PM 2008-071: Urteil zur Online-Durchsuchung – Erneute Ohrfeige gegen Überwachungsphantasien
CDU-SPD-Koalition muss Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung im Polizeigesetz umsetzen
Die GRÜNE-Fraktion in Sachsen begrüßt das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in dem die Befugnis des NRW-Verfassungsschutzes zur heimlichen Online-Durchsuchung von Computern für nichtig erklärt wird. Der Zugriff auf Computer darf nur bei einer konkreten existentiellen Bedrohung erfolgen.
„Dieses Urteil ist eine erneute Ohrfeige gegen die Überwachungsphantasien von Schäuble und Co.“, erklärt Johannes Lichdi, innenpolitischer Sprecher der Fraktion.
„Damit hat das Gericht zum wiederholten Mal klargestellt, dass heimliche Zugriffsrechte der Polizei in einem Rechtsstaat die Ausnahme sind und Vorkehrungen getroffen werden müssen, um die Interessen der Betroffenen verfahrensrechtlich abzusichern.“
„Wir erwarten von der sächsischen Staatsregierung, jetzt endlich die vorliegenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung im hiesigen Polizeigesetz umzusetzen“, fordert der Innenpolitiker.
„Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch im digitalen Raum durch das neue Grundrecht auf ‚Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme‘ ist eine wegweisende Weiterentwicklung im Interesse der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger.“
Hintergrund:
Bis heute hat es die sächsische CDU-SPD-Koalition versäumt, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2004 zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung im Polizeigesetz umzusetzen. Statt einer umfassenden Novelle des Polizeigesetzes liegt dem Landtag lediglich ein Entwurf für eine neue Befugnisnorm zur automatischen Kfz-Kennzeichenerfassung vor.
Der grüne Gesetzentwurf vom August 2005, der diesen Schutz vorsah, wurde stattdessen abgelehnt.
Der Gesetzentwurf „Gesetz zur Umsetzung verfassungsrechtlicher Vorgaben zur akustischen Wohnraumüberwachung“ (Drs. 4/2859)