Datum: 19. Oktober 2007

PM 2007-392: Frauen-JVA Chemnitz – Staatsregierung plant drastische Personaleinsparungen

Frauen und Mädchen droht behandlungsarmer Verwahrvollzug
„Die ambitionierten Umbaupläne der JVA Chemnitz zur zentralen Frauenhaftanstalt für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen werden durch den kurzsichtigen Personalabbau der Staatsregierung konterkariert“, fasst Sozialpolitikerin Elke Herrmann das gestrige Fachgespräch der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Chemnitz zur Situation inhaftierter Frauen und Mädchen zusammen.
„Die Pläne von CDU-Justizminister Geert Mackenroth sind paradox. Auf der einen Seite werden Millionen Euro für den notwendigen und überfälligen Umbau der JVA ausgegeben, gleichzeitig aber wird das Personal dramatisch reduziert. Wenn die Staatsregierung an ihren Kürzungsplänen festhält, droht einem Großteil der gefangenen Frauen und Mädchen ein behandlungsarmer Verwahrvollzug“, prophezeit die grüne Abgeordnete. Dem Ziel der Resozialisierung von Gefangenen und ihrer Wiedereingliederung in die Gesellschaft läuft dies zuwider.
„Wenn Frauen und Mädchen Kinder haben, zu denen der Kontakt während der Haftzeit erhalten bleiben soll, haben sie einen höheren Betreuungsbedarf. Die Auswirkungen der Haft sind ohne ausreichende Betreuung für Mütter und vor allem die Kinder besonders einschneidend und nicht selten irreparabel“, unterstreicht Elke Herrmann ihre Forderung nach Rücknahme der Kürzungspläne.
Eine Kleine Anfrage von Elke Herrmann ergab, dass für die persönliche Betreuung der zukünftig insgesamt 654 Strafgefangenen lediglich vier Psychologen, zwei Lehrer und neun Sozialpädagogen vorgesehen sind. Allein ein Psychologe und ein Sozialarbeiter sollen in der sozialtherapeutischen Abteilung arbeiten. Gespart wird somit vor allem an der Behandlung der übrigen Gefangenen.
Die Benachteiligung der Mädchen wird durch die ab 2009 zentralisierte Zuständigkeit der neuen Frauenanstalt für drei Bundesländer zusätzlich verschärft. „Die oft weit entfernt tätige Jugendgerichtshilfe muss verbindlicher als bisher in die Vollzugsgestaltung eingebunden werden“, verlangt die Sozialpolitikerin.
Die GRÜNE-Fraktion sieht in ihrem Entwurf für ein Jugendstrafvollzugsgesetz vor, das Landesjugendhilfegesetz in Richtung verbindlicher Mitarbeit zu ändern. „Dann kann kein Kämmerer in den sächsischen Kommunen die Fahrten der Jugendgerichtshelfer nach Chemnitz zusammenstreichen.“
Die Gesetzentwürfe zum Jugendstrafvollzugsgesetz werden in der kommenden Woche im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss behandelt. Voraussichtlich im November-Plenum wird über sie entschieden.
Hintergrund:
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In den nächsten Jahren, frühestens ab 2009, soll die JVA Chemnitz zur zentralen Frauenhaftanstalt für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen umgestaltet werden. Details zu den ersten Planungen hat die Landtagsabgeordnete der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in 6 Kleinen Anfragen erfragt.
Die Kleinen Anfragen (Drs. 4/9113-9118):
„Strafvollzug für Frauen in Chemnitz I“ (Drs. 4/9113)
„Strafvollzug für Frauen in Chemnitz II – Jugendgefangene“ (Drs. 4/9114)
„Strafvollzug in Chemnitz III – Ausbildung“ (Drs. 4/9115)
„Strafvollzug für Frauen in Chemnitz IV – Sucht“ (Drs. 4/9116)
„Strafvollzug für Frauen in Chemnitz V – Familie“ (Drs. 4/9117)
„Strafvollzug für Frauen in Chemnitz VI – Kosten und Personal“ (Drs. 4/9118)