PM 2008-163: Erhebung von Telefonverbindungsdaten in Sachsen sprengt rechtlich vorgegebenen Rahmen
Lichdi fordert Bericht zum Telefondatenabruf durch Staatsanwaltschaft -Ermittlungspraxis prüfen
Im ersten Quartal 2008 hat das LKA Sachsen in 388 Fällen Telefonverbindungsdaten zu Zwecken der Strafverfolgung erhoben.
Das ergab eine Anfrage vom Landtagsabgeordneten Johannes Lichdi (Drs. 4/11565).
Dabei betreffen ca. 10 Prozent Tatbestände, die eher leichter Kriminalität zuzuordnen sind (Beleidigung, Missbrauch von Notrufen, Vortäuschen einer Straftat); weitere ca. 54 Prozent sind aus dem Bereich mittlerer Kriminalität (Betrug, Diebstahl, Drogendelikte) und nur 36 Prozent betreffen schwere Straftaten (Vergewaltigung, Geiselnahme Erpressung).
„Dies zeigt, dass Telefonverbindungsdaten zur Ermittlung aller möglicher Straftaten genutzt werden“, so Johannes Lichdi, innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag. „Es legt den Schluss nahe, dass die Nachfrage nach Telefonverbindungsdaten oft der Einstieg in Ermittlungsverfahren ist und nicht – wie gesetzlich vorgeschrieben – nur wenn erforderlich. Zunächst sind die Ermittlungsansätze zu verfolgen, die nicht in Grundrechte Betroffener eingreifen.“
Die Anfrage ergab, dass nicht ein Fall den Tatbestand der ‚Verbreitung, Besitz und Erwerb kinderpornographischer Schriften‘ betraf.
Justizminister Mackenroth rechtfertigt damit die Notwenigkeit der Speicherung des Kommunikationsverhaltena der gesamten Bevölkerung, unabhängig davon, ob Tatverdacht vorliegt.
„Das enttarnt die Argumentation des Justizministers als unseriös. Die Frage ist, worauf Herr Mackenroth diese Aussage dann stützt“, fragt Lichdi.
In der der von der GRÜNEN-Fraktion beantragten Aktuellen Debatte am 18. April 2007 führte Herr Mackenroth u.a. aus:
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Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen stiegen bundesweit in den letzten 10 Jahren jährlich an. Bereits zwischen den Jahren 1995 bis 2000 hat sich die Zahl der Anordnungen mehr als verdreifacht; disproportional zu Kriminalitätsentwicklung.
Kleine Anfrage ‚Vorratsdatenspeicherung in Dachsen‘ (Drs. 4/11565)
Hintergrund:
In seinem Beschluss vom 11. März 2008 hat das BVerfG klargestellt, dass im Verkehrsdatenabruf ein schwerwiegender und nicht mehr rückgängig zu machender Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG liegt. Ein weiteres Problem liegt darin, dass die Maßnahme eine große Streubreite hat; sprich viele Verbindungsdaten von Unbeteiligten gefiltert werden/ viele Unbeteiligte ‚Objekt‘ staatsanwaltlicher Ermittlungen werden können.