PM 2007-125: Landesamt für Denkmalpflege – Unrühmliches Ende einer 100jährigen Erfolgsgeschichte
Abschaffung der eigenständigen Fachbehörde ist Absage des Freistaates an die Verantwortung gegenüber seinen Kulturdenkmalen
Karl-Heinz Gerstenberg, kulturpolitischer Sprecher der GRÜNEN-Fraktion, kritisiert die laut Referentenentwurf im Zuge der Verwaltungsreform geplante Abschaffung des Landesamts für Denkmalpflege: „Wer in einem Land mit solch einem hochwertigen Bestand an Kulturdenkmalen ausgerechnet diese international anerkannte Fachbehörde ausschalten will, hat entweder die Bedeutung des Umgangs Sachsens mit seinen Kulturdenkmalen nicht begriffen oder seinen Referenten ist ein grober handwerklicher Schnitzer unterlaufen. Im Interesse des Ministers hoffe ich auf Letzteres.“
„Die geplante Eingliederung des bisher unabhängigen Landesamtes für Denkmalpflege in die Landesdirektion Dresden gefährdet den Fortbestand der bisher höchst verdienstvollen Arbeit der staatlichen Denkmalpflege in Sachsen“, so Gerstenberg, der jetzt in einem Antrag die Staatsregierung dazu auffordert das Landesamt als eigenständige Fachbehörde zu erhalten.
„Ohne die Begleitung des Landesamtes wäre die über Sachsens Grenzen hinaus anerkannte fachlich fundierte Erhaltung bzw. Restaurierung herausragender sächsischer Kulturdenkmale wie Frauenkirche, historisches Grünes Gewölbe, Sächsische Staatsoper, Freiberger Dom, Stiftskirche Wechselburg, Annenkirche Annaberg, Nikolaikirche und Thomaskirche Leipzig undenkbar gewesen“, erklärt der Kulturpolitiker. „Mit der Auflösung des Landesamts als eigenständige Fachbehörde würde der Innenminister eine über hundertjährige sächsische Erfolgsgeschichte beenden – ohne Not und ohne Grund.“
„Rätselhaft bleibt, wie die im Verwaltungsrecht allgemein getrennten Aufgaben einer Fachbehörde einerseits und einer Widerspruchsbehörde andererseits durch die jetzt vorgesehene Vereinigung beider Aufgaben unter dem Dach einer ‚Landesdirektion‘ funktionieren sollen“, fragt der grüne Abgeordnete.
Im Referenten-Entwurf werden mit der vorgesehenen Änderung des sächsischen Denkmalschutzgesetzes den kommunalen unteren Denkmalschutzbehörden zusätzliche Aufgaben zugewiesen. Dazu gehört die Übertragung der Zuständigkeit für die Vergabe staatlicher Fördermittel und für die Bescheinigungen nach dem Steuerrecht sowie die zusätzliche Zuständigkeit für alle Denkmale im Besitz der öffentlichen Hand. „Wie sollen die unteren Denkmalschutzbehörden, die bereits gegenwärtig unter akutem Personalmangel leiden, mit diesen zusätzlichen komplexen wissenschaftlichen Aufgaben fertig werden?“
„In den Augen der Öffentlichkeit – auch außerhalb des Freistaates Sachsen – kann die Unterstellung einer in so hohem Maße fachlich ausgewiesenen Behörde der Baudenkmalpflege unter die Landesdirektion Dresden nur als Absage an die Verantwortung des Freistaates gegenüber seinen Kulturdenkmalen verstanden werden“, ist Gerstenberg überzeugt.
„Aus fachlicher Sicht zudem völlig unverständlich bleibt die geplante Eingliederung des Landesamtes für Denkmalpflege in die Landesdirektion Dresden vor dem Hintergrund, dass die Schwesterbehörde – das Landesamt für Archäologie – eigenständig bleiben soll. Solch eine Ungleichbehandlung der beiden bisherigen Denkmalbehörden wäre deutschlandweit einmalig. Bei beiden Gebieten handelt es sich um zentrale denkmalpflegerische Aufgaben, die in ihrer Bedeutung als gleichwertig zu betrachten sind.“
Wenn Verwaltung im Bereich der Baudenkmalpflege optimiert werden soll, käme laut Gerstenberg nur die Überprüfung der Synergieeffekte in Frage, die durch eine Zusammenlegung der beiden bisherigen Landesoberbehörden im Bereich des sächsischen Denkmalschutzes – dem Landesamt für Denkmalpflege und dem Landesamt für Archäologie – in einer unabhängigen Fachbehörde erzielbar sind.
Historie:
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Das sächsische Landesamt für Denkmalpflege ging 1919 aus der Kommission zur Erhaltung der Kunstdenkmäler hervor, die 1894 als erste Institution staatlicher Denkmalpflege ins Leben gerufen worden war. Es bestand über die Auflösung des Landes Sachsen im Jahr 1952 hinaus und gehörte seit 1958 als Arbeitsstelle Dresden zum Institut für Denkmalpflege der DDR. 1993 erfolgte die Wiedereinrichtung als Landesoberbehörde. Seit Juli 2002 ist das Landesamt dem Innenministerium nachgeordnet. Im Referenten-Entwurf des SMI zum Gesetz zur Neuordnung der Sächsischen Verwaltung (Sächsisches Verwaltungsneuordnungsgesetz – SächsVwNG) vom 19. Dezember 2006, Teil 4, Artikel 6 wird unter „Änderung des Sächsischen Denkmalschutzgesetzes“ die faktische Auflösung des Landesamtes für Denkmalschutz und seine Eingliederung in die Landesdirektion Dresden vorgeschlagen.