Datum: 07. Juni 2006

PM 2006-188: „Klimapolitischer Offenbarungseid“ – Staatsregierung fordert Ausnahmeregelungen für Braunkohle

Schummelt Umweltministerium bei CO2-Emissionen?
Die Stellungnahme der Sächsischen Staatsregierung zum Entwurf des Nationale Allokationsplan (NAP) wertet die GRÜNEN-Fraktion im Sächsischen Landtag als „klimapolitischen Offenbarungseid“.
Der NAP wird derzeit auf der Bundesebene verhandelt. Darin wird festgelegt, unter welchen Bedingungen im Zeitraum 2008 – 2012 die Verschmutzungsrechte für das Treibhausgas Kohlendioxid gehandelt werden (Zertifikatshandel).
„Gleich an mehreren Stellen fordert die Landesregierung Ausnahmeregelungen für die Braunkohleverstromung. Schon der Entwurf des Bundesumweltministeriums bleibt weit hinter den klimapolitischen Erfordernissen zurück. Sachsen will die Standards jetzt noch weiter absenken“, erklärt Johannes Lichdi, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion.
„Die Staatsregierung versucht das marktwirtschaftliche Instrument des Zertifikatshandels mit unterschiedlichen Vorgaben ad absurdum zu führen, indem klimaschädliche Brennstoffe bevorteilt werden“, kritisiert Lichdi.
So wird in der sächsischen Stellungnahme für Braunkohlekraftwerke ein Richtwert von 830 Gramm CO2 pro erzeugter Kilowattstunde gefordert. Die Bundesregierung sieht dagegen für Kohlekraftwerke einen Ausstoß von 750 Gramm und für die umweltfreundlichen Gas- und Dampfturbinenkraftwerke von 365 Gramm vor.
„Schon der Vorschlag der Bundesregierung ist eine unerträgliche Subventionierung der besonders klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke. Die Sächsische Staatsregierung betätigt sich mit ihrer pro-Braunkohlen-Haltung als Lobbyist der Vattenfall AG“, so Lichdi. Zusammen mit den Sonderregelungen bei den Volllaststunden würde das für die Braunkohle zu einem zusätzlichen Wettbewerbsvorteil von ca. 25% führen.
Überrascht ist man bei der GRÜNEN-Fraktion über den Umgang mit Daten. „Werden vom Sächsischen Umweltministerium je nach Interessenlage unterschiedliche Zahlen ausgereicht?“, fragt der Abgeordnete. In der Landtagsdrucksache 4/3202 hatte das Umweltministerium die erwarteten CO2-Emissionen aus dem neuen Kraftwerk in Boxberg mit 4,4 Mio. Jahrestonnen angegeben. In der Stellungnahme an die Bundesregierung wird die jährliche Emission der Anlage jetzt auf 5 Millionen Jahrestonnen geschätzt.
Mit dem Neubau des Braunkohlenkraftwerkes Boxberg  durch die Vattenfall AG werden sich die sächsischen Emissionen um fast 10% auf dann über 57 Millionen Jahrestonnen CO2 erhöhen. Im Klimaschutzprogramm des Freistaates steht als Zielwert ein CO2–Ausstoß von 44 Millionen.
Die Stellungnahme der Sächsischen Staatsregierung zum Entwurf des Bundesumweltministers wurde den Mitgliedern des Umweltausschusses auf Initiative des Abgeordneten Lichdi jetzt zugeleitet.