PM 2006-178: Sächsisches Polizeigesetz muss nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Rasterfahndung geändert werden
790.000 Sachsen nach dem 11. September 2001 gescannt – kein `Schläfer´ gefunden
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Rasterfahndung fordert die GRÜNE-Fraktion im Sächsischen Landtag Konsequenzen in Sachsen.
„Das Sächsische Polizeigesetz muss geändert werden“, so Johannes Lichdi, rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion. „In Zukunft muss ein Richter über die Anordnung der Rasterfahndung entscheiden. Weiterhin müssen die Betroffenen benachrichtigt werden, wenn eine polizeiliche Maßnahme abgeschlossen wurde. Zudem sollte dieser Eingriff nur bei tatsächlich bestehender gegenwärtiger Gefahr und nicht schon ohne gegenwärtige Gefahr zur Verhinderung so genannter Straftaten erheblicher Bedeutung angewandt werden.“
„Ich begrüße ausdrücklich, dass die bisherige Praxis der Rasterfahndung, durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nun für verfassungswidrig erklärt wurde“, so Lichdi. „Nur enge gesetzliche Grenzen können vor einer ausufernden Massendurchleuchtung der sächsischen Bürgerinnen und Bürgern, gegen die nichts vorliegt, schützen. Es muss künftig ausgeschlossen werden, dass in Sachsen unterstellt wird, dass eine gegenwärtige Gefahr besteht und dass dieser eigentlich klar definierte Begriff so ausgelegt wird, dass er jegliche Steuerungskraft verliert.“
Im Zuge der Maßnahmen nach den Anschlägen in den USA im September 2001 hatte das Landeskriminalamt Sachsen (LKA) Daten u.a. von Meldebehörden, Universitäten und Hochschulen, Sprachschulen, Flugschulen und aus dem Ausländerzentralregister angefordert und abgeglichen. So gerieten fast 20% der sächsischen Bevölkerung – 790.000 Personen – nach Angaben des Landesbeauftragten für Datenschutz in das Visier der Ermittler. Daten von 1.400 Personen wurden an das Bundeskriminalamt übermittelt und in der Datei ‚Schläfer‘ gespeichert (Angaben des Datenschutzberichts 2005). Die Polizei konnte dabei nicht einen einzigen sog. ‚Schläfer‘ ermitteln.