisierungsfonds für sächsische Krankenhäuser auflegen möchte.
Führen wir uns nochmal kurz Reichenbach vor Augen: Bereits 2017 war Paracelsus in die Insolvenz geraten. Das Krankenhaus Reichenbach konnte durch die Übernahme einer Beteiligungsgesellschaft erstmal gerettet werden. Aber 2022 wurde ein erneuter Insolvenzantrag gestellt. Trotz sinkender Bettenauslastung und fehlendem Personal wurde nicht rechtzeitig eine Umstrukturierung des Krankenhauses angegangen. Letztendlich hat sich kein neuer Investor gefunden, da die Renditeaussichten zu gering sind. Die Versäumnisse eines privatwirtschaftlichen Unternehmens führen jetzt zu diesem Antrag.
Das kann unserer Meinung nach nicht die Lösung sein, dass wir als Land Steuergelder binden, um der „Lückenbüßer“ für wirtschaftliche Fehlentscheidungen zu werden. Hier müssen wir andere Weichen stellen.
So ist in unserem Sächsischen Krankenhausgesetz verankert, wenn bei einer Schließung eines Krankenhauses die Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet ist, der jeweilige Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt das entsprechende Krankenhaus weiterbetreiben muss. Im Fall von Reichenbach traf dies nicht zu, da es im Umfeld mehrere Krankenhäuser gibt.
Weiterhin haben wir mit dem neuen Sächsischen Krankenhausgesetz die Möglichkeit geschaffen, Krankenhäuser zu Gesundheitszentren weiterzuentwickeln. Damit kann auf sinkende Fallzahlen, Fachkräftemangel und den Herausforderungen des demografischen Wandels reagiert werden. Dieser Prozess findet aktuell mit der Aufstellung des Krankenhausplans statt.
Auch haben wir mit den Regionalkonferenzen für die Landkreise und kreisfreien Städte die Möglichkeit der Beteiligung bei der Krankenhausplanung geschaffen. Diese Chance auf Mitgestaltung sollten sie nutzen, da sie am besten die Bedarfe und Strukturen ihrer Bürger*innen und ihrer Region kennen.
Auf Bundesebene wird aktuell das Krankenhausfinanzierungsgesetz novelliert. Künftig sollen danach nicht mehr rein die Fallpauschalen gezahlt werden, sondern auch Vorhaltepauschalen – unabhängig von der Zahl der behandelten Fälle. Damit wird der Druck, immer mehr lukrative Behandlungen durchzuführen, gesenkt. Und die „Rosinenpickerei“ von privaten Großkonzernen, die die gut bezahlten Herz-OPs oder orthopädischen Eingriffe durchführen, wird eingedämmt. Ziel ist es, die Grundversorgung flächendeckend und wohnortnah sicherzustellen. Die Krankenhäuser werden dann wieder ein größerer Teil der Daseinsvorsorge. Dafür müssen regional die ambulanten und stationären Angebote ineinandergreifen und gut zusammenarbeiten.
Bereits jetzt nach Rekommunalisierung zu rufen, bevor der Reformprozess ausgestaltet ist, sehen wir nicht zielführend. Gerade mit einer Finanzierung, die nicht mehr nur auf Fallzahlen beruht, kann schon viel wirtschaftlicher Druck von den Krankenhäusern genommen werden.
Ebenfalls im Krankenhausfinanzierungsgesetz ist die Trägervielfalt der Krankenhäuser festgeschrieben. So heißt es im §1 Absatz 2 KHG: „Bei der Durchführung des Gesetzes ist die Vielfalt der Krankenhausträger zu beachten…“
Die Forderung der Fraktion DIE LINKE „Die Privatisierung der Krankenhäuser rückgängig zu machen“ steht komplett im Widerspruch zur bundesgesetzlichen Regelung.
Trotzdem müssen wir uns mit dem Thema beschäftigen, wenn gerade in ländlichen Räumen private Träger sich aus der Krankenhausversorgung zurückziehen und unsere Kommunen in der Verantwortung sind, die medizinische Versorgung sicherzustellen.
Hier sind Details zu klären wie:
- Welcher Versorgungsauftrag besteht?
- Welches Personal steht zur Verfügung?
- Welche Rechtsform für ein kommunales Krankenhaus wird gewählt?
- Welcher Finanzbedarf besteht?
- Wer hat die nötigen Managementerfahrungen und kann die Rekommunalisierung umsetzen?
Eine Rekommunalisierung ist eine komplexe Herausforderung. Und hier sehen wir die Aufgabe des Landes, Kommunen dabei zu unterstützen.
So hat das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt für das Krankenhaus in Reichenbach intensiv mit Oberbürgermeister und Landrat nach Lösungen gesucht – bisher ohne Erfolg.
Der Zeitfaktor hat natürlich bei der Suche nach einer Anschlusslösung eine Rolle gespielt. Um hier für die Zukunft den Zeitdruck zu nehmen, wurde im Sächsischen Krankenhausgesetz eine Frist von sechs Monaten von der Änderungsanzeige des Krankenhausträgers bis zur Umsetzung eingeführt.
Auch wenn der Wunsch nach kommunalen Krankenhäusern zur Sicherung der medizinischen Versorgung, gerade in ländlichen Regionen, nachvollziehbar ist, lehnen wir den Antrag ab.
Zum einen ist die Intention dahinter – Krankenhäuser gehören in die öffentliche Hand – nicht mit Bundesrecht vereinbar. Und zum anderen haben wir bereits Regelungen im Sächsischen Krankenhausgesetz getroffen, um die Krankenhausversorgung in Sachsen sicherzustellen. Weitere Reformen werden auf Bundesebene folgen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!