Datum: 01. Juni 2007

PM 2007-201: Große Anfrage zeigt gravierende Fehlentwicklungen bei neuen Bachelor- und Masterstudiengängen

Viele Studierende werden in rechtsunsichere Studiengänge geschickt
BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN im Sächsischen Landtag sehen erhebliche Mängel in der Umsetzung der neuen Bachelor- und Masterstudiengänge an den sächsischen Hochschulen.
Die heute vorgestellten Ergebnisse einer Großen Anfrage der GRÜNEN-Fraktion zeigen „erhebliche Fehlentwicklungen bei der Rechtssicherheit, der personellen Ausstattung und der internationalen Mobilität“, so Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, Parlamentarischer Geschäftsführer und hochschulpolitischer Sprecher der Fraktion. „Viele Studierende an sächsischen Hochschulen werden in nicht rechtssichere Studiengänge geschickt, in denen sie mehr Prüfungen denn je, aber geringere Chancen auf einen Auslandsaufenthalt erwarten.“
„Nur ein Drittel der neuen Studiengänge wurde bisher erfolgreich akkreditiert. Für jeden fünften Studiengang gibt es keine genehmigte Studien- und Prüfungsordnung“, kritisiert Gerstenberg. „Das ist ein unhaltbarer Zustand. Für tausende Studierende bedeutet das Unsicherheit im Hinblick auf den Wert ihrer Studien- und Prüfungsleistungen und die tatsächliche Anerkennung ihres Abschlusses.“ 
Der grüne Hochschulpolitiker sieht nicht nur aufgrund der Rechtsunsicherheit, sondern auch wegen unzureichender personeller Ausstattung die Staatsregierung in der Pflicht. „Fast alle Hochschulen sehen durch die neuen Studienstrukturen einen höheren Personalbedarf, der von der Staatsregierung schlicht ignoriert wird. Dringend notwendige elektronische Prüfungssysteme müssen die Hochschulen in Alleinregie bezahlen und einführen. Mit der Situation werden offensichtlich viele Hochschulen überfordert und von der Staatsregierung im Regen stehen gelassen.“
Auf Grund der organisatorischen Probleme drohen Gerstenberg zufolge die Kernziele der Reform aus dem Blick zu geraten. „Die Anerkennung von Studienleistungen an in- und ausländischen Hochschulen erfolgt immer noch durch individuelle Entscheidung der Prüfungsämter und nicht durch eine Regelanerkennung. Statt internationale Mobilität zu ermöglichen, ist mittlerweile sogar die nationale Mobilität gefährdet.“ Darüber hinaus sieht Gerstenberg die Studierbarkeit der neuen Studiengänge gefährdet. „In den meisten Studiengängen hat sich die Stoffdichte erhöht und die Anzahl der Prüfungen verdoppelt oder verdreifacht. Mit einer starken Verschulung hat sich das ursprüngliche Ziel der Studienreform ins Gegenteil verkehrt.“
 
Von der Staatsregierung fordert Gerstenberg nun gesetzliche Änderungen und eine stärkere Begleitung der Hochschulen. „Das neue Hochschulgesetz muss die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen, das die neuen Studiengänge rechtssicher und gut studierbar werden. Mindestens ebenso dringend ist jedoch eine aktive Unterstützung mit Personal und fachlicher Beratung sowie eine Mitfinanzierung der neu einzuführenden elektronischen Prüfungssysteme.“ 
„Mit Blick auf den drohenden Rückgang der Studierendenzahlen ist ein attraktives Studienangebot für die sächsischen Hochschulen existentiell“, so der GRÜNEN-Politiker. „Die Wissenschaftsministerin kann sich jede Werbekampagne für den Studienstandort Sachsen sparen, wenn sich herumspricht, dass viele neue Studiengänge in Sachsen nicht rechtssicher und schlecht studierbar sind.“
Über die Ergebnisse der Großen Anfrage „Umsetzung des Bologna-Prozesses an den sächsischen Hochschulen und Studienakademien“ (Drs. 4/7762) wird am Freitag nächster Woche im Landtag debattiert.
weitere Informationen:


  • Eckpunkte „Umsetzung des Bologna-Prozesses an den sächsischen Hochschulen und Studienakademien“ zur Großen Anfrage (Drs. 4/7762)

  • Zusammenfassung „Umsetzung des Bologna-Prozesses an den sächsischen Hochschulen und Studienakademien“ der Großen Anfrage (Drs. 4/7762)

  • Große Anfrage (Drs. 4/7762)