Datum: 14. September 2005

PM 2005-216: Sondersitzung des Sächsischen Landtages zur Klärung der INES-Telefonaffäre

Die Sondersitzung fand auf Wunsch der PDS-Fraktion statt, obwohl der Sachverhalt, über den debattiert werden soll, nur aus der Berichterstattung der Presse bekannt ist. Die bündnisgrüne Fraktion hätte es vorgezogen, wenn die Staatsregierung schon längst dem erheblichen öffentlichen Interesse an Aufklärung in seriöser Weise nachgekommen wäre. Stattdessen hat sie in der Sitzung des Rechtsausschusse vom vorletzten Montag keine Auskunft gegeben. Die Pressekonferenz des Justizministers am 29. August mit den Staatsanwälten, die als arrogant empfunden wurde und nach dem Motto ablief: „Wir haben alles richtig gemacht“ hat das Fass erst recht zum Überlaufen gebracht. Staatsminister de Maiziere hat sich am 1. September im Innenausschuss geweigert, irgendwelche Auskünfte zu erteilen, obwohl er als Polizeiminister und Dienstherr betroffener LKA-Beamter ebenfalls betroffen ist. Daraufhin hat meine Fraktion eine Sondersitzung des Rechtsausschusses beantragt, um erst einmal den Sachverhalt verbindlich aufzuhellen. Leider findet die Sitzung des Rechtsausschusses erst am Freitag statt.
Es widerstrebt der grünen Fraktion, eine endgültig politische Bewertung ohne sichere Datengrundlage abzugeben.
Unseres Erachtens sind folgende Fragen zu klären:
1. Wie kommt die Staatsanwaltschaft Chemnitz auf die Idee, Anträge gegen nicht weniger als 29 Mitarbeiter von INES zu stellen? – Sollten die Mitarbeiter von INES eingeschüchtert werden, weil sie wegen Korruptionsverdachts auch entschlossen gegen einflussreiche Mitglieder der CDU vorgingen?
2. Sollte das Vorgehen gegen INES-Mitarbeiter alle Behördenangehörige in Sachsen mit dem Holzhammer verdeutlichen, welches Risiko es bedeutet, Kontakte zur Presse zu unterhalten?
3. Ist dieses massive Vorgehen bei dem Verdacht auf Geheimnisverrat in Sachsen üblich? – Wohl kaum! – Dies nährt aber den Verdacht auf parteipolitische Einflussnahme.
4. War die Anordnung gegen Herrn Ball oder auch gegen den Journalisten Klein gerichtet? – Oder sollte Herr Klein absichtlich in Anführungszeichen nur „zufällig“ als Kommunikationspartner von Herrn Ball erfasst werden? – Hat sich die Staatsregierung bewusst eine Lücke im Gesetz zu Nutze gemacht, um der Pressefreiheit einen Schlag zu versetzen?
Trotz offener Fragen, hat die Staatsanwaltschaft Chemnitz nach Ansicht der bündnisgrünen Fraktion mit der Keule im Nebel herumgefuchtelt und gehofft, zufällig den Richtigen zu treffen. Dieses Vorgehen zeigt eine Mentalität der Strafverfolger, die die nötige Sensibilität für erhebliche Grundrechtseingriffe vermissen lassen. Nun kann man sagen, dass der Rechtsstaat funktioniert hat, weil zwei Gerichte diese Anordnungen – zu Recht ! – abgelehnt haben. Wir haben hier aber zu Kenntnis zu nehmen und zu bewerten, dass der Generalstaatsanwalt und der Justizminister diese Vorgehensweise im Vorhinein gebilligt hatten. 
Rede des Landtagsabgeordneten Johannes Lichdi am 7. September 2005 vor dem Sächsischen Landtag zur INES-Telefonaffäre.