Datum: 19. Juni 2006

PM 2006-208: Feinstaub – Tillich soll handeln, statt Grenzwerte aufzuweichen

Umweltminister versucht, eigene Versäumnisse zu kaschieren
Die GRÜNE-Fraktion weist den Vorschlag von Umweltminister Tillich zurück, bei den Feinstaub-Grenzwerten künftig den Jahresmittelwert statt den Tageswert zu Grunde zu legen.
„Der Umweltminister soll handeln, statt die Feinstaub-Grenzwerte aufzuweichen“, fordert Johannes Lichdi, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion. „Seit 1999 wusste die Staatsregierung, dass ab 2005 die Grenzwerte einzuhalten sind. Erst 2005 begann sie, Aktions- und Luftreinhaltepläne erarbeiten zu lassen. Nun versucht Herr Tillich, die Versäumnisse nachträglich zu kaschieren. Er will den Städten durch eine massive Absenkung der Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit wirksame Maßnahmen gegen den Feinstaub ersparen.“ 
„Wie wichtig ist dem Minister die Gesundheit der Bürger?“, fragt Lichdi. „Bei der Feinstaub-Belastung geht es um einen giftigen Cocktail aus Abgasen und heranwehenden Stäuben, der jedes Jahr tausende Bürger krank macht und vorzeitig zum Tode führen kann. Es ist nicht akzeptabel, dass Sachsen auch sieben Jahre nach dem EU-Beschluss das Feinstaub-Problem nicht in den Griff bekommt.“
Argumente dafür, die doppelte Kontrolle durch Kurz- und Langzeitmittelwerte beizubehalten, liefert die vor kurzem überarbeitete Luftqualitätsrichtlinie der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Danach verursachen schon Konzentrationen von 20 Mikrogramm PM10 pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel gesundheitliche Schäden. Und: Kurzzeitige Spitzenbelastungen könnten zu zusätzlichen Erkrankungen führen, weil sie vor allem das Herz-Kreislauf-System sehr belasten. Die WHO empfiehlt deshalb Grenzwerte von 20 Mikrogramm im Jahresmittel und 50 Mikrogramm binnen 24 Stunden – und das an nicht mehr als drei Tagen im Jahr. In der Schweiz gilt bereits seit 1998 ein Jahresgrenzwert von 20 Mikrogramm im Jahresmittel und 50 Mikrogramm in 24 Stunden, wobei hier nur eine Überschreitung erlaubt ist!
Lichdi wirft der Staatsregierung zudem vor, dass sie sich gegen den Vorstoß der Bundesregierung zur steuerlichen Förderung von Dieselrußfiltern positioniert und damit das wirkungsvollste steuerliche Anreizinstrument zurückgewiesen hätte.
Alle wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen, dass der Verkehr die größte Quelle für die Grenzwertüberschreitungen ist. Eine Studie des Landesamtes für Umwelt und Geologie schreibt dem Autoverkehr einen Anteil von 44% an den Feinstaubbelastungen zu (LfUG, Immissionsbericht 2004, Sep. 2005, S.39). 
Nach der derzeitig geltenden EU-Richtlinie sind im Jahr nicht mehr 35 Überschreitungen von 50 Mikrogramm PM10 pro Kubikmeter zulässig.