PM 2007-422: Auswirkungen des Landesbank-Desasters auf Kommunen nicht abschätzbar – Vorsorge für enger werdende Handlungsspielräume treffen
Anlässlich der heutigen, von der Koalition beantragten Aktuellen Debatte zum Thema ‚Finanzausstattung der Sächsischen Kommunen‘ erklärt Antje Hermenau, Vorsitzende und Finanzexpertin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
„Die Haushaltssituation der sächsischen Kommunen ist besser geworden: Die Finanzierungssalden sind seit 2004 positiv, liegen über dem Bundesdurchschnitt und steigen seit 2005 dynamisch an. Diese erfreuliche Situation darf aber nicht über diverse kommunale Haushaltsrisiken der nächsten Jahre hinwegtäuschen.
Dazu gehören:
1. Die Auswirkungen des Landesbank-Desasters auf die Kommunen sind noch nicht abzuschätzen. Zum einen, weil der Kaufpreis der Landesbank und damit der kommunale Beteiligungssatz an der LBBW erst Ende des Jahres ermittelt wird. Zum anderen weil immer noch nicht bekannt ist, inwiefern die Sparkassen riskante Papiere der Sachsen LB im Portfolio haben. Ggf. kommen hier über Wertberichtigungen der Sparkassen Mindereinnahmen auf die Kommunen zu;
2. Mit der Verwaltungsreform sollen die Kommunen Aufgaben der Regierung, die bisher 200 Mio. Euro gekostet haben, künftig 30 Prozent billiger erledigen. Für mich ist bisher nicht nachvollziehbar, wie die Kommunen diese Sparleistung erbringen sollen, weil die Staatsregierung Aufgabenkritik sowie Evaluierungen vorheriger Aufgabenübertragungen versäumt hat;
3. Der Bund beabsichtigt, ab 2008 die Zuschüsse zu den Kosten der Unterkunft der Hartz-IV-Empfänger Sachsen um 30 Mio. Euro zu reduzieren;
4. Infolge der Unternehmensteuerreform kommen von 2008-2010 auf die Kommunen Mindereinnahmen in Höhe von 38 Mio. Euro zu (vgl. Drs. 4/8067);
5. Mittelfristig kommt es aufgrund der demografischen Entwicklung und der Abnahme des Solidarpakts zu Mindereinnahmen aus dem Kommunalen Finanzausgleich. Leider hat die Koalition am Mittwoch unseren Antrag abgelehnt, bereits heute mit 54 Mio. Euro Vorsorge für enger werdende Handlungsspielräume zu treffen, anstatt die Mittel bereits 2008 auszuzahlen.
Ich fordere die Staatsregierung daher auf: „Begrenzen Sie diese kommunalen Haushaltsrisiken in Millionenhöhe! Dazu gehört auch, endlich alle Fakten zum Landesbankdesaster auf den Tisch zu legen.“
Als die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre sieht Antje Hermenau, die anhaltende kommunale Steuerschwäche zu beheben.
„Die Steuerdeckungsquote der sächsischen Kommunen ist unbefriedigend: Sie liegt mit 23 Prozent weit unter dem Wert der finanzschwachen Flächenländer West (37 Prozent). Die Pro-Kopf-Differenz zwischen Bundesschnitt und sächsischen Kommunen hat sich bei den kommunalen Steuereinnahmen von 2002 bis 2006 um 28 Euro je Einwohner sogar vergrößert. Das zeigt: Der Aufholprozess ist ins Stocken geraten.“
„Es ist damit höchste Zeit für eine wirtschaftspolitische Kurskorrektur: Weg von der Beton-Strategie der Staatsregierung, hin zu mehr Forschung und Entwicklung.
Zudem müssen wir im Rahmen der Initiative Mitteldeutschland eine Cluster-Strategie für die Erneuerbaren und die Effizienztechnologien auf den Weg bringen. Wenn der Freistaat bei den Umwelttechnologien die Nase vorn hat, kann er künftig Wettbewerbsvorteile und nachhaltige sächsische Wirtschaftsstrukturen sichern.“