Datum: 18. Oktober 2006

PM 2006-391: GRÜNE-Fraktion reicht Verfassungsklage ein

Verletzung der Budgethoheit des Parlaments bei Kabinettbeschluss über Verteilung der EU-Fördermittel 2007-2013
Die GRÜNE-Fraktion reicht heute eine Verfassungsklage gegen die sächsische Staatsregierung ein. Der Vorwurf: Verletzung der parlamentarischen Budget-, Informations- und Beteiligungsrechte bei der Entscheidung über die Verwendung der EU-Mittel.
„Der Landtag hätte vor der Kabinettsentscheidung am 11. Juli 2006 umfassend über die künftige EU-Förderpolitik informiert werden müssen. Das ergibt sich aus dem Budgetrecht und dem Grundsatz der Organtreue. Die Realität sah anders aus. Bei der komplexen Frage, wie viel für einzelne Fördermaßnahmen ab 2007 ausgegeben werden soll, stocherten wir monatelang im Nebel. Dann hat die Regierung uns plötzlich vor vollendete Tatsachen gestellt“, so Antje Hermenau, Fraktionschefin der GRÜNEN im Landtag.
Die GRÜNE-Fraktion hatte im März- und Aprilplenum Auskunft zur EU-Strukturförderung ab 2007 verlangt (Drs 4/4538, Drs 4/4902), die Anträge wurden jedoch mehrheitlich abgelehnt. Bis heute fehlen wesentliche Informationen zur künftigen EU-Förderpolitik, so dass offen bleibt, welche Gesamtstrategie die Staatsregierung verfolgt.
„Wir wollen mit der Klage erreichen, dass die Staatsregierung nicht allein über die EU-Mittel entscheidet; dazu ist ein Beschluss des Landtages notwendig. Dieses Beteiligungsrecht des Parlaments lässt sich aus dem in der Verfassung verankerten Budgetrecht ableiten“, ist Hermenau überzeugt.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist, dass die Mittel, über die das Parlament noch real entscheiden kann, aufgrund Ausgabeverpflichtungen bei unter 10 Prozent des Gesamthaushalts liegen. Die EU-Mittel und die zur Kofinanzierung notwendigen Landesmittel machen 2006 zirka 5 Prozent des Gesamthaushalts aus. „Das verdeutlicht, dass die Staatsregierung mit ihrer Entscheidung über die Mittelverteilung über einen wesentlichen Teil der ohnehin geringen freien Mittel bereits bestimmt hat“, so Hermenau.
„Werden die EU-Mittel so wachstumswirksam wie möglich eingesetzt, leisten sie einen entscheidenden Beitrag für eine größere Unabhängigkeit des Freistaates von verschiedenen Transfers. Statt der vom Freistaat geplanten finanziellen Unterstützung des bereits vorzüglich ausgebauten Straßennetzes, sind mehr Mittel für die betriebliche Technologieförderung erforderlich. Das haben Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft bei einer Anhörung im Haushaltsausschuss bestätigt“, erklärt die Fraktionschefin (Anhörung zur Drs 4/5726). Hintergrundpapier zur Organklage als PDF zum Download