Datum: 07. November 2005

PM 2005-272: Im letzten Jahr ist Sachsen nicht spürbar vorangekommen

„Im letzten Jahr ist Sachsen nicht spürbar vorangekommen“, bilanziert Antje Hermenau, die grüne Fraktionschefin im Sächsischen Landtag, das erste Jahr der CDU-SPD-Koalition. „Die sächsische SPD als Juniorpartner in Dresden und bald auch in Berlin, bekommt kaum Luft. Die Modernisierung des Landes sieht anders aus. Die Minister erledigen ihre Amtsgeschäfte mehr oder weniger erfolgreich, aber Strahlkraft und Energie sucht man vergebens. Sachsen und der Koalition fehlt es an Aufbruchstimmung.“
„Seit einem Jahr sind Finanzminister Metz und Ministerpräsident Milbradt nicht in der Lage, die Affäre um die Sachsen LB zu beenden. Durch Justizminister Mackenroth wurde in der Schnüffel-Affäre die Pressefreiheit in Frage gestellt. Er konnte die Anschuldigungen nicht überzeugend zurückweisen.
Der CDU fällt es weiter schwer, wahrzunehmen, dass sie die absoluten Mehrheit verloren und die Macht in Sachsen nicht auf Ewigkeit gepachtet hat.
Kompromisse und Kooperation sind weiterhin Neuland für die CDU, das zeigt eindrucksvoll das Beispiel Sachsen LB. Angebote der demokratischen Opposition, gemeinsam an einer Neuausrichtung der Bank zu arbeiten, wurden mit schlechter Informationspolitik gegenüber der Öffentlichkeit gedankt.
Positiv ist, dass die SPD das Programm für Weltoffenheit und Toleranz im Landeshaushalt verankern konnte. Doch auch hier musste immer wieder die ausreichende finanzielle Ausstattung der Initiativen eingeklagt werden, damit diese vor Ort – gerade auch im ländlichen Raum – demokratische Kultur stärken und rechtsextremistische Einstellungen zurückdrängen können. 
Wichtig war der Beschluss von CDU und SPD, die Verwaltungsreform anzugehen und eine Enquetekommission ‚Demographische Entwicklung‘ einzusetzen. Ob belastbare Entscheidungen getroffen werden, muss die Koalition noch beweisen. Statt den Verwaltungsabbau auch in den Ministerien voranzutreiben, wir einseitig zu lasten der Lehrerstellen gespart.
Bei Sachsens Bildungspolitik fällt vielen vor allem eines ein: rigide Schulschließungen. Es fehlt die Perspektive für eine innovative Schulpolitik, die das drängende Problem der viel zu großen Zahl an Bildungsverlierern angeht. Die von der SPD erstrittene Einführung von Gemeinschaftsschulen wurde vom Kultusminister erfolgreich verzögert. Die Misere geht mit der Novelle des KiTa-Gesetzes weiter: Die Zugangskriterien werden nicht abgeschafft, sondern zementiert. Der begrüßenswerte Bildungsplan wird wegen der fehlenden finanziellen Untersetzung kaum schlechtere Startchancen von Kindern ausgleichen können.
Die Umweltpolitik wurde nur semantisch geändert. In der Klima- und Energiepolitik verschenkt die Landesregierung Zukunftschancen. Der Braunkohlenlobbyismus wird fortgesetzt, der Einsatz erneuerbarer Energien kleingeschrieben. Dazu passt der jüngst vorgelegte Klimabericht; die Landesregierung rechnet sich die katastrophale CO2-Bilanz schön. Kleine Erfolge, wie etwa die energetische Gebäudesanierung und der verstärkte Einsatz erneuerbarer Energien gehen fast ausnahmslos auf das Konto der scheidenden Bundesregierung.
Die nach Koalitionsvertrag erstmals im Mai 2005 vorzulegende Prioritätenliste für Verkehrsinvestitionen fehlt bis heute. Wohltönende Begriffe wie Verkehrsvermeidung, Verlagerung von motorisiertem Individualverkehr auf den ÖPNV und das Ziel der verstärkten Abwicklung des Gütertransports auf der Schiene wurden nie untersetzt. 
Beim ökologischen Landbau hat die Koalitionsvereinbarung kein Jahr gehalten. Neuantragsteller gehen nun leer aus, obwohl die Förderung finanziell kein Problem darstellt. Sachsen fällt hinter die alte Politik der CDU-Alleinregierung beim Ökolandbau zurück. In den meisten Bundesländern geht die Förderung dagegen weiter.
Die Koalition hat weiterhin nicht vor, ein Informationsfreiheitsgesetz vorzulegen. Damit verzichtet sie bewusst auf ein wichtiges Standbein in der Korruptionsbekämpfung.
Zugeständnisse an die SPD, wie das Recht von Homosexuellen auf Standesämtern zu heiraten, werden z. T. vom Koalitionspartner CDU torpediert. Durch überhöhte Gebühren wurde in diesem Fall versucht, die positiven Veränderungen zu vergiften. Ein eindrucksvolles Beispiel für das Klima in der Koalition.“