PM 2005-256: Patriotismusdebatte der Sächsischen Union – „Dieses Papier wird der NPD keine schlaflosen Nächte bereiten“
Als „historisch selektiv“ hat der sächsische Grünen-Abgeordnete Johannes Lichdi die Thesen des unter Leitung von Matthias Rößler
zusammengestellten Antrags an den CDU-Parteitag kritisiert.
Rößler erliege erneut dem alten Denkfehler, dass man der NPD durch
patriotisches Gebahren das Wasser abgraben könne. „Dieses Papier wird der NPD keine schlaflosen Nächte bereiten“, so Lichdi. Es sei aber anzuerkennen, dass das CDU-Papier eine Trennung von Patriotismus und Nationalismus einfordert.
„Die verkürzende historische Argumentation soll offenbar ambivalente Begriffe wie den der ‚Schicksalsgemeinschaft‘ begründen“, vermutet Lichdi. „Patriotismus birgt aber große Gefahren, wenn er irrational wird. Demokratie und Grundrechte müssen das Gemeinwesen konstituieren und nicht geschichtliche Konstrukte.“ Dass die Angehörigen von Minderheiten den „deutschen Patrioten“ gegenübergestellt werden, zeuge nicht von Verantwortungsbewusstsein.
In diesem Zusammenhang kritisiert Lichdi, dass der „Verfassungspatriotismus“ in den Rößler-Thesen relativiert werde. So heiße es darin, dass die Lektüre des Grundgesetzes die Deutschen nicht „in positive nationale Wallungen“ versetze. „Dass man Menschen in irgendwelche Wallungen versetzt, sollte wohl kaum Aufgabe der Politik sein“, kommentiert Johannes Lichdi diese Passage.
Auch die Sachsen seien nicht auf gefühlige Identitätsbeschwörungen angewiesen. „Die Ausfälle des Antrages gegen die multikulturelle Gesellschaft befördern Abschottungstendenzen, die für die Zukunft Sachsens alles andere als nutzbringend sind.“
Amüsiert zeigt sich Lichdi angesichts der These, dass eine Dominanz der 68er über Medien, Wissenschaft und Schule zu überwinden sei. Dies sei ein Popanz der CDU, der erst recht in den Neuen Bundesländern niemanden erschrecke. „Es wundert mich doch sehr, dass Matthias Rößler in seiner Zeit als Kultusminister ausgerechnet die Dominanz der 68er an Sachsens Schulen festgestellt hat. Auch diese wirre Feststellung zeigt, dass nicht die Deutschen oder die Sachsen, sondern lediglich die sächsischen Christdemokraten unter einer Identitätskrise leiden.“