Datum: 27. Oktober 2005

PM 2005-241: Hermenau: Milbradt-Forderung nach Mehrheitswahlrecht ist kein Ausweis demokratischer Gesinnung

Die erneute Forderung des sächsischen Ministerpräsidenten, Georg Milbradt, nach der Einführung des Mehrheitswahlrechts, charakterisiert die Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Antje Hermenau, als einen „Vorschlag aus der Mottenkiste“. Immer wieder, wenn die großen Parteien mit einem demokratischen Wahlergebnis Schwierigkeiten hätten, komme diese Diskussion hoch. „Es ist kein Ausweis demokratischer Gesinnung, wenn man den Menschen vorschreiben will, die Großparteien zu wählen, von denen sie sich immer mehr abwenden, weil sie keine politische Überzeugungskraft mehr haben“, so die Grünen-Politikerin. Beide Volksparteien haben ihre Programme nicht modernisiert und sind den historischen Situationen, in denen sie entstanden sind, nicht entwachsen.
Hermenau forderte Union und SPD im Bund auf, die Einführung des Mehrheitswahlrechts bei der Bildung der Großen Koalition in Berlin auszuschließen. Die letzte große Koalition (1966-69) habe Pläne verfolgt, das Mehrheitswahlrecht einzuführen.
 
Der Hinweis, dass das Mehrheitswahlrecht mehr Stabilität schaffe, sei absurd: „Dann müssten ja viele alte Demokratien auf der Welt instabil sein. Der internationale Vergleich rechtfertigt eine solche Vermutung nicht.“ Vielmehr werde gerade das deutsche Wahlrecht auch im Ausland als vorbildlich angesehen, bemerkt Antje Hermenau.
Die grüne Fraktionsvorsitzende meint weiter: „Wenn CDU und SPD keine höheren Wahlergebnisse erlangen können und Schwierigkeiten haben, eine Regierungsbildung zustande zu bringen, müssen sie sich das selbst und nicht dem Wahlrecht anlasten. Würde die sächsische Union von ihrer alten Arroganz der Macht ablassen und stärker auf Kooperation mit den demokratischen Regierungsparteien setzen, wären stabile demokratische Mehrheiten entlang der Sachfragen kein Problem.“ 
(Aussagen von Ministerpräsident Milbradt, siehe: Die Welt, 06.10.05)